Michelle "grunzt" am lautesten

SID
Jede Vorhand, die Michelle Larcher De Brito schlägt, wird von ohrenbetäubendem Lärm begleitet
© Getty

Michelle Larcher de Brito war in Runde eins in Wimbledon eine der Attraktionen. Dabei hat die Portugiesin sportlich noch nichts Großes geleistet.

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Court 17 - das ist einer der entlegensten Nebenplätze auf der riesigen Tennisanlage an Wimbledons Church Road. Ein Platz, der nur in der ersten Woche genutzt wird, wenn Spieler aus den dreistelligen Bereichen der Weltranglisten dort antreten.

Platz 17 ist für kleine Namen, der Fan zieht daran vorbei auf dem Weg von Platz eins zum Centre Court. An diesem Montagnachmittag aber versammelten sich die Zuschauer in ungewohnter Dichte um Court 17 - nicht, um zu sehen, sondern um zu hören.

Dort nämlich schlug die 16 Jahre alte Michelle Larcher De Brito aus Portugal gegen eine Tschechin namens Klara Zakopalova auf. Nummer 91 der Welt gegen Nummer 123. Brito gewann.

Larcher de Brito so laut wie eine Motorsäge

Nichts Besonderes das alles, würde die Südeuropäerin nicht in dem zweifelhaften Ruf stehen, die lauteste Spielerin zu sein, die jemals gegen einen Ball geschlagen hat.

109 Dezibel wurden bei einem Turnier in Liverpool in der vergangenen Woche bei ihr gemessen. Das entspricht in etwa dem Kreischen einer Motorsäge oder Löwengebrüll.

Also brachten Fernsehteams Messgeräte in Stellung, Fotografen justierten ihre Objektive, als ob man Lärm auch abbilden könnte. Zwei Ballkinder raunten sich vor dem ersten Aufschlag zu: "Welche ist die Grunzerin?"

Selbst Michael Stich kam persönlich vorbei, um sich von der Intensität der Tennis-Töne zu überzeugen. Der Wimbledonsieger von 1991 hatte vor ein paar Tagen für Schlagzeilen gesorgt, weil er im Gespräch mit der "Mail on Sunday" angeblich scherzhaft empfohlen hatte, zu laute Spielerinnen zu erschießen.

Stich: "Im Training stöhnen sie nicht"

Das ist natürlich Unsinn, Stich hat dennoch ein Argument: "Im Training stöhnen sie nicht, und da ist die Belastung auch intensiv. Es ist also im Match eine bloße Angewohnheit, und die sollten sich diese Spielerinnen wieder abgewöhnen."

Damit wäre aber ein Lieblingsthema des Boulevards verschwunden. Seit erstmals Monica Seles (93,2 db) Anfang der neunziger Jahre auf dem Tennisplatz lautstark stöhnte, beherrscht das Thema immer wieder die Schlagzeilen, kaum eine schlüpfrige Anspielung wurde ausgelassen.

Russlands Covergirl Maria Scharapowa (101 db) galt bislang als "Queen of Screams". Die Wahrnehmung ist dabei äußerst unterschiedlich.

Wähnte sich Sir Peter Ustinov einst während Seles-Matches in einem "Sexkino", empfindet Stich das Gestöhne der jungen Damen als "widerlich, abstoßend, unsexy".

Rezai beschwerte sich bei den French Open

Scharapowa musste sich zu dieser Kritik in Wimbledon natürlich auch wieder befragen lassen. Sie wirkte dabei wie kurz vor einem Schreikrampf.

Nachdem sich die Französin Aravane Rezai bei den French Open noch über Larcher De Brito beschwert hatte, gab diese am Montag keinerlei Grund zur Klage. Enttäuschung machte sich breit rund um Platz 17, die junge Portugiesin stöhnte zwar, aber keinesfalls spektakulär.

"Die Geräusche steigen mit der Intensität meines Spiels, und heute hatte ich es recht einfach", sagte sie anschließend. Es kann nur lauter werden. Vielleicht schon am Mittwoch gegen Francesca Schiavone aus Italien.

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