Weiter keine Namen genannt

SID
Die Vorwürfe sind bei den Australian Open in aller Munde
© getty

Wie schmutzig ist der weiße Sport wirklich? Nach den Manipulationsvorwürfen gehen die Meinungen bei den Australian Open in Melbourne auseinander. Bislang gibt es keine Beweise und noch immer keine Namen.

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Spät am Abend begann die Party im Melbourne Park. Publikumsliebling Lleyton Hewitt feierte mit seinen Fans den ersten Teil seiner Abschiedstournee bei den Australian Open. Die Stimmung in der Rod-Laver-Arena war gewohnt ausgelassen, wegen solcher Stunden hatte Roger Federer dem Tennis-Turnier im australischen Hochsommer einst den Spitznamen "Happy Slam" verpasst.

Hinter den Kulissen war jedoch kaum jemand rundum glücklich. Auch an Tag eins, nachdem die BBC und das Onlineportal BuzzFeed News mit Manipulationsvorwürfen an die Öffentlichkeit getreten waren, gab es abseits der Courts kaum ein anderes Thema - und plötzlich gerieten auch die Veranstalter der sonst so fröhlichen Veranstaltung am Yarra-River in die Kritik.

Es sei "ein wenig heuchlerisch", sagte der britische Weltranglistenzweite Andy Murray, dass Turniere Verträge mit Wettanbietern abschließen. Das ganze sei schon komisch, oder zumindest "grenzwertig", wie der serbische Branchenführer Novak Djokovic meinte. Die Australian Open werden als erstes Grand-Slam-Turnier in der Tennis-Geschichte von einem Wettbüro gesponsert.

Kermode wehrt sich gegen Vorwürfe

Murrays Landsmann Chris Kermode, Präsident der Spielerorganisation ATP, wollte die Vorwürfe seiner Aushängeschilder nicht gelten lassen. "Ich meine, man muss die zwei Themen trennen und sollte sie nicht vermengen. Wettfirmen als Sponsoren sind ähnlich wie Alkoholfirmen als Sponsoren. Das ist Teil der kommerziellen Welt und im Grunde nichts Unübliches", sagte Kermorde im Interview mit der Süddeutschen Zeitung: "Eine Firma bei einer Sportanlage mit ihrer Marke werben zu lassen, ist doch etwas sehr anderes als Korruption. Da muss man schon eine Unterscheidung machen."

Turnierdirektor Craig Tiley verteidigte den Deal mit dem Wettanbieter, der Australier meinte sogar, dass der Geldgeber dabei helfen könne, "illegale Aktivitäten besser aufzuspüren". An den Banden der drei Tennis-Arenen im Melbourne Park prangt unübersehbar der Name des Unternehmens.

Die Diskussion um Sponsoringverträge verstellt jedoch nur den Blick auf die wahren Probleme der Branche, die hilflos den mutmaßlichen Betrügereien gegenübersteht. Murray kritisiert die fehlende Transparenz, Kermode erwidert, die Transparenz könnte laufende Ermittlungen gefährden. Murray meint, die gesamte Szene müsse im Kampf gegen Manipulation aktiver werden, Kermode sagt: "Wir sind nicht hintendran, sondern gehen voran."

"Es mangelt an Beweisen"

Auch die Spieler untereinander sind sich uneins, wirken beinahe überrumpelt von den Berichten, die im Kern wenig Neues beinhalten, jedoch das Ausmaß des Betrugs erahnen lassen. Andrea Petkovic glaubt, dass vor allem kleinere Turniere, auf denen wenig Geld zu verdienen ist, betroffen sind, ihre Fed-Cup-Kollegin Annika Beck sagt: "Ich glaube, Topleute sind mehr betroffen, weil sie interessanter sind und größere Beträge im Spiel sind."

Fest steht nur: Es gibt Match-Absprachen und damit Wettmanipulationen, die Beweisführung ist jedoch kompliziert. Auch für die Anti-Korruptionspolizei "Tennis Integrity Unit". "Es mangelt an Beweisen. Gäbe es klare Beweise, würden sie von uns natürlich veröffentlicht werden", sagte Kermode, der deutlich machte, dass die TIU eine eigenständige, von der ATP unabhängige Behörde ist.

Weiterhin keine Namen

Am Dienstagabend widmete die BBC dem Thema eine hintergründige Radio-Reportage, die jedoch kaum mehr Lichts ins Dunkel brachte. Ein Grand-Slam-Sieger im Doppel soll unter den Verdächtigen sein, Namen wurden aber weiterhin nicht genannt - und dabei wird es vorerst auch bleiben, geschuldet ist das der offenbar dünnen Beweislage. Die BBC und BuzzFeed News hätten sich dazu entschieden, "denn ohne Zugang zu den Telefonen, ohne Einblick in Computer und Bankverbindungen der jeweiligen Spieler ist es uns nicht möglich festzustellen, ob sie tatsächlich an Spielmanipulationen beteiligt waren".

Kermode fürchtet sich dennoch bereits vor weiteren Veröffentlichungen. Wenn doch Namen genannt werden, "müssen wir es so hinnehmen", sagte er der SZ: "Aber eines ist auch klar: Wenn Namen draußen sind, wären das sehr schwerwiegende Behauptungen."

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