Zwei Exoten und ein Steve-Nash-Azubi

Von Haruka Gruber
Hat gut lachen: Grizzlies-Reservist Hamed Haddadi überzeugte bei der WM
© Getty

US-Superstar Kevin Durant führte seine Mannschaft zu WM-Gold und wurde zum MVP gewählt - doch wer waren die weiteren Topspieler? Mit dabei: Ein tödlicher Gaucho, eine Hassfigur und sogar ein Iraner.

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Center

Hamed Haddadi (Iran, Memphis Grizzlies, 25)

Stats: 20,0 Punkte / 8,6 Rebounds / 2,6 Blocks

Ein Spieler aus dem Basketball-Entwicklungsland Iran, dessen Nationalmannschaft bei der WM vier der fünf Spiele verlor und in der Vorrunde ausschied, soll der beste Center der WM gewesen sein? Simple Antwort: ja. Obwohl seine international nur drittklassigen Mitspieler keine Hilfe waren, spielte in der Türkei kein Fünfer derart beständig auf hohem Niveau wie Haddadi. Gegen Kroatien gelangen ihm 27 Punkte (10/23), selbst gegen die USA überzeugte er mit 19 Zähler. Erstaunlich, über welch weichen Touch der 2,18-Meter-Hüne von außen verfügt, auch wenn er es mit den Dreiern in den letzten drei Spielen übertrieb (2 von 14).

 

Backup: Lamar Odom (USA, Los Angeles Lakers, 30)

Stats: 7,1 Punkte / 7,7 Rebounds / 53,8 Proz. Wurfquote

Wurde von Coach K überraschend zum Starting Center für die WM bestimmt, obwohl Odom gelernter Forward ist und mit seinen 2,08 Metern und 104 Kilogramm schmächtig daherkommt. Erfüllte jedoch bis zum Viertelfinale die Erwartungen - und übertraf sie im Halbfinale gegen Litauen (13 Punkte, 10 Rebounds und 3 Blocks) und im Finale gegen die Türkei (15 Punkte, 11 Rebounds).

Power Forward

Luis Scola (Argentinien, Houston Rockets, 30)

Stats: 27,1 Punkte / 7,9 Rebounds / 56,6 Proz. Wurfquote

Wenn die WM bereits nach einer Woche beendet gewesen wäre, hätte der MVP-Titel Scola gebührt. Sein Spiel direkt am Korb inklusive Aufposten und Hakenwurf ist langweilig und nicht schön anzusehen, dafür aber tödlich. In acht von neun Partien erzielte der WM-Topscorer mindestens 20 Punkte, den Erzrivalen aus Brasilien schenkte er im Achtelfinale 37 Zähler ein (13/19). Umso bitterer, dass er ausgerechnet beim Viertelfinal-Aus gegen Litauen seinen einzig schwachen Abend erwischte (5/16 für 13 Punkte).

 

 

Backup: Linas Kleiza (Litauen, Toronto Raptors, 25)

Stats: 19,0 Punkte / 7,1 Rebounds / 38,2 Prozent Dreier

Der überraschende Halbfinal-Einzug der jungen Litauer basierte auf drei Faktoren: Dreier, eine immer wieder wechselnde und dadurch schwer vorhersehbare  Starting Five - und das Scoring von Kleiza. In einer Mannschaft, die sich vor allem durch Geschlossenheit auszeichnete, verkörperte der NBA-Rückkehrer die dringend benötigte individuelle Klasse. Kleiza punktete, holte massig Rebounds und traf vom USA-Spiel abgesehen (1/11) hochprozentig. Highlight: Seine 33 Zähler im gewonnenen Spiel um Platz drei gegen Serbien.

Small Forward

Kevin Durant (USA, Oklahoma City Thunder, 21)

Stats: 22,8 Punkte, 6,1 Rebounds, 45,6 Proz. Dreier

Nur drei Buchstaben: M-V-P! Wurde völlig zu Recht nach dem Finale zum wertvollsten Spieler der WM gewählt. Wird wegen seines Spinnen-ähnlichen Körpers "Durantula" genannt - doch gegen die dünnen, aber eben auch extrem langen Arme gab es kein Gegenmittel. Wenn er von einem großen Gegenspieler verteidigt wurde, zog Durant mühelos zum Korb. Wenn ein kleiner, giftiger Gegenspieler abgestellt wurde, traf er sicher von Downtown, gerne auch einen Meter weg von der Dreierlinie. So geschehen im Finale gegen die Türkei (7/12). Einziger kleiner Fleck auf dem sonst nahezu makellosen Statistikbogen: die 7 Turnover im Krimi gegen Brasilien.

