"Draxler? Das ist sicherlich der falsche Weg"

Von Interview: Jochen Tittmar
Theo Schneider ist seit Februar Trainer bei Rot-Weiß Oberhausen
© Getty

Seit Ende Februar ist Theo Schneider neuer Trainer bei Rot-Weiß Oberhausen und wartet mit seinem abstiegsbedrohten Verein noch auf einen Sieg. Im Interview spricht der ehemalige Nachwuchscoach von Borussia Dortmund über seine Arbeit beim BVB, die neue Aufgabe in Oberhausen, und erklärt, was mit RWO im Abstiegsfall passiert.

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SPOX: Herr Schneider, wie kam es eigentlich, dass Sie bisher fast ausschließlich im Nachwuchsbereich trainierten?

Theo Schneider: Meine ersten Sporen habe ich bei Arminia Bielefeld verdient. Damals habe ich mich als Spieler schwer verletzt und bin daraufhin in der Rückrunde Trainer geworden. Wir kämpften um die Qualifikation zur neu eingeführten Regionalliga. Danach war ich zwei Jahre Trainer der Hammer Spielvereinigung in der Oberliga. Als Michael Skibbe in Dortmund Trainer wurde, ist die Stelle dort freigeworden. Man hat beim BVB jemanden gesucht, der mit jungen Leuten umgehen kann. Ich blieb zwölf Jahre bei der Borussia.

SPOX: Auf was muss man als Nachwuchscoach abseits des Platzes besonders achten?

Schneider: Das ist vielschichtig. Wichtig ist, den Jungs zu vermitteln, dass das Leben auch außerhalb des Platzes weitergeht. Die wenigsten schaffen den Sprung, langfristig mit Fußball Geld zu verdienen. Ich habe immer großen Wert darauf gelegt, dass die Spieler auch die Schule oder Ausbildung in den Vordergrund stellen.

SPOX: Wie beurteilen Sie in dieser Frage die Diskussion um Schalkes Julian Draxler?

Schneider: Das ist man sicherlich den falschen Weg gegangen. Man muss Wege finden, die Schulausbildung parallel laufen zu lassen. Jede Schule ist kooperativ, eine Lösung für den sportlichen Übergang zu finden.

SPOX: Wie schwierig war es für Sie als Trainer in der Planung und Konzeption, mit dem jedes Jahr veränderten Kader im Nachwuchsbereich umzugehen?

Schneider: Man muss sehr viel improvisieren. Spätestens nach zwei oder drei Jahren musste man die Mannschaft wieder neu zusammenstellen. Als wir mit dem BVB in die 3. Liga aufgestiegen sind, haben wir einen großen Umbruch einläuten müssen. Wir mussten sieben, acht Spieler mit Nachwuchsleuten ersetzen. Das ist ein schmaler Grat.

SPOX: Klingt nicht ideal.

Schneider: Das ist eben das Los des Trainers der zweiten Mannschaft. Umso schöner ist es, wenn man den Kader der Profimannschaft häufig mit Spielern der Reserve besetzen kann. In den letzten fünf, sechs Jahren sind in Dortmund permanent Spieler in den Fokus der Profis gerückt. Der Verein konnte in gewissen Notsituationen immer auf die Reserve zurückgreifen. Es macht einen stolz, wenn man die Spieler so weit gebracht hat.

SPOX: Wie oft haben Sie sich generell mit Jürgen Klopp abgestimmt und ausgetauscht?

Schneider: Wir hatten kurze Wege und sind uns jeden Tag über den Weg gelaufen, auch weil wir zeitgleich trainiert haben. Jürgen ist auch oft zu mir in die Kabine gekommen und wir haben uns ausgetauscht. Wir hatten eine enge Beziehung und einen regen Austausch. Jürgen ist ja sehr umgänglich. (lacht)

SPOX: Hatten Sie zu dieser Zeit auch schon Angebote aus dem Seniorenbereich?

Schneider: Es gab immer wieder mal Anfragen. Der Zeitpunkt passte aber nie so wirklich. Der war jetzt erst gekommen.

SPOX: Wie überraschend kam das Angebot aus Oberhauen für Sie?

Schneider: Das kam über Nacht. Es gab nur wenig Zeit, alles abzuwägen. Mein Vertrag in Dortmund wäre im Sommer ausgelaufen. Hätte ich dort noch einmal einen Vertrag unterschrieben - mein letzter ging über fünf Jahre - wäre es schwer geworden, im Seniorenbereich noch einmal Fuß zu fassen. Daher war für mich klar, dass ich entweder noch einmal wechsle oder ich 'beende' meine Karriere im Nachwuchsbereich. Letztlich hat mich die Herausforderung gereizt, noch einmal etwas anderes zu machen.

SPOX: Was hat sich für Sie persönlich an Ihrer Arbeit bei RWO geändert?

Schneider: Die Arbeit ist sehr viel umfangreicher. Ich bin hier von morgens bis abends eingespannt. In Dortmund wurden einem viele organisatorische Dinge abgenommen. Hier habe ich einen vollen Terminkalender.

SPOX: Sie stehen als Zweitligatrainer nun deutlich mehr im Fokus der Öffentlichkeit. Inwiefern ist es ein Risiko für Ihre weitere Karriere, eine Mannschaft im Abstiegskampf zu übernehmen?

Schneider: Mir war im Vorfeld klar, dass die Aufgabe mit einem großen, aber kalkulierbaren Risiko verbunden ist. Ich habe eine sehr schwierige Aufgabe übernommen. Als ich kam, hatte die Mannschaft nur zwei Siege aus den letzten 17 Spielen eingefahren. Zaubern kann man da auch nicht.

SPOX: Sie haben fünf Spieltage vor Schluss fünf Punkte Rückstand auf einen Nichtabstiegsplatz. Was stimmt Sie noch zuversichtlich?

Schneider: Uns fehlt im Moment nur das Ergebnis. Wenn wir in Bielefeld gewinnen, kann sich auf einen Schlag vieles verändern.

SPOX: Neben den sportlichen Aufgaben geht es zu diesem Zeitpunkt der Saison auch um die Planung für die kommenden Spielzeit.

Schneider: Wir müssen zweigleisig planen. Wir stricken an der Mannschaft für die Zukunft. Wenn wir die Klasse halten, wird das alles sehr viel einfacher. Wir haben nur einen Spieler mit einem laufenden Vertrag für die 3. Liga. Das bedeutet, dass alle anderen Verträge auslaufen. In der 3. Liga würden wir einen völligen Neuaufbau starten und eine neue Mannschaft bilden müssen.

SPOX: Was passiert, wenn RWO absteigt?

Schneider: Ich habe einen Zweieinhalbjahresvertrag unterschrieben, der auch für die 3. Liga gilt. Das Interesse des Vereins lag auch darin, einen Trainer zu holen, der nicht nur als Feuerwehrmann kommt, sondern auch im Falle des Abstiegs etwas aufbauen kann. Diese Perspektive war für mich sehr interessant.

Theo Schneider im Steckbrief

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