Anti-Doping-Gesetz vor Gericht?

SID
Auch die NADA bezog zum geplanten Anti-Doping-Gesetz Stellung
© getty

Das Anti-Doping-Gesetz spaltet Sport und Politik, schon bevor es in Kraft tritt. Nun organisieren Athleten den Widerstand mit anwaltlicher Hilfe.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Dem Anti-Doping-Gesetz droht selbst die Nagelprobe vor Gericht. Nach Informationen des SID bereiten einige deutsche Sportler derzeit eine Sammelklage gegen die neuen Regelungen vor, sollte das Gesetz in der bisher geplanten Form verabschiedet werden. Sie haben damit nach Ansicht von Experten gute Aussichten auf Erfolg.

"Wenn das Gesetz so wie im Entwurf vorgesehen verabschiedet wird, ist es wegen Nichtbeachtung der persönlichen und beruflichen Grundrechte der Athleten verfassungswidrig", sagte Sportrechtsanwalt Michael Lehner dem SID: "Meines Erachtens hätte es vor dem Bundesverfassungsgericht keinen Bestand." Am Montag hatte DOSB-Präsident Alfons Hörmann erstmals von Hinweisen auf die Klage-Pläne der Sportler berichtet.

Auch Sylvia Schenk, Juristin und ehemalige Präsidentin des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR), sieht Ansatzpunkte für einen erfolgreichen juristischen Feldzug. "Ob eine Sammelklage das richtige Mittel ist, weiß ich nicht. Eventuell müsste man es über einen Einzelfall probieren. Ich sehe aber verfassungsrechtlich Chancen für eine Klage", sagte Schenk: "Es gibt viele Dinge, die ich für problematisch halte."

Athleten droht Haftstrafe

Zum 1. Januar 2016 soll das neue Gesetz im Kampf gegen Doping voraussichtlich in Kraft treten. Am Freitag wird es in erster Lesung im Bundestag beraten. Das gemeinsam von den Ministerien des Inneren, der Justiz und der Gesundheit erarbeitete Gesetz sieht unter anderem vor, erstmals das Selbstdoping von Sportlern sowie den Besitz von Dopingmitteln uneingeschränkt unter Strafe zu stellen. Überführten Athleten drohen Haftstrafen von bis zu drei Jahren.

Unter anderem hatten der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), die Athletenkommission des DOSB und der Deutsche Anwaltsverein Kritik an dem Koalitionsvorhaben geübt. Zudem gibt es auch datenschutzrechtliche Bedenken gegen den Entwurf, der Ende März vom Bundeskabinett beschlossen wurde.

Zuletzt hatten allerdings Bundesjustizminster Heiko Maas (SPD) als Bundesinnenminister Thomas de Maizíere (CDU) immer wieder betont, dass an den Kernpunkten des Gesetzes keine grundlegenden Änderungen mehr vorgenommen würden. Am 17. Juni kommt es im gesetzgebenden Verfahren zur obligatorischen öffentlichen Anhörung, bei denen eingeladene Experten, darunter auch der DOSB und Athletenvertreter, ihre Meinung noch einmal äußern können.

"Das ist eine spannende Frage"

Für Diskussionen sorgt weiter die Frage, ob Sportler nach Inkrafttreten des Gesetzes eventuell sogar Dopingproben verweigern könnten, um sich dadurch womöglich nicht selbst zu belasten. "Ein Punkt ist, dass sich niemand selbst beschuldigen muss. Das Aussageverweigerungsrecht ist bei uns fundamental", sagte Schenk. "Das ist eine spannende Frage. Es besteht ein großer Konflikt zwischen der verbandsautonomen Dopingbekämpfung und staatlichem Recht. Eine Harmonisierung fehlt im Gesetz völlig", sagte Lehner.

Auch die Nationale Anti Doping Agentur (NADA) hatte in ihrer Stellungnahme zum Gesetz um "Prüfung und Bewertung" dieses Sachverhaltes gebeten. "Fraglich ist, ob ein Sportler in Kenntnis und im Bewusstsein, verbotene Substanzen zu sich genommen zu haben, unter Berufung auf den 'Nemo Tenetur'-Grundsatz eine Dopingprobe verweigern kann, ohne die sportrechtlichen Konsequenzen dieses Verstoßes gegen die Anti-Doping-Bestimmungen einer zweijährigen Sperre zu erwarten", hieß es dort.

"Das Aussageverweigerungsrecht gilt nur gegenüber staatlichen Ermittlungsbehörden. Sportrechtlich besteht ein anderes Rechtsverhältnis als gegenüber dem Staat", teilte das Justizministerium auf Anfrage mit.

Artikel und Videos zum Thema