Backup: Hedo Türkoglu (Türkei, Phoenix Suns, 31)

Stats: 12,3 Punkte / 4,2 Rebounds / 3,4 Assists

Ging übergewichtig und angeschlagen ins Turnier, nachdem er eine desolate Vorbereitung gespielt hatte. Profitierte davon, dass seine Mitspieler - vor allem Ilyasova - glänzend in die WM gestartet waren, steigerte sich kontinuierlich und hatte seine besten Auftritte, als es darauf ankam. Punktete gegen Frankreich (20) und Serbien (16), gab gegen Slowenien die meisten Assists (7) und war gegen die USA einer der wenigen Türken, die dem Druck standhielten (16 Punkte trotz Knieproblemen).

Shooting Guard

Juan Carlos Navarro (Spanien, FC Barcelona, 30)

Stats: 16,9 Punkte / 3 Assists, 43,5 Proz. Dreier

Bestätigte den Ruf als einer der besten Offensivspieler des internationalen Basketballs. Im Grunde gehören nur Dreier und Floater zu seinem Repertoire - und doch trifft er seine Würfe so schlafwandlerisch sicher, dass er kaum zu verteidigen ist. Die einzige Ausnahme war seine Leistung beim mühelosen Libanon-Sieg (1/6). Was auffiel: Navarro bemühte sich redlich, angesichts des Fehlens von Pau Gasol als Führungsfigur voranzugehen, so wie beim Viertelfinal-Aus gegen Serbien (27 Punkte, 5 Assists).

 

 

Backup: Kirk Penney (Neuseeland, NZ Breakers, 29)

Stats: 24,7 Punkte / 2,0 Assists / 36, 7 Proz. Dreier

Der zweite Exot neben Haddadi im SPOX-All-Star-Team. Fast schon sensationell, wie der ehemalige Berliner immer wieder einen Weg fand, zu seinen Punkten zu kommen - auch wenn er vor lauter Scoring-Fixiertheit gelegentlich überzog. Seine Dreierquote gegen Litauen (1/9) und gegen Russland im verlorenen Achtelfinale (1/6) sowie die Anfälligkeit für Ballverluste (3,0 Turnover) sind Zeuge dessen. Aber: Ohne Penney hätten die limitierten Kiwis niemals drei der fünf Vorrunden-Spiele gewonnen und wären ins Achtelfinale einzogen.

Point Guard

Milos Teodosic (Serbien, Olympiakos Piräus, 23)

Stats: 11,3 Punkte, 5,6 Rebounds, 32,6 Proz. Dreierquote

Am Ende konnte er wohl froh sein, dass seine Serben im Halbfinale gegen Gastgeber Türkei ausschieden. Denn bei einem Weiterkommen hätten sich die Aggressionen der heimischen Fans nur auf den so streitbaren Point Guard gerichtet. Seine aufreizende Spielweise gleicht einer Selbstinszenierung und er genießt es, den Gegner zu verhöhnen und vorzuführen. Aber Teodosic ist eben auch genial. Sein Pass-Spiel ist unnachahmlich, seine Abgebrühtheit spätestens nach dem wahnsinnigen Dreier gegen Spanien legendär.

 

Backup: Goran Dragic (Slowenien, Phoenix Suns, 24)

Stats: 12,7 Punkte / 4,1 Assists / 27,8 Proz. Dreier

Sein Mentor bei den Suns heißt Steve Nash - noch Fragen? Früher fehlte Dragic die Übersicht und rannte sich bei seinen Drives gerne fest, bei der WM jedoch demonstrierte er seine verbesserten Spielmacher-Skills und war mit 4,1 Assists der mit Abstand beste Vorlagengeber des Viertelfinalisten. Muss jedoch weiter an seiner Beständigkeit und dem Dreier arbeiten - aber dafür hat er in Phoenix den bestmöglichen Lehrmeister.

Türkei - USA: Das Finale der WM in der SPOX-Analyse