Smalltalk mit Rooney und Ronaldo

Von Interview: Carsten Germann
Zieler, Ron-Robert, ManU
© Getty

München / Manchester - Am Anfang stand der Ruf nach Captain Kirk. Kurz nach seinem Wechsel zu Manchester United beantwortete Ron-Robert Zieler die Frage, was er sich auf der Insel am meisten wünsche, mit viel Sinn für Science-Fiction.

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"Manchmal bräuchte ich einen Beamer wie ihn Captain Kirk besitzt, um noch schneller von Manchester nach Köln fliegen zu können", so der deutsche Juniorennationalspieler.

Seit Sommer 2005 hat sich für Zieler so einiges geändert, auch ohne Beamer. Der 19-Jährige Torhüter der Reserve von Manchester United hat sich im Nordosten Englands eingelebt, genießt die Gänsehaut-Atmosphäre in den englischen Stadien und verfolgt längst seine eigene ehrgeizige Mission: Zieler will die Nummer Eins bei den Red Devils werden.

Vorschusslorbeeren bekommt er allemal. ManU-Coach Sir Alex Ferguson sieht Zieler als "einen Spieler von außergewöhnlicher Qualität und den besten Torhüter seiner Altersklasse." Sir Alex gab ihm zudem bereits mit 16 den ersten Profi-Vertrag und berief ihn als dritten Keeper schon in den Champions-League-Kader.

Im Interview mit SPOX.com spricht Zieler über englische Gastfreundschaft, Schuhe putzende Nachwuchsspieler und über die Witze von Ferguson.

SPOX: Ron-Robert, in der vergangenen Woche waren Sie hautnah dabei, als im Old Trafford beim Derby gegen Manchester City an die acht im Jahr 1958 bei einem Flugzeugabsturz verstorbenen Spieler von ManU gedacht wurde. Haben Sie immer noch Gänsehaut?

Ron-Robert Zieler: Das war sehr bewegend. Bei der Gedenkminute war es im Stadion mucksmäuschenstill. Jeder von uns Nachwuchsspielern hat einen der rot-weißen Schals bekommen, die später auch von den United-Fans hochgehalten wurden. Die Stille und die Anteilnahme der Fans, die viele Blumengebinde, Souvenirs und Trikots vor dem Old Trafford abgelegt hatten, waren wirklich beeindruckend.

SPOX: Sie wissen also um den Stellenwert, die das Team von 1958, die sogenannten Busby Babes, bis heute in Manchester haben?

Zieler: Natürlich. Darüber muss jeder bei United Bescheid wissen. Die Red Devils gewannen ab 1953 die ersten fünf Austragungen des FA-Jugendpokals und haben damit den guten Ruf von Uniteds Jugendabteilung begründet.

SPOX: Trotz dieser hervorragenden Jugendarbeit konnte sich in den letzten 20 Jahren kein Nachwuchstorwart bei ManU durchsetzen.

Zieler: Das wusste ich nicht, aber das heißt ja nicht, dass man das nicht schaffen kann. Von daher hoffe ich, dass ich der Erste sein werde. Aber ich weiß natürlich auch, dass ich noch hart arbeiten muss.

SPOX: Glauben Sie daran, Tomasz Kuszczak oder gar Edwin van der Sar zu beerben?

Zieler: Dazu ist es noch zu früh. Edwin van der Sar ist einer der Top-Keeper in Europa, auch Tomasz hat eine Menge Erfahrung. Ich muss mich erst nach oben kämpfen, aber ich traue es mir zu, in die erste Mannschaft zu kommen. Deshalb bin ich nach Manchester gekommen. 

SPOX: Wie wurde Manchester United auf Sie aufmerksam?

Zieler: Ich habe bis 2005 in der Jugend des 1. FC Köln und in der Jugend-Nationalmannschaft gespielt. Scouts von ManU um Peter Brown haben mich über zwei Jahre beobachtet. Brown sagte irgendwann zu meinem Vater Raimunt (ehemaliger Zweitliga-Profi bei Rot-Weiß Oberhausen, Anm. d. Red.): "Dein Sohn gefällt mir" und bot mir ein Probetraining an. Da musste ich nicht lange überlegen. Die Chance, bei einem solchen Weltklasseverein zu spielen, kommt sehr selten.

