"Bayern hat ihn ständig angegraben"

Von Interview: Daniel Börlein
Savio Nsereko (M.) im Duell mit Sagna und Diaby vom FC Arsenal
© Getty
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SPOX: Bei den Löwen spielte Savio auch mit Timo Gebhart und den Bender-Zwillingen zusammen. Wo lag er da im Vergleich?

Tanner: Dadurch dass Savio immer vorne drin gespielt hat und immer torgefährlich war, war er schon die schillernde Figur der Mannschaft und entsprechend auffälliger. Er war, denke ich, einen Tick weiter als Timo Gebhart, einfach weil er auch schon länger im Verein war und mehr miterlebt hatte.

SPOX: Schon früher im Mittelpunkt, jetzt durch seinen Millionenwechsel nicht weniger. Wie geht er damit um?

Tanner: Bei dem ganzen Rummel ist es für einen 19-Jährigen fast unmöglich am Boden zu bleiben. Aber er ist relativ bodenständig geblieben. Er schaut immer mal wieder bei uns vorbei und hat noch Kontakt mit Trainern, Spielern und den Leuten im Verein. Er weiß schon, wo seine Wurzeln liegen.

SPOX: Warum ging er denn eigentlich ausgerechnet nach Italien und beispielsweise nicht zu einem anderen deutschen Klub?

Tanner: Das war eine ganz besondere Konstellation. Es wollten ihn ja viele deutsche Vereine. Unser großer Nachbar hat ihn ständig angegraben. Italien war dann eher ein glücklicher Zufall. Es war offensichtlich ein Freund der Familie, der den Kontakt zu Brescia hergestellt hat. Natürlich war es auch eine finanzielle Geschichte. Die haben ihm das geboten, was wir ihm nicht bieten konnten.

SPOX: Mit 16 Jahren nach Italien, ein beachtlicher Schritt in diesem Alter.

Tanner: Er hat sich am Anfang sehr schwer getan. Das haben wir mitbekommen.

SPOX: Wo lagen die Probleme?

Tanner: Es war viel Geld im Spiel, dadurch stand er unter Druck. Die Italiener gehen mit Spielern nicht so um wie wir. Da wird man nicht immer umsorgt und es wird auch nicht für alles Verständnis gezeigt. In Italien brauchst du nicht irgendwelche Fragen zu stellen. Das ist eine andere Kultur und Mentalität.

SPOX: Wusste man das nicht vorher?

Tanner: Vielleicht, ja. Ich glaube aber, dass diese Schwierigkeiten ganz gut für ihn waren. Der Schritt war in seinem Fall gut, denn sonst wäre es bei ihm möglicherweise auch anders ausgegangen.

SPOX: Inwiefern?

Tanner: Da mag ich eigentlich gar nichts mehr zu sagen, das ist doch alles längst abgehakt. Ich glaube eben, dass es für ihn persönlich einfach der beste Schritt war, nach Italien zu gehen. Dort hat er gesehen, dass es auch anders geht. Er war dort gezwungen, sich nur auf den Fußball zu konzentrieren. Und das war für ihn zu diesem Zeitpunkt das Richtige. Er hatte dort nicht diese Verlockungen.

SPOX: Nsereko ist nicht das einzige Löwen-Talent, das den Sprung in den Profi-Fußball geschafft hat. Gibt's ein Geheimnis?

Tanner: Darüber rede ich natürlich nicht so gerne (lacht). Wir sind in allen Richtungen aufgestellt. Wir haben eine klare Philosophie, ein klares Konzept. Wir lassen uns durch nichts vom Weg abbringen.

SPOX: Konkreter?

Tanner: Wir versuchen auf dem Boden zu bleiben. Das versuchen wir auch unseren Spielern ständig zu vermitteln. Da gehören die normalen Normen und Werte dazu, die man in der Gesellschaft heutzutage gerne mal vergisst. Nach meiner Erfahrung ist es wichtiger, dass die jungen Spieler Werte kennenlernen, an denen sie sich orientieren können und die ihnen Halt geben, als dass sie die eine oder andere taktische Konzeption kennen.

SPOX: Wo stehen die Löwen in Sachen Jugendarbeit in Deutschland?

Tanner: Wir sind sicher ganz gut dabei. In Deutschland unter den ersten fünf, sechs. Dabei haben wir es nicht so leicht wie andere Bundesliga-Klubs, die Regionen quasi für sich alleine haben. Wir müssen uns immer erst mit den Bayern rumschlagen, die mittlerweile ja jeden angraben, der einigermaßen den Ball trifft. Wir sagen mittlerweile: Wer gehen will, der soll gehen. Aber er braucht dann auch nicht wiederzukommen.

Spiele und Tore: Savio Nserekos Bilanz