"Wahnsinn" und "Kinderkram"

Von Alexander Mey
schwarzer, christian
© DPA

München - Sport ist Mord. So tönte es zumindest in der Schule immer wieder gerne aus den Reihen derjenigen, die mit laufen, springen und werfen nichts am Hut hatten. Guten Sportlern wäre damals dieser Satz nie über die Lippen gekommen.

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Das ändert sich, wenn man Profisportler ist wie Christian Schwarzer. Schwarzer spielt Handball - und Handball ist ein hartes Brot.

Am 17. Januar beginnt die Europameisterschaft, sollte Deutschland das Finale erreichen, winken den Profis acht Spiele in elf Tagen, und das mitten in einer Saison, die mit Bundesliga, Europapokal und DHB-Pokal ohnehin schon vollgestopft ist.

Schwarzer fordert Spielergewerkschaft

"Du gehst am Stock und musst in weniger als 24 Stunden das letzte Spiel wegstecken", beschreibt Schwarzer der "Sport-Bild" die Leiden während eines großen Turniers. "Man wird morgens wach und denkt vor lauter Schmerzen nur: Wie soll ich heute Nachmittag Handball spielen?"

Diese Frage braucht sich Schwarzer nach seinem Rücktritt aus der Nationalmannschaft nicht mehr zu stellen, dennoch fühlt er nach wie vor mit seinen Kollegen und setzt sich vehement für eine Spielergewerkschaft ein, um die Terminhatz im Handball etwas einzudämmen. "Wir wollen mehr Mitspracherecht, damit die hohen Herren mal vor Augen geführt bekommen, dass alles dem Kommerz zuliebe auf unserem Rücken ausgetragen wird."

Jammern der Fußballer ist "Kinderkram"

Zu enger Spielplan, zu wenig Regenerationszeit, zu großes Verletzungsrisiko - all das kommt einem aus dem Fußball bekannt vor. Vor allem in UEFA-Cup-Wochen tauchen bei Bundesligisten, die donnerstags und samstags spielen müssen, immer wieder genau diese Argumente auf.

Dabei geht es den Fußballern im Vergleich zu den Handballern noch gut. Mehr als zwei Spiele pro Woche müssen sie nicht absolvieren. Die Tatsache, dass sie trotzdem über die hohen Belastungen jammern, ruft Spötter auf den Plan.

Unter anderem auch Schwarzer: "Das ist doch Kinderkram. Vielleicht sollten sich die Fußballprofis mal darauf beschränken, sich auf ihren Sport zu konzentrieren, und mit dem Jammern aufhören. Die sollten sich mal in anderen Sportarten umschauen, was da los ist."

Verbal-Attacken in Richtung Fußballer

Naturgemäß denkt Schwarzer dabei zunächst an seine Sportart Handball, aber nicht nur: "Wenn ich zum Beispiel einen Ruderer sehe, der täglich sechs bis acht Stunden im Training knüppelt wie ein Bekloppter, kaum beachtet wird - und dann hört er, dass die Jungs, die gegen den Ball treten, Millionen verdienen und sich über zwei Spiele in einer Woche beschweren. Das ist doch Wahnsinn."

Im Moment scheint es populär zu sein, Fußballern verbal an den Karren zu fahren. Vor kurzem sagte der deutsche NHL-Profi Christoph Schubert (82 Spiele in der regulären Saison) im SPOX.com-Interview: "Es ist peinlich, was die Fußballer ab und zu von sich geben. Ich habe selber 16 Jahre Fußball gespielt und weiß, was Sache ist. Da haben sie ein Spiel am Wochenende und dann brauchen sie schon wieder vier Tage Pause, das ist schon ein bisschen übertrieben. Wir sind alle Athleten und sollten austrainiert sein. Wir haben vier Spiele in der Woche und keiner beschwert sich. Und dann kommen ja noch die Reisestrapazen hinzu."

Sicher werden viele Fußballer solchen Vorwürfen widersprechen und es ist auch nur eine Minderheit, die sich über zu hohe Belastungen öffentlich beschwert. Dennoch sind die Spannungen zwischen Fußball und anderen Sportarten nicht zu übersehen.