Bloß kein Ballbesitz! Interessante Statistiken beim FC Bayern München

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Beim Hinspiel-Remis gegen den FC Arsenal überzeugte der FC Bayern mit Konterfußball aus einem geringen Ballbesitzanteil - und zwar nicht zum ersten Mal in dieser Saison. Die Statistiken zeigen ein Münchner Muster.

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Joshua Kimmich hörte sich nicht unbedingt hellauf begeistert an, als er seine Prognose für das Viertelfinal-Rückspiel der Champions League gegen den FC Arsenal am Mittwoch abgab. "Ich gehe davon aus, dass wir ein bisschen mehr Ballbesitz haben werden", verkündete er nach der erfolgreichen Generalprobe gegen den 1. FC Köln.

Was für den stolzen und traditionell dominanten FC Bayern mit Ballbesitz-Liebhaber Thomas Tuchel als Trainer eigentlich eine gute Nachricht sein sollte, dürfte in München aktuell aber eher Sorgen bereiten. Zuletzt zeigte der FC Bayern seine besten Leistungen nämlich dann, wenn er dem Gegner mehr Spielanteile überließ. Dann, wenn er zumindest phasenweise Konter-, ja sogar Außenseiterfußball spielte.

So war es im Dezember gegen den VfB Stuttgart, als die Münchner auf lediglich 37 Prozent Ballbesitz kamen, aber 3:0 gewannen und laut Harry Kane die bis dato "beste Leistung der Saison" zeigten. So war es nun auch beim Hinspiel in London, als der FC Bayern zwar nur 41 Prozent Ballbesitz hatte, dem Sieg aber dennoch näher war als Arsenal. Sowohl gegen Stuttgart als auch gegen Arsenal sprach der xG-Wert der zu erwartenden Tore trotz Ballbesitzdefizit jeweils klar für den FC Bayern.

"Es ist nicht schädlich für uns, wenn wir nicht 70 Prozent Ballbesitz haben, sondern einen Gegner, der gerne den Ball hat", sagte Müller. Und meinte damit vermutlich nicht 70, sondern eher 50 Prozent. Und meinte damit vermutlich auch nicht nur "nicht schädlich", sondern sogar "sehr gut".

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FC Bayern München: Die Ballbesitzwerte bei den Spitzenspielen

Woran das liegt? Die Münchner verfügen in der Offensive über wieselflinke Individualisten, allen voran Leroy Sané. Gegen Arsenal resultierten beide Treffer aus schnellen Angriffen mit Sané-Beteiligung. "Ihm tut es gut, wenn er ein bisschen Raum vor sich hat, in den er dann mit seinen 36 km/h reinfahren kann", erklärte Müller. Umso wichtiger ist Sanés Einsatz am Mittwoch beim Rückspiel, trotz anhaltender Schambeinprobleme dürfte es für einen Platz in der Startelf reichen.

Die Duelle mit Stuttgart und Arsenal sind nur die krassesten Beispiele des Münchner Musters. Interessant ist beispielsweise auch ein Blick auf die Ballbesitz-Verteilung bei den beiden Duellen mit Meister Bayer Leverkusen. Als die Münchner beim ausgeglichenen Hinspiel ein Remis holten, hatten sie nur 52 Prozent Ballbesitz. Als sie beim Rückspiel chancenlos mit 0:3 untergingen, betrug der Wert 61 Prozent.

Gegen Borussia Dortmund? Neulich bei der 0:2-Pleite waren es 61 Prozent, beim 4:0-Sieg im Herbst dagegen nur 50 Prozent. Und gegen RB Leipzig? 67 Prozent beim 0:3 im Supercup, 65 Prozent beim 2:2 im Hinspiel und 56 Prozent beim 2:1 im Rückspiel.

Selbstverständlich erzählt jedes Spiel seine eigene Geschichte und selbstverständlich muss ein Gegner in Rückstand aktiver werden und seinerseits fast schon automatisch den Ballbesitzanteil steigern. Auffallend sind diese Zahlen aber dennoch. Vereinfacht lautet die Formel des FC Bayern, zumindest bei Spitzenspielen: Je niedriger der Ballbesitzanteil, desto besser das Ergebnis.

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Auch der FC Arsenal hat Probleme mit hohen Ballbesitzwerten

Insgesamt kommt der FC Bayern in der aktuellen Saison wettbewerbsübergreifend auf einen durschnittlichen Ballbesitzanteil von 62 Prozent. Das ist der zweithöchste Wert aller deutschen Klubs nach Leverkusen. Der Viertelfinal-Gegner in der Champions League Arsenal hält bei etwas niedrigeren 59 Prozent.

Wie die Münchner tun sich übrigens auch die Gunners mit allzu hohen Ballbesitzwerten schwer. Das war bei einigen der wenigen Niederlagen dieser Saison erkennbar. Etwa beim 0:1 gegen den FC Porto im Achtelfinal-Hinspiel, als Arsenal auf 65 Prozent Ballbesitz kam. Wohlgemerkt bei einem Auswärtsspiel. Generell stellen die Gunners ihre Spielweise in der Fremde kaum um, bei Auswärtsspielen ist Arsenals Ballbesitzanteil kurioserweise sogar leicht höher als insgesamt. Entgegen Kimmichs Prognose könnte der FC Bayern davon am Mittwoch profitieren.

Vereinzelt passt Trainer Mikel Arteta diese Marschroute aber auch drastisch an, etwa neulich beim 0:0 im Premier-League-Spitzenspiel auswärts gegen Manchester City, damals kam Arsenal nur auf 27 Prozent Ballbesitz.

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FC Bayern: Erinnerungen an das Achtelfinale 2019 gegen den FC Liverpool

Apropos City: Als der FC Bayern vergangene Saison im Champions-League-Viertelfinale an Pep Guardiolas Mannschaft scheiterte, verzeichneten die Münchner im Hinspiel (0:3) 56 und im Rückspiel (1:1) gar 58 Prozent Ballbesitz - gebracht hat es bekanntlich nichts.

Erinnerungen weckt das jetzige Duell mit Arsenal an das Achtelfinal-Aufeinandertreffen mit dem FC Liverpool 2019. Auch der designierte Champions-League-Sieger erschien damals vorab übermächtig, dennoch erkämpften die Münchner beim Auswärts-Hinspiel ein 0:0. Mannschaft und Trainer Niko Kovac wurden entsprechend mit Lob überhäuft, ehe sie beim Rückspiel in der Allianz Arena chancenlos mit 1:3 ausschieden.

Kovac ließ damals zwar auch abwartend agieren, vergaß dabei aber vollkommen die Offensive. Über beide Spiele kamen die Münchner zusammengerechnet nur auf einen xG-Wert von 0,65. Alleine beim Hinspiel gegen Arsenal erspielte sich der FC Bayern dagegen 1,92 zu erwartende Tore und damit fast doppelt so viele wie der Gegner. Unter Tuchel führen geringe Ballbesitzwerte nicht zu geringer Torgefahr - eher im Gegenteil.

FC Bayern München: Die nächsten Spiele des FCB

DatumWettbewerbGegner
17. April, 21 UhrChampions LeagueFC Arsenal (H)
20. April, 18.30 UhrBundesligaUnion Berlin (A)
27. April, 15.30 UhrBundesligaEintracht Frankfurt (H)
04. Mai, 15.30 UhrBundesligaVfB Stuttgart (A)
12. Mai., 17.30 UhrBundesligaVfL Wolfsburg (H)