"Causa Armstrong" erfasst Tour de France

SID
Nach Aussagen gegen Lance Armstrong kommen vier ehemalige Teammitglieder glimpflich davon
© Getty

Lance Armstrong ist eigentlich weit weg. Im fernen Texas bastelt der siebenmalige Toursieger mit seiner Armada an hochrangigen Anwälten an einer Verteidigungsstrategie in seinem bevorstehenden Prozess vor der amerikanischen Anti-Doping-Agentur USADA. Doch die "Causa Armstrong" zieht weite Kreise, und so hat das Endlos-Thema Doping auch die Tour de France wieder erfasst.

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Wie die niederländische Tageszeitung "De Telegraaf" am Donnerstag berichtete, haben offenbar Armstrongs frühere Teamkollegen George Hincapie, Levi Leipheimer, Christian Vande Velde und David Zabriskie in einem Geständnis gegen den allmächtigen Texaner ausgesagt und dafür mildernde Umstände in Form einer sechsmonatigen Sperre zum Ende der Saison erhalten.

Auch der heutige Garmin-Teamchef Jonathan Vaughters, der wie die vier Fahrer aktuell bei der Frankreich-Rundfahrt im Einsatz ist, soll Armstrong belastet haben. So war es bei der Tour am Rande der fünften Etappe mit der Ruhe schnell vorbei. Insbesondere beim Team Garmin, bei dem neben Vaughters auch Vande Velde und Zabriskie angestellt sind, herrschte am Donnerstag rege Betriebsamkeit. Berichte über Sperren seien nicht wahr, gab der Teambetreiber Slipstream Sports in einer Pressemitteilung bekannt.

Über mögliche Zeugenaussagen oder gar Geständnissen ließ Garmin aber die Radsport-Welt im Unklaren: "Wir haben Slipstream ins Leben gerufen, weil wir ein Team schaffen wollten, das zu 100 Prozent sauberen Sport betreibt. Wir erwarten, dass jeder in unserer Organisation offen und ehrlich ist, wenn er von Anti-Doping-Verantwortlichen oder Regierungsbehörden kontaktiert wird."

Quartett auch nicht für Olympia nominiert

Genau das haben das Garmin-Trio wie auch Leipheimer und Hincapie offenbar getan. Hatte Armstrong im Juni nach der Dopinganklage gegen ihn und fünf weitere Personen, darunter auch sein früherer Mentor und heutiger RadioShack-Teamchef Johan Bruyneel, noch die Nennung der Zeugen gefordert, dürfte ihm nun allmählich einleuchten, wer ihm die Gefolgschaft verweigert hat. Darauf hatte bereits am 17. Juni eine Mitteilung des amerikanischen Radsport-Verbandes gedeutet, als die vier namhaften Akteure überraschend im US-Aufgebot für die Olympischen Spiele in London fehlten.

Hincapie und Leipheimer wollten sich zu der Angelegenheit explizit nicht äußern. "Ich bin hier, um Cadel Evans im Kampf um den Toursieg zu helfen. Das hat nichts mit BMC zu tun", sagte Hincapie und Leipheimer ergänzte: "Für mich geht es hie bei der Tour um eine gute Platzierung im Gesamtklassement. Ich kann dazu nichts sagen." Laut des Zeitungsberichts soll die sechsmonatige Sperre nach Ende der Saison in Kraft treten.

Hincapie einst treuer Begleiter von Armstrong

Insgesamt sollen gar zehn Zeugen bei den Ermittlungen der USADA Armstrong und Co. belastet haben. Die Anschuldigungen sind jedenfalls massiv. Armstrong wird beginnend von 1998 an Blutdoping sowie die Einnahme von Testosteron, Corticosteroiden, Wachstumshormonen und demaskierenden Mitteln vorgeworfen.

Bei Bruyneel geht es um den Besitz, Handel und die Verabreichung von verbotenen Substanzen sowie Komplizenschaft beim Verstoß gegen Anti-Doping-Richtlinien.

Dass insbesondere der Name Hincapie in der mutmaßlichen Zeugenliste steht, dürfte für Armstrong einem Dolchstoß in den Rücken gleichkommen. Der 39-Jährige war bei allen sieben Toursiegen Armstrongs stets ein treuer Begleiter. Im August beendet der Klassikerspezialist, der mit seiner 17. Tour-Teilnahme einen Rekord aufgestellt hat, seine Karriere.

"Das riecht nach Blutrache"

Armstrong selbst hat nach Bekanntwerden der Zeugen in seinem Dopingprozess die amerikanische Anti-Doping-Agentur USADA und dessen Vorsitzenden Tygart scharf attackiert.

"Habe ich das richtig verstanden? Kommt und erzählt ihnen, was sie hören wollen und schon erhaltet ihr komplette Immunität und Anonymität? Dieses Angebot habe ich nie erhalten", schrieb Armstrong in einem Brief an die Nachrichtenagentur "AP" und ergänzte: "Es geht Tygart nicht darum, den Radsport zu säubern. Das ist eher ein Fall von selektiver Strafverfolgung, das riecht nach Blutrache."

Der Radsportkalender 2012

 

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