Kaymer dreht spät auf

Von Für SPOX in Eichenried: Florian Regelmann
Martin Kaymer rettete seine Runde mit vier Birdies in den letzten fünf Löchern
© Getty

Martin Kaymer hat einen kapitalen Fehlstart bei der BMW International Open mit einem späten Birdie-Feuerwerk noch abgewendet, dennoch liegt der deutsche Golf-Superstar nach dem ersten Tag schon weit hinter der Spitze. Beste Deutsche sind Marcel Siem und Stephan Gross, die Runde des Tages schoss der Schwede Henrik Stenson.

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Martin Kaymer notierte nach schwachem Start am ersten Tag noch eine 70er-Runde auf dem Par-72-Kurs im Golfclub München Eichenried und liegt damit vorerst auf dem geteilten 32. Platz. Kaymer hat aber bereits sechs Schläge Rückstand auf den Schweden Henrik Stenson. Der Eichenried-Sieger von 2006 brachte eine grandiose 64 ins Clubhaus.

Auf dem zweiten Platz folgt der Engländer Gary Boyd, der eine 65 spielte. Rang drei teilen sich nach 66er-Runden Tim Sluiter (NED), Danny Willett (ENG), Paul Lawrie (SCO) und Jbe Kruger (RSA).

Die besten Deutschen sind Marcel Siem und Stephan Gross, die nach 69er-Runden bei drei unter Par auf dem geteilten 15. Rang zu finden sind. Der angeschlagene Bernhard Langer hatte große Probleme und steuert nach einer 76 einem freien Wochenende entgegen.

Der Zuschauerzuspruch in Eichenried war indes bemerkenswert. 15.300 Zuschauer kamen auf die Anlage. Den Kaymer-Flight begleiteten 3000 Fans, darunter sehr viele Kids.

Reaktionen:

Martin Kaymer: "Ich habe echt schlecht angefangen mit zwei Bogeys auf meinen ersten beiden Löchern. An Bahn 11 dachte ich, mit dem zweiten Schlag aufs Grün zu kommen. Es waren 220 Meter bis zum Anfang vom Grün, normalerweise ist das mit einem Holz 3 kein Problem. Insgesamt habe ich auf den ersten neun Löchern zu viele Gedanken im Kopf gehabt, viele Schwunggedanken, auch Gedanken über den Score, den ich spielen wollte. Der Platz spielt sich sehr einfach, das kann auch frustrierend sein, wenn man keine Birdies macht. Aber dann lief es besser. Ich habe fast mit fünf Birdies am Stück aufgehört."

... über den Grund für sein Comeback: "Ich habe ein bisschen freier gespielt. Ich habe mir nicht mehr so viele Gedanken gemacht. Ich habe mir gesagt, 'Du spielst jetzt seit 15 Jahren Golf, irgendwo muss der Schwung doch sein'. Es hat dann gut zusammengepasst und ich habe ein paar Putts gelocht. Ich bin sehr zufrieden mit zwei unter Par."

... über seinen Schwung: "Ich kann nur aggressiv spielen, wenn sich der Schwung gut anfühlt. Das war das Problem. Es ist ein bisschen schade, dass ich bei diesem Turnier, das mir sehr wichtig ist, inmitten einer Schwungumstellung bin. Ich bin nahe dran, aber noch nicht da, wo ich hin möchte. Ich bin eben ein Perfektionist. Deshalb bin ich manchmal etwas ungeduldig, weil ich den Leuten natürlich etwas bieten möchte. Ich muss einfach nur weiterarbeiten. Ich bin nahe dran, aber es dauert halt noch ein bisschen."

... über seine Siegchancen: "Auf diesem Golfplatz kann alles passieren. Wenn ich die nächsten 54 Löcher so spiele, wie meine letzten 9 Löcher gerade, dann habe ich noch eine Chance auf den Sieg."

Alex Cejka: "Mir geht es viel besser. Ich habe gut schwingen können. Auf den ersten Neun lief es sehr gut, auf den zweiten Neun habe ich dann ein paar Grüns verfehlt. Mit einer 6 auf einem Par 5 aufzuhören, das tut weh, aber an Tag 2 wird es hoffentlich besser. Es ist noch alles drin."

Henrik Stenson: "Ich habe bei der US Open gut gespielt, auch wenn ich nicht das Ergebnis bekommen habe, das ich gerne gehabt hätte. Ich habe jetzt auch am Mittwoch im Pro-Am schon sehr gut gespielt und acht Birdies gemacht. So ging es heute weiter. Ich habe die meisten Fairways getroffen, die meisten Grüns und gut geputtet. Es gibt nicht viel, worüber ich mich beschweren könnte."

Gary Boyd: "Ich habe auf der 13 einen tollen Putt gelocht, sodass ich nach 4 Löchern 3 unter war. Ich weiß, dass ich hätte nicht darüber nachdenken sollen, aber ich habe an eine 59 gedacht. Es sollte aber nicht sein. Dennoch ist es ein Top-Start, gerade für mich, denn eigentlich komme ich immer langsam in die Gänge."

Dustin Johnson: "Ich habe einfach keine Putts gelocht. Hoffentlich kann ich morgen da rausgehen und einen guten Score schießen. Wenn das meine schlechteste Runde in dieser Woche war, ist alles okay."

