Warum denn so ernst, Djoker?

Novak Djokovic ist plötzlich nicht mehr unbesiegbar - die Konkurrenz wittert Morgenluft
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Die Deutschen:

Nach drei Erstrundenpleiten in den letzten vier Turnieren muss bei Sascha Zverev unbedingt mal wieder ein Erfolgserlebnis her. Die Olympischen Spiele hat er ja nicht bestritten, dementsprechend voll sollten die Batterien beim 19-Jährigen sein. Die Auslosung hat es gut mit ihm gemeint - weniger gut allerdings mit dem durch die Qualifikation ins Hauptfeld geratenen Daniel Brands. Die beiden treffen nämlich aufeinander.

Noch besser als Zverev (27) ist Philipp Kohlschreiber gesetzt, nämlich an Position 25. Bei Kohli muss man die Erwartungen allerdings zurückschrauben: Nach seiner Aufgabe in Rio dürfte der lädierte rechte Fuß, der nach einer früheren Stressfraktur wieder Probleme gemacht hatte, noch lange nicht in optimaler Verfassung sein. Trotzdem gab es von den Ärzten grünes Licht. Da kann man nur hoffen, dass sein Erstrundengegner Nicolas Mahut nicht wieder den Marathonmann raushängen lässt. Je kürzer das Match dauert, desto besser für Kohlschreiber.

Und sonst so? Benjamin Becker hat auf seine alten Tage mit Kei Nishikori eine fast unlösbare Aufgabe auf den Teller bekommen. Mit seinen 35 Lenzen ist Becker mittlerweile übrigens fast so alt wie damals - halt, dazu kommen wir später! Mischa Zverev (gegen Pierre-Hugues Herbert), Jan-Lennard Struff (Donald Young) und Florian Mayer (Horacia Zeballos) haben allesamt gute Chancen auf die zweite Runde.

Ein Highlight könnte der Auftritt von Publikumsliebling Dustin Brown werden, der es in der ersten Runde mit Milos Raonic zu tun bekommt - nicht wenige trauen dem an fünf gesetzten Kanadier sogar den ganz großen Wurf zu. Aber die Art und Weise, wie John McEnroe erst am vergangenen Sonntag seine Trennung von Raonic bekanntgab, klang doch sehr nach einer unglücklichen Ehe. Vielleicht hat sich der gute Milos die letzten Tage ja mit Eiscreme und TV-Schnulzen gefüllt und ist deshalb angreifbar? Unser Tipp: Einfach immer mal wieder "You can't be serious!" rufen, Dreddy. Das dürfte Raonic aus dem Konzept bringen.

Einfachster Draw:

Das Schicksal hat es gut gemeint mit DelPo! Der Argentinier ist mit seiner Wildcard den gesetzten Spielern aus dem Weg gegangen und beginnt gegen seinen Landsmann Diego Schwartzmann. Danach Steve Johnson und der alternde David Ferrer? Alles lösbar. Zudem hätte er sich die Top Seeds in seinem Quadranten kaum besser aussuchen können: Auf der einen Seite Dominic Thiem, der zuletzt nicht die Form hatte, auf der anderen Seite Stan Wawrinka, der in Rio noch verletzt passen musste. Djokovic, Murray, Nadal, Cilic, Raonic? Alle frühestens im Halbfinale.

Auch auf Andy Murray dürften bis zum Viertelfinal-Date mit Kei Nishikori keine sonderlich harten Aufgaben warten. Grigor Dimitrov, Gilles Simon, Feliciano Lopez? Keiner davon hat die Waffen, um den Schotten zur vorzeitigen Abreise zu zwingen. Und auch Nishikori sollte für Murray eigentlich ausrechenbar sein.

Schwerster Draw:

Was den Djoker angeht, sind wir ein bisschen gespalten. In der ersten Runde Jerzy Janowicz, der ja schon einmal im Halbfinale von Wimbledon stand. Danach wohl Jiri Vesely, der ihn in Monte Carlo überraschend geschlagen hatte. In Topform kein Problem, aber ist er in Topform? "Manchmal brauchst du als Sportler Zeit, und mit den US Open vor der Tür habe ich die nicht", unkte er vor dem Turnierstart. Kommt er gut ins Turnier, wird es erst im Viertelfinale gegen Marin Cilic wieder interessant.

Besser hätte es auch für Mayer und Zverev laufen können. In Runde drei würde auf Zverev wohl schon Stan Wawrinka warten, Mayer bekäme es in der zweiten Runde wohl mit Enfant Terrible Nick Kyrgios, an 14 gesetzt, zu tun. Na gut - da hätte er immerhin die Zuschauer auf seiner Seite ...

Geschichtsstunde:

Lehnt euch zurück, liebe Kinder: Der Opa holt das Geschichtsbuch raus! Vor genau zehn Jahren gewann Roger Federer bei den US Open seinen insgesamt neunten Grand-Slam-Titel. Vier Sätze gegen Andy Roddick. Interessiert uns hier nur überhaupt nicht.

Die wirklich wichtigen Tränen flossen nämlich eine Woche zuvor. Beim Abschied von Andre Agassi. Nach einer Viersatzniederlage gegen Benjamin Becker in der dritten Runde war dessen große Karriere endgültig beendet. Und was war das für ein Turnier von Agassi: Der von Rückenschmerzen gepeinigte und mit Cortison fitgespritzte 36-Jährige gewann zunächst in vier Sätzen gegen Andrei Pavel und riss die Zuschauer der Night Session von den Sitzen, als er Marcos Baghdatis in fünf Sätzen niederrang.

Gegen Becker war der Akku dann leer. Vier Minuten dauerten die Standing Ovations der 22.000 Zuschauer im Arthur Ashe Stadium, während Agassi auf seinem Stuhl saß und seine Tränen nicht zurückhalten konnte. Seine anschließende Rede? Legendär. "In den letzten 21 Jahren habe ich euch gefunden. Ich werde euch die Erinnerung an euch bis an Lebensende mit mir tragen." Sorry, ich ... ich hab da was im Auge ...

Die US Open im Überblick

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