Agassi: "Ich habe Tennis gehasst"

Von SPOX
Andre Agassi und Steffi Graf sind seit dem Jahr 2001 verheiratet
© Getty

Andre Agassi sorgt mit seiner Biographie "Open", die am 9. November veröffentlicht wurde, weiter für Aufsehen. Zuerst seine Drogenbeichte, jetzt rechnet er im "Spiegel"-Interview gnadenlos mit seiner Tennis-Karriere ab.

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"Ich habe Tennis gehasst." Von kaum jemandem hätte man diese Aussage weniger erwartet als von einem der besten Tennisspieler aller Zeiten, Andre Agassi. Aber so war es.

Er hat es so sehr gehasst, dass er sein Leben auf der Tour nur unter Drogeneinfluss ertragen konnte. Seine Beichte, er habe Crystal Meth genommen, ist schon seit rund zwei Wochen bekannt.

Doch es war bei weitem nicht nur die Drogensucht, unter der Agassi während seiner Laufbahn gelitten hat. Im "Spiegel"-Interview vollführt der Amerikaner bei der Diskussion über seine Biographie einen Seelen-Striptease. Die wichtigsten Aussagen im Überblick:

Andre Agassi über...

...die Möglichkeit, als Wimbeldon-Sieger ein glücklicher Mensch zu sein: "Ich kann mir das nicht vorstellen. In meiner Welt ist das undenkbar. Es kann maximal Momente des Friedens in einem Match geben. Eine Art Rausch. Unplanbar. Nie konstant. Geht schnell vorbei. Ich hatte bei meinem Wimbledon-Sieg Angst, dass ich sterben würde. Versagensangst, Angst vor einer Blamage."

...das seiner Meinung nach grausame Leben als Tennis-Profi: "Wir waren alle Getriebene, das ist ja das Brutale. Egozentrik wird belohnt, der Narziss siegt, Folter und Isolationshaft führen nach oben. Schon wenn meine Kollegen sagten: 'Der Center Court ist meine Heimat, da bin ich sicher', hörte mein Verständnis auf. Für mich bedeutete jede Regenpause, dass ich tiefer in meine Panik eintauchte, ich wollte all die Matches nur hinter mich bringen. Sie waren hart und sonst nichts."

...seine Drogenbeichte und die folgende Kritik von Boris Becker: "Es gibt zwei Sorten von Drogen im Sport: Da ist Doping, doch im Tennis wird extrem viel getestet;  unser Sport ist sauber. Und da sind andere Drogen, bei mir war es Crystal Meth, und wenn Sportler positiv auf solche Sachen getestet werden, sollten wir sie nicht verdammen, sondern ihnen helfen. Weil sie in Not sind."

...eine spezielle Demütigung von Boris Becker: "Von Kollegen, Medien, Publikum ständig bewertet zu werden, das war grauenvoll, und am allerschlimmsten war, was Boris Becker 1995 nach seinem Halbfinalsieg in Wimbledon sagte: dass die anderen mich nicht mögen, dass ich elitär sei, dass ich von Turnierdirektoren besonders behandelt würde und auf windigen Außenplätzen nicht siegen könnte. Es war sehr persönlich, es ließ eine tiefe Wunde zurück. Ich mag Boris, und wenn wir heute essen gehen würden, würden wir beide sagen, dass die Abneigung, die wir füreinander empfunden haben, verdammt lange her ist und wir dahergeredet haben wie Jugendliche. Unreif."

...das lange Zeit gestörte Verhältnis zu seinem Vater: "Er ist sehr gewalttätig und cholerisch. Er hatte einen Axtstiel im Auto, manchmal eine Pistole. Ich war dabei, als er Männer bewusstlos schlug, mit denen er sich über Vorfahrtsregeln gestritten hatte. Es gab Prügel. Nach drei Finalniederlagen in Grand-Slam-Turnieren hatte ich gegen Ivanisevic in Wimbledon endlich gewonnen. Ich rief daheim an, und Dad sagte: 'Wie konntest du den vierten Satz verlieren?' Wir haben uns nie berührt, wir haben nie 'ich liebe dich' gesagt. Heute machen wir beides. Er glaubt aber nicht, dass es etwas gibt, wofür er sich entschuldigen müsste. Er ist stolz, weil alles, was er tat, aus mir einen Champion gemacht hat."

...den Vergleich zwischen seiner und Steffi Grafs Karriere: "Der entscheidende Unterschied zwischen uns war, dass Stefanie Tennis spielen wollte, es war ihre Entscheidung; ich wollte nicht spielen und musste. Es war das falsche Leben, es war nicht meins. Sie musste weder ihre Familie noch ihre Kindheit aufgeben - ich hingegen wurde fortgeschickt ins Tennislager in Florida, ich hatte auf einmal keine Freunde und keine Mutter mehr."

...seinen Haarausfall und sein Toupet: "Ich habe mich geschämt. Ein Profi-Sportler, der Angst hat, sich zu bewegen, weil ihm die Haare vom Kopf fallen! Der Tag meines Rücktritts war so großartig wie der Tag, an dem ich meinen Kopf rasierte."

Andre Agassi gesteht Drogenkonsum