Carl Lewis wagt mit 50 Sprung in die Politik

SID
Tritt für die Demokraten in Burlington an: Weltrekordler Carl Lewis
© Getty

Er wurde zum Athleten des Jahrhunderts und Olympioniken der Geschichte gewählt. Nun will Carl Lewis in die Politik. Erst einmal feiert er am Freitag, 1. Juli, den 50. Geburtstag.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

"Sports Illustrated" wählte ihn zum "größten Olympioniken aller Zeiten" und das Internationale Olympische Komitee (IOC) zum "Athleten des Jahrhunderts". Neunmal gewann Carl Lewis Gold bei Olympia, achtmal bei Leichtathletik-Weltmeisterschafen.

Sein Hallen-Weltrekord im Weitsprung (8,79 m) besteht seit Januar 1984. Zehn Jahre war er in dieser Disziplin ungeschlagen. Doch zum größten Sprung seines Lebens will der am Freitag 50 Jahre alt werdende Amerikaner erst jetzt ansetzen.

Carl den Großen zieht es in die Politik. Am 11. April erlitt er im Streben um den Senatsposten im Bundesstaat New Jersey zwar einen Rückschlag, als die Wahlkommission ihn nicht für die Liste der Demokraten zuließ, weil er angeblich im Wahlverzeichnis von Kalifornien registriert ist. Doch in der Berufung hatte Lewis am 7. Juni vor Gericht Erfolg. Im Bezirk Burlington, wo er aufgewachsen ist, tritt er gegen die Republikanerin Dawn Addiego an.

Anstand zurück in die politische Auseinandersetzung bringen

Lewis sagt, es sei sein Hauptziel als Politiker, den Kindern, Familien und Senioren in der Heimatregion zu helfen. Und er wolle Anstand zurück in die politische Auseinandersetzung zwischen Demokraten und Republikanern bringen. Er sagt: "Die Menschen sind die Schuldzuweisungen und Feindseligkeiten ihrer politischen Vertreter leid. Es ist unsere Verantwortung, für die Zukunft unserer Kinder zusammenzuarbeiten."

Der einstige Leichtathletik-Star vom Santa Monica Track Club unternimmt viel, um das Image des Mannes zu ändern, den viele bewunderten, aber nie liebten. Lewis, erklärter Vegetarier und Veganer, flog in das von Hungersnot heimgesuchte Haiti und diskutierte mit Staatspräsident Michel Martelly über Wiederaufforstung, Förderung der Landwirtschaft und Ernährungssicherheit. Er besuchte Bauern, verteilte Keimlinge für Obstbäume.

Viele Weggenossen erkennen den Mann nicht wieder, der sich nach der Sportkarriere mit mäßigem Erfolg erst als Sänger und dann als Schauspieler verdingt hatte. Denn Lewis, dem man nachsagte, er sei homosexuell, galt lange Zeit als arrogant, überheblich. "Er trägt zu dick auf. Manchmal ist weniger mehr", kritisierte der zweimalige Olympiasieger über 400 m Hürden, Edwin Moses.

"Niemals im Leben einen normalen Job ausüben"

Die selbstverschuldete Kampagne der kritischen US-Presse hatte Folgen. Während Lewis in den 80er Jahren von Sieg zu Sieg eilte, zeigte ihm die Werbeindustrie daheim die kalte Schulter. Dank Siegprämien und üppiger Antrittsgelder in Europa erfüllte sich jedoch zumindest jener Wunsch, den der aufstrebende Jungstar Lewis 1979 geäußert hatte: "Ich möchte Millionär werden und niemals im Leben einen normalen Job ausüben."

Lewis hat in etlichen seiner 15 Karrierejahre gut verdient. An seinen Füßen klebte das Gold. 1983 in Helsinki feierte er über 100 und 4x100 m die ersten seiner acht WM-Siege, 1993 zum Abschluss in Stuttgart 200-m-Bronze. Die einzige Weitsprung-Niederlage erlitt der zehn Jahre Ungeschlagene 1991 im legendären WM-Duell von Tokio.

Mit windbegünstigten 8,91 m sprang er weiter als Bob Beamon 1968 beim Fabel-Weltrekord von Mexico City (8,90), doch Landsmann Mike Powell landete sogar bei 8,95 m. Lewis ist mit regulären 8,87 m noch heute Nummer drei der Rangliste aller Zeiten, über 100 m in 9,86 nur 13., über 200 m in 19,75 Zehnter.

Wie Jesse Owens

Bei Olympia schaffte Lewis als Einziger, was zwei andere legendär gemacht hatte: Wie Jesse Owens 1936 in Berlin gewann er 1984 in Los Angeles Gold über 100, 200, 4x100 m und im Weitsprung.

Und ebenfalls als Zweiter der Geschichte nach Diskus-Phänomen Al Oerter (1956-1968) triumphierte Lewis bei Sommerspielen viermal in Folge in der gleichen Disziplin: Von 1984 bis 1996 im Weitsprung. Nur einmal verlor Lewis bei Sommerspielen: 1988 gab es in Seoul nur 200-m-Silber hinter Landsmann Joe Deloach.

2003 wurden Doping-Vorwürfe gegen ihn erhoben. Bei den nationalen Olympia-Ausscheidungen 1988 wurde er auf drei verbotene Substanzen positiv getestet. Die fällige Sperre durch das Olympische Komitee der USA blieb aus, da Lewis die Mittel "unabsichtlich" eingenommen habe, so die Begründung.

Leichtathletik bei SPOX

Artikel und Videos zum Thema