Tour-Aus für Froome

SID
Froome musste nach seinem Sturz ins Team-Auto steigen und die Tour abbrechen
© getty

Titelverteidiger Christopher Froome ist nach einem Sturz auf der fünften Etappe der 101. Tour de France tief betrübt ausgestiegen, Vincenzo Nibali war der große Gewinner eines denkwürdigen Tages.

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An der Pforte zur "Hölle des Nordens" schossen Christopher Froome die Tränen in die Augen. Gekrümmt vor Schmerzen, mit einer Schramme unter dem linken Auge und vom Dauerregen durchnässt stand der Vorjahressieger der Tour de France am Straßenrand und humpelte in der bittersten Stunde seiner Karriere von der großen Bühne des Radsports. Der britische Top-Favorit auf den Gesamtsieg der 101. Frankreich-Rundfahrt ist bei der denkwürdigen fünften Etappe ausgeschieden, an einem Tag voller Dramen schrieb der Brite die schwärzeste Episode.

Der Kapitän des Sky-Teams fiel seinem insgesamt dritten Sturz bei der Tour 2014 zum Opfer, noch bevor er die vom Frühjahresklassiker Paris-Roubaix gefürchteten Kopfsteinpflaster-Passagen überhaupt erreichte. Erstmals seit Bernard Hinault 1980 musste der Tour-Titelverteidiger das Rennen aufgeben. "Am Boden zerstört, die diesjährige Tour verlassen zu müssen. Verletztes Handgelenk und schwierige Bedingungen haben es fast unmöglich gemacht, mein Rad zu kontrollieren", twitterte Froome am frühen Abend.

Für den 29-Jährigen war es eine sportliche Tragödie, die ihm aber nicht nur Mitleid einbrachte. "Das ist eben der Radsport, das ist die Tour. Stürze gehören dazu, mir ist das beim Giro d'Italia auch schon passiert", sagte Vincenzo Nibali. Als Froome bereits im Teamfahrzeug davongefahren war, stieg der Italiener auf den matschigen und äußert rutschigen sieben Pavé-Sektoren zum großen Gewinner auf. Die Holperpiste ist als "Hölle des Nordens" gefürchtet, Nibali meisterte die Strecke herausragend.

Stürze im Minutentakt

"Für uns ist es fantastisch gelaufen. Das Gelbe Trikot gibt mir großes Selbstvertrauen", sagte Nibali, der seine Gesamtführung festigte. In einer unübersichtlichen Rennsituation behielt der Giro-Sieger von 2013 stets die Übersicht und zeigte eine bärenstarke Leistung. Erst stellte der Astana-Kapitän eine Fluchtgruppe um den letztlich auf Rang 17 klassierten Zeitfahrweltmeister Tony Martin, dann zog der "Hai von Messina" davon.

Die 5. Etappe in der Übersicht

"Es war sehr, sehr schwer und sehr schnell, aber ich habe es gut hinbekommen. Es war unheimlich stressig", sagte Nibali, der sich auch bei seinen starken Helfern Lieuwe Westra und Jakob Fuglsang bedankte. Dass der Sizilianer dem finalen Antritt von Tagessieger Lars Boom, der für den ersten niederländischen Tour-Tagessieg seit neun Jahren sorgte, nichts entgegensetzen konnte, war zu verschmerzen.

Auch Kittel stürzt

Vor allem aufgrund des Abschneidens des großen Froome-Herausforderers Alberto Contador. Der Spanier blieb zwar im Sattel, kam mit dem rutschigen Terrain aber wesentlich schlechter zurecht. Der Kletterspezialist verlor trotz einer Eskorte seines Tinkoff-Teams frühzeitig den Kontakt zu seinen Rivalen um Nibali. Im Ziel betrug sein Rückstand 2:35 Minuten - für den weiteren Tour-Verlauf eine schwere Hypothek. Nibali blieb dennoch zurückhaltend: "Es ist noch eine lange Distanz. Ich darf nichts riskieren, es wird schwer, Alberto zu kontrollieren."

Zu den Sturzopfern zählten auch die deutschen Fahrer, schwer traf es dabei Klassiker-Spezialist John Degenkolb. Der 25-Jährige stürzte zweimal, dabei hatte er im Frühjahr mit dem zweiten Platz bei Paris-Roubaix eben auf den mittelalterlichen Straßen geglänzt. Degenkolb klagte anschließend über Hüftbeschwerden. Wie sein Team nach einer abendlichen Untersuchung mitteilte, wurde ein "kleiner Riss im großen Gesäßmuskel" festgestellt. "Glücklicherweise ist nichts gebrochen", sagte Teamarzt Nando Liem: "John wird diese Woche Schmerzen haben, aber er ist ein starker Fahrer und wird sich in den kommenden Tagen hoffentlich gut erholen."

Noch in der ersten Rennhälfte war Martin zu Boden gegangen und zunächst zurückgefallen, kämpfte sich aber wieder an die Spitze. Rund 75 km vor dem Ziel erwischte es auch den dreimaligen Etappensieger Marcel Kittel, der in einer Kurve wegrutschte und sich eine Schürfwunde am linken Oberschenkel zuzog. "Wir haben es überlebt", twitterte der Thüringer nach dem Rennen. Auch Sprint-Rivale André Greipel machte wie so viele andere bei einem Sturz unliebsame Bekanntschaft mit der Straße.

Tour de France 2014: Die Gesamtwertung

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