Pechstein: "Ich habe keine Angst"

SID
Claudia Pechstein stellt sich den Dopingvorwürfen
© Getty

Claudia Pechstein bestreitet die gegen sie erhobenen Dopingvorwürfe. "Ich habe keine Angst vor Recherchen", sagt die 37-jährige Berlinerin.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Claudia Pechstein ist von der ISU für zwei Jahre gesperrt worden. Im Interview spricht sie über die Vorwürfe und beteuert ihre Unschuld.

Frage: Frau Pechstein, was sagen Sie zu den plötzlichen Doping-Beschuldigungen?

Claudia Pechstein: Ich habe nicht gedopt, so viel erst mal vorneweg. Ich weiß natürlich, was manche jetzt denken. Claudia wurde erwischt und ist nun, wie viele andere auch, eine Dopingsünderin. Man darf aber nicht nur Schlagzeilen lesen, man muss sich mit dem Thema intensiver beschäftigen, um hinter die ganze Problematik zu kommen.

Frage: Können Sie das ganze Problem etwas näher erläutern?

Claudia Pechstein: Die Fans sollten meine Karriere verfolgen. In 18 Jahren Eisschnelllauf in der Weltspitze bin ich unglaublich oft getestet worden. Bei Wettkämpfen waren Kontrollen sowieso üblich. Ich wurde aber auch im Training oder zu Hause kontrolliert. Die Kontrolleure waren bei mir im Urlaub, und einmal haben sie mich sogar aus einer Kinovorstellung geholt. Ob Blut- oder Urinproben - eine verbotene Substanz wurde nie gefunden. Man konnte auch nichts finden, weil ich nie gedopt habe.

Frage: Aber wie kam dieser unnormale Retikulozytenwert zustande?

Claudia Pechstein: Genau weiß ich das auch nicht. Wissenschaftler haben erklärt, die Ursachen für die Veränderungen könnten an einer Krankheit oder an einer Anomalie des Blutes liegen. Ich bin bereit, mich auf mögliche Anomalien untersuchen zu lassen. Ich biete auch ein Screening mit lückenloser Erhebung meiner sämtlichen Blutwerte an. Die ISU hat meinen Vorschlag leider ignoriert.

Frage: Warum kommt das Thema jetzt mitten im Sommer auf den Tisch?

Claudia Pechstein: Das ISU-Sportgericht hat in dieser Woche getagt und dabei die Sperre gegen mich ausgesprochen. Und das, obwohl der von dem Gericht bestellte Gutachter Professor Max Gassmann die Beweisführung der Anklage nicht gestützt hat.

Frage: Werden Sie trotzdem die Untersuchungen machen lassen?

Claudia Pechstein: Hundertprozentig. Ich will beweisen, dass ich nie gedopt habe und selbst wissen, was mit meinem Körper los ist.

Frage: Was ist eigentlich im Februar bei der WM in Norwegen passiert, als Sie den Wettkampf nach dem ersten Tag abgebrochen haben?

Claudia Pechstein: Die ISU hat unseren Teamleiter von den erhöhten Retikulozytenwerten unterrichtet und mir geraten, den Wettkampf abzubrechen, um in Ruhe die Angelegenheit zu klären. Ich habe mich darauf eingelassen, weil ich Angst hatte, ungerechterweise als Dopingsünderin dazustehen. Heute könnte ich mich dafür backpfeifen. Meine Entscheidung im Februar war ein schwerer Fehler. Erkältung und ein Virus mussten als Ausreden für das Auslassen der weiteren Saison-Wettkämpfe herhalten.

Frage: Warum sind Sie nicht offensiv an die Öffentlichkeit gegangen?

Claudia Pechstein: Wie ist das mit dem Rathaus, wenn man herauskommt? Man ist schlauer. Ich hatte Angst, dass mir durch die Medien der Dopingstempel aufgedrückt wird. Ich ärgere mich, dass ich mit meinen Ausreden die Fans belogen habe. Das bereue ich, und dafür möchte ich mich entschuldigen. Ich und mein Umfeld hatten gehofft, durch ein objektives Urteil des ISU-Gerichts die Dopingdiskussion abwenden zu können.

Frage: Nun scheint das Kind in den Brunnen gefallen ...

Claudia Pechstein: Mir ist schon klar, dass nach dem ISU-Urteil immer etwas hängenbleiben wird. Das ist leider in unserer Mediengesellschaft so. Journalisten werden jetzt wochenlang recherchieren. Ich habe keine Angst davor. Es wird keine Blutbeutel und keine Spritzen geben. Es wird auch kein Arzt ausfindig zu machen sein, der mir beim Dopen geholfen hat.

Frage: Werden Sie nun weiter trainieren?

Claudia Pechstein: Natürlich. Mein Anwalt Simon Bergmann und der DESG-Anwalt Dr. Marius Beucker werden vor dem Internationalen Sportgerichtshof in Berufung gehen. Das Urteil der ISU ist ein unglaubliche Ungerechtigkeit. Ich bin ziemlich sicher, das CAS wird die Sperre aufheben, und ich kann mir dann doch meinen Traum erfüllen, in Vancouver die 10. Olympiamedaille zu holen. In unserem Rechtsstaat gilt die Unschuldsvermutung auch für mich. Die Spitze der DESG um unseren Präsidenten Gerd Heinze unterstützt mich nach Kräften. Das macht mir Mut, fleißig zu trainieren. Danke auch meinem Mann Marcus. Er weiß genau, dass ich Doping strikt ablehne.

Frage: Wo trainieren Sie in den nächsten Tagen?

Claudia Pechstein: Ab Montag trainiere ich mit der Männer-Nationalmannschaft auf dem Eis. Ich will in Form sein, wenn sich alles geklärt hat und die Saison beginnt.

Eisschnelllauf: Die Stimmen zum Fall Pechstein