Der Star des Tages: Henrik Stenson. Der Schwede gehört in die Kategorie Spieler, denen man vor ein paar Jahren noch einen Major-Sieg zugetraut hatte. Stenson war einmal die Nummer vier der Welt, aktuell ist er aber nur noch die Nummer 124. Bei seinem Talent ein schlechter Witz. Seit seinem Triumph bei der Players Championship 2009 hat der 35-Jährige nicht mehr gewonnen, seit der Open Championship 2010 war er nicht ein einziges Mal in den Top 10. Beim Masters war er im April Letzter. Aber: Stenson kommt wieder! Bei der US Open (21. Platz) deutete er in der letzten Woche seinen Aufschwung schon an - und zeigte Emotionen, als er seinen Schläger zerbrach und sich dabei am Finger verletzte. Auch mit Tapeverband feuerte er jetzt in Eichenried eine überragende 64 auf den Platz. Eine 64, die eine 63 hätte sein müssen. Dass Stenson, nachdem er seinen zweiten Schlag mit einem Holz 3 an der 18 an den Stock genagelt hatte, den Eagle-Putt aus kürzester Distanz vorbei schob, war schade. Dennoch: 1 Eagle, 7 Birdies, nur 1 Bogey - bei Stenson scheint es klick gemacht zu haben.

Die Flops des Tages: Nick Dougherty und Michael Campbell. 2009 gewann Dougherty die BMW International Open dank einer 64er-Traumrunde am Finaltag mit einem Gesamtscore von 22 unter Par. Zwei Jahre später ist seine Karriere an einem nicht zu unterbietenden Tiefpunkt angelangt. Dougherty hat in dieser Saison noch nicht einen einzigen Euro verdient. Heißt: Er hat bei allen 13 Events den Cut verpasst. Unfassbar. Und auch in Eichenried wird er ihn verpassen. Dougherty spielte nur eine 75, zweimal musste er eine 7 auf die Scorekarte schreiben, selbst ein Eagle an der 6 nützte da nichts. Ähnlich liegt der Fall bei Campbell, der auch seit Ewigkeiten in der Golf-Wildnis verschwunden ist und keine Kugel mehr trifft. Dass der Neuseeländer 2005 mal die US Open gewonnen hat, erscheint einem heute völlig irre. Campbell war noch schlechter als Dougherty und notierte nur die 77. Geteilter 146. Rang. In der Weltrangliste ist er übrigens auf Platz 714 zurückgefallen.

Analyse: Zum Glück dauert ein Golf-Turnier 72 Löcher. Martin Kaymers Traum von seinem zweiten Heimsieg war zwar nach 2 Löchern nicht ausgeträumt, aber es sah mies aus. Kaymer startete an der 10 und begann mit zwei Bogeys. Einen Schlag an der 11 zu verlieren (Par 5) und auf einem leichten Kurs nach zwei Löchern zwei über Par zu liegen - so hatte sich der Weltranglistendritte das nicht vorgestellt.

Kaymer war auf den ersten neun Löchern viel zu viel mit seinem Schwung beschäftigt und jeder Golfer weiß, dass man nicht gut spielen kann, wenn tausende Schwunggedanken im Kopf herumschwirren. Nach einem Bogey an der 2 lag Kaymer, der zwischenzeitlich Birdies an der 12 und 18 (bei einem weiteren Bogey an der 13) gespielt hatte, wieder mal bei zwei über Par. Der 26-Jährige blieb aber geduldig und drehte genau rechtzeitig noch auf. Birdie 5, Birdie, 6, Birdie, 7, Birdie 9. An der 8 verschob Kaymer sogar noch einen kurzen Birdie-Putt, sonst hätte er mit fünf Birdies in Serie aufgehört. Aber auch so ist Kaymer noch voll im Turnier.

Einen Schlag besser als Kaymer waren sogar zwei andere Deutsche. Marcel Siem musste wie Kaymer einen schlechten Start wegstecken, aber auch er fightete sich nach zwei frühen Bogeys mit insgesamt 6 Birdies noch zurück und spielte eine solide 69. Hätte er seine beiden guten Eagle-Chancen genutzt, wäre noch mehr drin gewesen. Aber auch so konnte Siem, der seinen Schwung ebenfalls gerade umstellt, zufrieden sein.

Mit dem gleichen Ergebnis wie Siem kam Stephan Gross nach Hause. Der 23-Jährige spielte im letzten Jahr seine erste Saison auf der European Tour, verlor aber seine Tourkarte sofort wieder. Dass er aber nach wie vor vielleicht Deutschlands größte Nachwuchs-Hoffnung ist, hat er an Tag 1 mit seiner 69 (5 Birdies, 2 Bogeys) bewiesen. Alex Cejka verspielte eine bessere Runde durch ein ärgerliches Bogey an der 9, hat nach einer 71 aber auf jeden Fall gute Chancen, den Cut zu überstehen. Im Gegensatz zu Bernhard Langer, der sich von seiner Daumenverletzung gehandicapt nur zu einer 76 (2 Birdies, 6 Bogeys) mühte.

Insgesamt spielte sich der Platz wie gewohnt leicht. Es ist wie immer in Eichenried: Wenn man gut drauf ist, kann man praktisch überall die Fahnen attackieren - und das oft mit Wedges, weil der Platz im Vergleich doch recht kurz ist. Wer dann seine Putts locht, kann sehr tiefe Runden spielen. Henrik Stenson hat es vorgemacht.

73 Spieler blieben unter Par, auch wenn die Scores am Nachmittag, als starker Regen einsetzte, bei weitem nicht mehr so gut waren wie am Vormittag. Die Nachmittags-Spieler hatten einen klaren Nachteil, der Platz stand stellenweise unter Wasser. Stenson störte das aber alles nicht.

Das Leaderboard nach Tag 1 ist außerdem mal wieder ein guter Indikator für die Ausgeglichenheit auf der Tour. In den Top 14 befinden sich mit Henrik Stenson und Retief Goosen genau zwei größere Namen. Mehr nicht. Sergio Garcia (69), Dustin Johnson (70), Miguel Angel Jimenez (70) und Matteo Manassero (70) liegen aber in Lauerstellung. Genauso wie Kaymer.

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