SPOX: Sie haben im Büro von Sir Alex Ferguson Ihren ersten Profivertrag unterschrieben. Was war das für ein Gefühl?

Zieler: Das war etwas ganz Besonderes für mich. Ich war gerade 16 und plötzlich lief mir auf dem Trainingsgelände Ruud van Nistelrooy über den Weg. Nach dem Training gingen wir essen und dann hieß es plötzlich: "Der Manager will Dich sehen" und dann saß ich auch schon Sir Alex Ferguson gegenüber und habe bei ManU unterschrieben. Ich war ziemlich nervös, aber das werde ich nie im Leben vergessen.

SPOX: Ist Sir Alex Ferguson so knorrig wie ihn die Medien oft beschreiben?

Zieler: Sir Alex Ferguson hat für Manchester United unheimlich viel geleistet. Er ist eine absolute Respektsperson und lässt junge Spieler immer mittrainieren, fördert sie. Und wenn man oben steht, gehört eine gewisse Ernsthaftigkeit dazu. Aber das ist nicht alles. Ich kann versichern, dass er auch richtig gute Witze machen kann. Gerade bei uns jungen Spielern ist er oft gut drauf.

SPOX: Können Sie denn über diesen typisch britischen Humor lachen?

Zieler: Sagen wir mal so: Ich komme damit klar. Es hängt immer vom Akzent ab. Sir Alex Ferguson ist ja Schotte und es hat anfangs etwas gedauert, bis ich seine Witze verstehen konnte. Generell mag ich den schwarzen Humor hier sehr. 

SPOX: Sprechen Sie auch mit Leuten wie Cristiano Ronaldo oder Wayne Rooney, die ja nicht viel älter sind als Sie?

Zieler: Natürlich! Man sieht sich jeden Tag, grüßt sich, hält einen gepflegten Smalltalk. Bei Ronaldo ist es so, dass er ein sehr ruhiger Typ ist, der die meiste Zeit mit anderen portugiesischen Spielern verbringt.

SPOX: Kevin Wolze, ein deutscher Nachwuchsspieler von den Bolton Wanderers, hat erzählt, dass er bis zuletzt die Schuhe von Nicolas Anelka geputzt hat. Wem sind Sie unterstellt?

Zieler: Bei uns ist das anders, da machen das die Mitarbeiter des Betreuerstabes. Wir Jugendspieler müssen die Schuhe selbst putzen, die der Stars werden von den Betreuern gepflegt.

SPOX: Was war ihr bislang größtes Erlebnis in Manchester?

Zieler: Ganz klar: Das Finale im FA-Jugendpokal 2007. Wenn man diesen Pott gewinnt, kann man sich ein bisschen wie der englische Jugend-Meister fühlen. Beim Halbfinale gegen Arsenal im Emirates Stadium waren mehr als 38.000 Zuschauer mit dabei, das ist Rekord in diesem Wettbewerb. Im Finale haben wir dann an der Anfield Road in Liverpool vor 20.000 Fans gespielt, die Lärm für 30.000 gemacht haben. Da habe ich echt Gänsehaut bekommen. Das Rückspiel haben wir im Old Trafford vor einer noch größeren Kulisse leider im Elfmeterschießen gegen die Reds verloren. Aber diese Atmosphäre hat mich begeistert und ich möchte diese Stimmung noch öfters erleben.

SPOX: Im Sommer läuft Ihr Vertrag aus. Wie geht's weiter? Angeblich sind Hannover und Hoffenheim an Ihnen interessiert. Ist Deutschland eine Option?

Zieler: Die Bundesliga ist immer eine Option, wobei ich mir sehr gut vorstellen kann, in Manchester zu verlängern. Ich habe bereits mit Sir Alex Ferguson gesprochen. Er wird mir einen neuen Profi-Vertrag anbieten. Ich könnte mir aber auch vorstellen, in die Bundesliga zu kommen oder für ein Jahr von Manchester an einen anderen englischen Klub ausgeliehen zu werden. Aber mein primäres Ziel ist es, mich in die erste Mannschaft zu kämpfen.

SPOX: Zu guter Letzt: Wer wird Meister in der Premier League?

Zieler: Ich glaube, dass es Manchester United wieder packt.

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