Kaymer fällt zurück - Titelchance aber noch da

Von Florian Regelmann
Martin Kaymer kam in Runde drei nie wirklich in Fahrt
© Getty

Wind, Regen, Kälte - am 3. Tag der British Open im Royal St. George's Golf Club entwickelte sich zunächst ein brutaler Kampf. Dann wurde das Wetter besser, aber Martin Kaymer konnte es nicht ausnutzen. Siegchancen hat der Deutsche aber trotzdem noch. An der Spitze liegt weiter der Nordire Darren Clarke.

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Martin Kaymer, der als geteilter Dritter mit nur einem Schlag Rückstand in den Moving-Day gestartet war, brachte auf dem Par-70-Kurs nur eine enttäuschende 73er-Runde ins Clubhaus und fiel so auf den geteilten siebten Rang zurück.

Bei einem Gesamtergebnis von Even Par hat der 26-Jährige aber noch alle Siegchancen. Sein Rückstand auf den Nordiren Darren Clarke, der sich dank einer starken 69 auf fünf unter Par verbesserte, beträgt nur fünf Schläge.

Clarkes härtester Verfolger ist US-Boy Dustin Johnson, der sich mit einer 68 auf vier unter Par schob. Weitere zwei Schläge dahinter folgen Thomas Björn (DEN/71) und Rickie Fowler (USA/68). Nur noch sechs Spieler liegen vor der Finalrunde (So., 15 Uhr im LIVE-TICKER) unter Par.

Reaktionen:

Martin Kaymer: "Spielerisch war es bei mir nicht ganz so gut wie die letzten beiden Tage, aber es war eben auch etwas schwieriger heute. Ich glaube, die fünf Schläge Rückstand sind gar nichts. Da kann alles passieren. Fünf Schläge sind wirklich nicht viel - und es ist keiner davongelaufen. Wenn das Wetter so bleibt, kann man mit einer 67 oder 68 ganz vorne stehen."

... über seine Probleme: "An der 6 und 7 habe ich leider zwei Riesenfehler gemacht: Erst einen Drei-Putt aus acht, neun Metern. An der Sieben war es ein schwerer Chip. Aber den spielt man aufs Grün und gibt sich die Chance auf das Birdie. Wenn nicht, macht man eben die 5 und es geht auf das nächste Loch. Das waren zwei Fehler, die ich mir wirklich hätte sparen müssen."

Darren Clarke: "Wenn mir vor der Runde jemand eine 69 angeboten hätte, hätte ich ihm die Hand dafür abgebissen. Aber es ist auch klar, dass wir am Nachmittag Glück hatten. Du brauchst manchmal ein wenig Glück mit dem Draw, um ein Turnier zu gewinnen. Und bei der Open Championship kann das Draw einen großen Unterschied machen. Wir haben echt großes Glück gehabt."

... über den Finaltag: "19 Mal habe ich es vergeblich versucht, den Claret Jug zu holen, jetzt habe ich die Möglichkeit dazu. Aber es ist im Moment nicht mehr als eine Möglichkeit, weil es wieder sehr windig sein wird. Es ist noch ein langer Weg."

Der Star des Tages: Rickie Fowler. 71 Spieler hatten den Cut geschafft, 3 Spieler blieben an Tag 3 unter Par. So schwer spielte sich der Platz. Clarke notierte eine 69 - und die beiden US-Stars Rickie Fowler und Dustin Johnson schossen sogar überragende 68er-Runden. Fowlers Score war dabei noch beeindruckender als der von DJ, weil der 22-Jährige den Großteil seiner Runde zu den schlimmsten Bedingungen spielen musste. Vier Birdies (5, 13, 15, 16) standen nur zwei Bogeys (2, 11) gegenüber. Fowler hat zwar noch kein einziges Turnier auf der Tour gewonnen, aber vielleicht gelingt ihm der große Durchbruch gleich bei einem Major. Zuzutrauen wäre es ihm. Bemerkenswert: Fowler spielte wieder zusammen mit US-Open-Sieger Rory McIlroy (74) und stellte diesen komplett in den Schatten.

