"Fühlte sich an wie ein Lotterie-Gewinn"

Von David Helm
Thomas Dooley machte 81 Länderspiele für die USA
© getty
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SPOX: Zu Ihrer aktiven Zeit stoppten Sie als Verteidiger die gegnerischen Angreifer und bestritten insgesamt 81 Länderspiele für die US-Boys. Doch ursprünglich wollten Sie für den DFB auflaufen. Warum klappte das nicht?

Dooley: Als sich Guido Buchwald und Jürgen Kohler verletzten, sagten die Medien zu mir: 'Thomas, Du bist der beste Innenverteidiger in der Liga. Du musst einspringen.' Vor den Nominierungen wollte ich noch ein, zwei gute Spiele machen, um Vogts endgültig zu überzeugen. Doch ich habe mich insgesamt drei Mal vor einer möglichen Nominierung verletzt. Danach war ich dementsprechend enttäuscht. Mein Debüt für die USA habe ich auch meiner Frau zu verdanken.

SPOX: Inwiefern?

Dooley: Mir war klar, dass ich nie mehr für die Nationalmannschaft spielen kann, aber meine Frau wollte mich trösten und meinte, dass ich vielleicht nur nicht für die deutsche Nationalmannschaft spielen sollte. Im ersten Moment war ich nur verwundert: Für wen sonst? Spanien, Italien?

SPOX: Die US-Auswahl kam Ihnen nicht in den Sinn?

Dooley: Nein, ich hatte ja keine Beziehungen in die USA. Ich habe meinen Vater nie kennengelernt und mich deshalb auch nie weiter mit dem amerikanischen Fußball auseinandergesetzt. Aber dann kam unser Heimspiel gegen Köln.

SPOX: Was passierte da?

Dooley: Nach dem Spiel wurde ich einer Funktionärin vom amerikanischen Verband vorgestellt. Als sie von meinem amerikanischen Hintergrund erfuhr, fragte sie direkt, ob ich mir vorstellen könnte, für die USA zu spielen.

SPOX: Und da sagten Sie sofort zu?

Dooley: Logisch! Das war für mich die Möglichkeit, bei der WM zu spielen. Das fühlte sich an wie ein Sechser im Lotto.

SPOX: Dabei hatten Sie anfangs sogar noch Kommunikationsprobleme.

Dooley: Ja, in der Schule hatte ich kein Englisch, weil im Saarland Französisch die erste Fremdsprache war. Außerdem musste ich wie ein Verrückter von Behörde zu Behörde rennen und nach meinen Papieren fragen. Da habe ich erfahren, dass ich meine amerikanische Staatsbürgerschaft nie abgelegt habe. Ich war in Amerika eine Karteileiche, weil ich keinen Ausweis beantragt hatte.

SPOX: War es ein komisches Gefühl, ohne Verbindung für die USA aufzulaufen?

Dooley: Überhaupt nicht, weil ich immer verfolgt habe, was in dem Land sportlich passiert. Obwohl ich nie da war, habe ich im Herzen etwas gespürt und wollte das Land immer besuchen. Mit der Einladung zur Nationalmannschaft habe ich das endlich geschafft.

SPOX: Später führten Sie die Auswahl sogar als Kapitän an. Wie haben die Fans darauf reagiert?

Dooley: Das war nie ein Problem. Ich hatte zu dem Zeitpunkt schon vier Jahre für die USA gespielt. Mein Englisch wurde immer besser und für die Leute war ich einer von ihnen. Ich habe ja auch amerikanisches Blut in mir.

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