WM

Antic: "Probleme löst man nicht mit Tränen"

SID
Radomir Antic muss mit Serbien gegen Deutschland gewinnen
© Getty

Er ist der Heilige am Spielfeldrand, der Fußball-Gott der Serben - und soll gegen Deutschland zum Messias werden.

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Trainer Radomir Antic will den Weißen Adlern am Freitag in Port Elizabeth (Fr. 13.15 Uhr im LIVE-TICKERund auf SKY) und auf Flügel verleihen und die serbische Nationalmannschaft im Spiel um alles oder nichts gegen die DFB-Elf zum Sieg führen. Ein ganzes Land hofft auf den 61-Jährigen.

"Ich weiß, was von mir erwartet wird. Es wird ein historisches Spiel. Die Deutschen haben mir gegen Australien sehr imponiert, sie haben in allen Phasen Autorität und Qualität gezeigt. Jetzt ist es aber an mir, die Moral meiner Mannschaft wiederherzustellen und sie bereit zu machen für diese große Aufgabe", sagt der Coach. Und in Serbien zweifelt niemand daran, dass ihm das auch gelingen wird.

Antic ist der unumstrittene Chef-Adler, eine im ganzen Land respektierte Autorität. "Er ist für die Serben ein Gott, sein Wort Gesetz. Er bestimmt - und wir gehorchen", sagt der Dortmunder Neven Subotic, der gegen Deutschland für den gesperrten Aleksandar Lukovic verteidigen wird. Auch der Ex-Berliner Marko Pantelic betont: "Antic führt uns, keiner muckt auf. Für die Fans ist er ein Heiliger."

"Er hat ein neues Klima geschaffen"

Für Antic ist die knifflige Lage nicht neu. Als er Serbien 2008 übernahm, gab es gar noch größere Probleme. Bei der WM 2006 war das Team im Verbund mit Montenegro als schlechtestes Team der Endrunde gescheitert, für die EM 2008 war Serbien gar nicht qualifiziert.

"Unsere ganze Identität war infrage gestellt, der Verbandspräsident zur Fahndung ausgeschrieben, es gab Ärger um Transfers, viele junge Spieler waren verbrannt, die Stimmung schlecht", sagt Antic.

Das Fußball-Volk rief nach einem Heilsbringer - Antic erhörte es. "Probleme löst man nicht mit Tränen", sagt er über sein Rezept, und meint: Sondern mit harter Arbeit.

Auf dem Trainingsplatz und mit stundenlangen Videositzungen hat er seiner Elf nach dem Vorbild der nimmermüden Pässespieler aus Spanien eine neue Spielidee vermittelt, vor allem aber die Mentalität verändert. "Er hat ein neues Klima geschaffen. Früher ging es um Party, heute um Siege", sagt Pantelic.

Antic ist ein Fußball-Freak

Schon der Spieler Antic wurde verehrt. In der Türkei wird er noch heute auf ein Tor von 1977 für Fenerbahce angesprochen - Antic hat es per Kopf erzielt, mit einer Schädelfraktur.

Er hat in England und Serbien gearbeitet, die meiste Zeit aber in Spanien. Antic ist der einzige Coach, der Real und Atletico Madrid und den FC Barcelona trainert hat, mit Atletico gewann er 1996 das Double. Dabei kam er erst zum Fußball, weil er für Basketball zu klein war.

Antic ist ein Fußball-Freak. "In meinem Wohnzimmer stehen drei Laptops und zwei TV-Bildschirme. Ein Wochenende, an dem ich nicht 20 Spiele sehe, ist ein verlorenes Wochenende", sagt er.

Großer Respekt vor Deutschland

Seine Spieler verehren ihn, weil er sie besser macht. "Alle erreichten unter mir ihre beste Leistung. Ich habe viele Söhne in der Welt", sagt Antic.

In Südafrika hat er nun 23 seiner "Söhne" dabei, elf bis 14 von ihnen sollen Deutschland bezwingen. Antic hat großen Respekt.

"Die Deutschen haben einen Vorteil: die Mentalität. Sie wissen, wie man eine WM spielt. Deswegen kommen sie immer ins Halbfinale. Wer ihnen Prestige abspricht, ist von vornherein im Nachteil", sagt er. Doch Antic wäre nicht Antic, wenn er nicht hinzufügte: "Trotz allem: Wir fühlen uns nicht unterlegen." Wie könnte er auch. Er, der Gott.

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