Der Flop des Tages: Charl Schwartzel. Es gab so einige Enttäuschte an Tag 3. Kaymer gehört dazu, aber der Deutsche hat immerhin noch Siegchancen. Davon können einige andere Herren nur träumen. McIlroy (74), Sergio Garcia (74) oder Jason Day (76) haben sich im Prinzip aller Chancen beraubt. Sie können aber wenigstens noch anführen, dass sie Pech mit dem Wetter hatten. Das kann Charl Schwartzel nicht. Den südafrikanischen Masters-Champion musste man eigentlich auf der Rechnung haben, umso unerklärlicher ist seine schwache 75, die vier Bogeys und ein Doppel-Bogey beinhaltete. Und vor allem 33 Putts. Ein gebrauchter Tag für Schwartzel, der bei acht Schlägen Rückstand schon eine unfassbare Traumrunde bräuchte, um noch einmal in den Titelkampf eingreifen zu können.

Analyse: Martin Kaymer war an Tag 3 eigentlich ein Glückspilz. Während er sich noch gemütlich auf seine Runde vorbereiten konnte, mussten die frühen Starter im schlimmsten Wetter auf die Runde. Peitschender Wind, starker Regen, Kälte - es herrschten brutale Bedingungen, wie man sie bei einer British Open aber eben auch erwartet. Die Spieler kämpften um jedes Par, Oldie Tom Watson (72er-Runde) spielte beispielsweise angesichts der Verhältnisse grandios. Es lag absolut niemand unter Par.

Am Nachmittag sollten sich die Bedingungen dann verbessern. Irgendwann kam sogar die Sonne heraus, es war ein irrer Wechsel. Leider konnte Kaymer diesen Vorteil aber nicht ausnutzen. Mit zwei Pars startete er noch solide, aber angefangen mit einem Bogey an der 3 ging es abwärts. Es folgten Bogeys an der 6 und 7. Gerade der Schlagverlust an der 7 war ein Killer. Das Par 5 war am Samstag das mit Abstand leichteste Loch.

35 Birdies wurde an der 7 notiert, an den 8 anderen Löchern der Front Nine zusammen nur 25. Nur zwei Spieler spielten an der 7 überhaupt ein Bogey - und Kaymer gehörte ärgerlicherweise neben Day dazu. Nach einem weiteren Bogey an der 11 schien Kaymers Runde endgültig den Bach herunter zu gehen, ehe er seine Kämpferqualitäten unter Beweis stellte und an der 13 und 14 zwei Birdies in Serie spielte. Es passte zum Tag, dass er den Schwung nicht mitnehmen konnte und an der 15 prompt wieder einen Schlag verlor.

Es ist aber auch charakteristisch für Kaymer, der 10/18 Grüns traf und insgesamt 30 Putts benötigte, dass er danach seinen Score mit drei Pars noch zusammenhielt und sich so seine Siegchancen bewahrte. Es ist noch alles drin. Hauptsächlich auch deshalb, weil ein harter Finaltag bevorsteht und man bei allen Sieganwärtern Fragezeichen machen kann.

Darren Clarkes langes Spiel (16/18 Grüns) ist atemberaubend gut, aber wird er in der Finalrunde die nötigen Putts lochen, wenn er seinen ersten Major-Titel vor Augen hat? Der Nordire könnte locker einige Schläge besser liegen, wenn er nicht in Runde drei mehrere kurze Putts (34 Putts für die Runde) vorbeigeschoben hätte.

Dustin Johnson wird früher oder später ein Major gewinnen, aber ist er nach seinen dramatischen Finaltagspleiten aus dem letzten Jahr wirklich bereit? Rickie Fowler hat überhaupt noch kein Turnier gewonnen, Thomas Björn kam nur als Ersatzspieler ins Feld und kommt total aus dem Nichts. Phil Mickelson hat bei einer British Open praktisch noch nie was gerissen (1 Mal Top 10 bei 17 Teilnahmen), jetzt liegt er wie Kaymer in Lauerstellung. Es könnte auch sein Tag werden. Und dann gibt es ja noch weitere potenzielle Überraschungssieger, wie zum Beispiel Davis Love III.

Der Amerikaner spielt vom Tee bis zum Grün gemeinsam mit Clarke das beste Golf in dieser Woche, aber er macht sich mit ständigen Dreiputts immer wieder alles zunichte. Es ist alles angerichtet für einen dramatischen Finaltag. Und die USA dürfen sich Hoffnungen machen, ihre Krise (5 Majors ohne Sieg) zu beenden. In den Top 16 liegen nach Runde drei 10 US-Boys. Die Chance ist relativ groß, dass einer der US-Amerikaner mit dem Claret Jug im Gepäck die Rückreise antritt. Oder eben doch Clarke. Oder eben doch Kaymer.

Tag 3 zum Nachlesen im Ticker

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