Wir haben's ja alle gesagt! Das Politikum Mathys Tel beim FC Bayern München

tel-mathys-1600
© imago images

Viele Fans des FC Bayern München fordern es seit Monaten, der neue Sportvorstand Max Eberl pflichtete ihnen bei seiner Vorstellung zumindest indirekt bei: Mathys Tel muss mehr spielen! Ein bisschen erzwungen folgte Trainer Thomas Tuchel bei nächstbester Gelegenheit - und der 18-jährige Stürmer dankte mit einem Traumtor.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Es spricht nicht gerade für die Stammkräfte des FC Bayern, dass einer der absoluten Publikumslieblinge ausgerechnet ein Dauerreservist ist. So leidenschaftlich die Münchner Anhängerschaft seit Wochen über Joshua Kimmich und seine Generations-Genossen schimpft, so leidenschaftlich fordert sie mehr Spielzeit für Mathys Tel.

Tel tut aber auch wirklich alles, um von den Fans gemocht zu werden. In seinen generell eher einsilbigen Interviews betont er stets pathetisch seine Liebe zum FC Bayern. Selfie-, Autogramm- oder Trikot-Wünsche erfüllt er bereitwillig. Vergangene Woche fuhr er Augenzeugenberichten zufolge sogar einen Fan vom Trainingsgelände nach Hause.

Es ist aber nicht nur die sympathische Art, die ihn auszeichnet. Vor allem ist es die Fantasie, die sein fußballerisches Talent weckt. Gemeinsam mit Jamal Musiala, Eigengewächs Aleksandar Pavlovic und dem unvermeidlichen Umbruch steht der 18-jährige Stürmer aus Frankreich für die Hoffnung auf eine erfolgreiche Zukunft des gegenwärtig tragisch dahinkriselnden, sinnsuchenden Rekordmeisters.

Dem FC Bayern droht die erste titellose Saison seit 2011/12. Spätestens nach dem 2:2 gegen den SC Freiburg am Freitag ist der zwölfte Meistertitel in Folge abgeschrieben. Für kleine Lichtblicke sorgte bei diesem Tiefpunkt immerhin das junge Trio: Pavlovic zeigte die nächste souveräne Vorstellung im defensiven Mittelfeld, Musiala erzielte das Doch-Nicht-Siegtor zum 2:1 und Tel mit einem traumhaften Schuss in den Winkel den zwischenzeitlichen Ausgleich. Nicht wenige dürften sich gedacht haben: Sehen Sie, Herr Tuchel. Wir haben's ja alle gesagt!

Mathys Tel
© getty

FC Bayern München: Fans und Max Eberl fordern mehr Spielzeit für Mathys Tel

Mathys Tel hat sich beim FC Bayern zuletzt zum Politikum entwickelt. Aller Fan-Sympathien und schwachen Leistungen der Stammkräfte zum Trotz verwehrte ihm Trainer Thomas Tuchel bis zum Freiburg-Spiel monatelang eine Chance in der Startelf. Letztmals beginnen durfte Tel beim irrelevanten Champions-League-Gruppenspiel gegen den FC Kopenhagen im November, davor lediglich beim Supercup und den beiden Spielen im DFB-Pokal. Ansonsten wurde er meist in der Schlussphase eingewechselt.

Zu Saisonbeginn erzielte Tel bei fast jedem noch so kurzen Einsatz ein Tor, sechs Stück waren es in den ersten zehn Pflichtspielen. Seitdem präsentierte er sich glückloser, bis zum Freiburg-Spiel folgten nur noch drei Assists. "Er hat sein Momentum ein bisschen verloren und ist nicht mehr so aggressiv in der Box, wenn er reinkommt", kritisierte Tuchel neulich. "Er hat nicht mehr den absolut wilden Drang in Richtung Tor. Das hängt wahrscheinlich auch mit Selbstvertrauen zusammen."

Angesichts der akuten Krise etlicher Stammspieler wurden die Rufe vieler Fans nach einer Startelf-Chance für Tel in den vergangenen Wochen dennoch lauter. Den Verstärker gab bei seiner Vorstellungs-Pressekonferenz am Dienstag der neue Sportvorstand Max Eberl. Entwicklungsfähigen Talenten - Tel sei dafür "ein herausragendes Beispiel", wie Eberl betonte - "müssen wir Spielzeit geben". Dafür braucht es "den richtigen Trainer, der Bock darauf hat, mit diesen Spielern zu arbeiten".

Das ist einerseits Einstellungs-Voraussetzung für den künftigen Trainer des FC Bayern, andererseits verkappte Kritik am scheidenden. Tel soll unzufrieden sein mit den geringen Einsatzzeiten unter Tuchel. Die Bild berichtete, dass er bei einem Verbleib Tuchels sogar einen Abschied in Erwägung gezogen hätte. Seit der beschlossenen Sommer-Trennung wird dagegen eine baldige Verlängerung seines bis 2027 datierten Vertrags gehandelt.

Mathys Tels Leistungsdaten beim FC Bayern München

KategorieSaison 2022/23Saison 2023/24
Pflichtspiele2830
Startelf25
Minuten600850
Tore67
Assists-4

Startplatz nach der Debatte: Warum Mathys Tel gegen Freiburg beginnen durfte

Selbstverständlich wurde Tuchel auf Eberls Aussagen über Tels Spielzeit angesprochen. Etwas genervt betonte der Trainer bei der Pressekonferenz am Donnerstag, dass übrigens er und nur er für die Aufstellung verantwortlich "war, ist und bleibt". Einerseits. Und andererseits, dass er "den Konfliktstoff" ohnehin nicht sieht: "Meiner Meinung nach hat er noch nie so viel und regelmäßig gespielt wie bei uns."

Das mag stimmen. Liegt aber auch daran, dass Tuchel erst Tels zweiter Trainer beim FC Bayern ist, seit er 2022 für 20 Millionen Euro von Stade Rennes zum FC Bayern gewechselt ist. In den wenigen Monaten unter Vorgänger Julian Nagelsmann lebte sich der damals 17-jährige Neuzugang in München noch ein.

Ausgerechnet beim ersten Spiel nach dieser Debatte beorderte Tuchel Tel doch noch in die Startelf. Auslöser waren wohl eher nicht die Forderungen der Fans oder die Aussagen Eberls. Tatsächlich zwang Tuchel die Personalsituation gewissermaßen zu diesem Schritt.

Patellasehnen- und Leistenprobleme verhinderten einen Einsatz des in der Rückrunde beeindruckend formlosen Leroy Sané. Serge Gnabry und Kingsley Coman arbeiten an ihren Comebacks, Winter-Neuzugang Bryan Zaragoza ist noch kein Kandidat für die Startelf. Letztlich musste sich Tuchel zwischen Tel und dem Routinier Eric Maxim Choupo-Moting entscheiden, die Wahl fiel auf den Jungstar.

tuchel-leipzig-1600
© getty

FC Bayern: Mathys Tel dürfte auch gegen Lazio Rom beginnen

Etwas überraschend begann Tel auf dem ungewohnten rechten Flügel. Nach fast allen Einwechslungen und auch bei seinen drei vorherigen Startelf-Einsätzen kam der Rechtsfuß über links. Gegen Freiburg belebte er das Offensivspiel und traf zum zwischenzeitlichen Ausgleich. In der Rückwärtsbewegung ließ er seinen bisweilen desorientierten Hintermann Joshua Kimmich jedoch wiederholt alleine.

"Er hat ein super Tor geschossen, über 90 Minuten gespielt, gekämpft, immer wieder für gute Szenen gesorgt", lobte Sportdirektor Christoph Freund. "Es war wichtig für ihn, dass er auch mal begonnen hat." Fans und Eberl dürften sich in ihrer Annahme bestätigt fühlen, Tel selbst am Dienstag gegen Lazio seine nächste Startelf-Chance bekommen. Sollte Sané rechtzeitig fit werden, müsste wohl Thomas Müller weichen.

Dann geht es für den FC Bayern um die wohl letzte Titelchance in dieser Saison. Im DFB-Pokal sind die Münchner ausgeschieden, in der Bundesliga von Tabellenführer Bayer Leverkusen auf zehn Punkte distanziert - bleibt die Champions League. Für einen Einzug ins Viertelfinale muss der FC Bayern gegen Lazio einen 0:1-Rückstand aus dem Hinspiel drehen.

Artikel und Videos zum Thema