Der Zar und die Ballerina

Von Christian Bernhard
em 2008, russland, team
© Getty

München - Hand aufs Herz: Wer hätte vor dem Turnier einen Pfifferling auf Russland als Europameister gewettet?

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Zweieinhalb Wochen und vier Spiele später hat Guus Hiddinks Team mit seiner beeindruckenden Spielweise die komplette Fußball-Welt verzaubert und braucht nur noch einen Sieg gegen Spanien (20.30 Uhr im SPOX-TICKER), um ins fünfte EM-Finale der Verbandsgeschichte einzuziehen.

SPOX.com stellt die wichtigsten Spieler der Sbornaja vor.

  Igor Akinfeev (Tor)
 

Früh war klar, dass er ein Großer werden kann. Bereits mit 17 Jahren wurde er Stammkeeper von ZSKA Moskau, heute kann er mit seinen 22 Jahren bereits auf drei Meisterschaften und einen UEFA-Cup-Triumph zurückblicken. Eine weitere beeindruckende Statistik des Keepers gefällig? In 17 Pflichtspielen mit der Nationalmannschaft musste er erst einmal mehr als ein Gegentor hinnehmen. David Villas Hattrick in der Vorrunde verhagelte ihm die Bilanz. Heute wird es Akinfeev den Iberern wohl nicht so leicht machen.

 Sergei Ignaschewitsch (Abwehr)
 

Defensiv-Fixpunkt in der EM-Qualifikation: Der 28-Jährige bestritt zehn Spiele und erzielte sogar drei Tore. Bei der EM agierte er bisher eher unauffällig, für einen Innenverteidiger nicht unbedingt ein schlechtes Zeichen. Ignaschewitsch ist Akinfeevs Teamkollege bei ZSKA und hat bereits drei russische Meisterschaften und einen UEFA-Cup-Erfolg zu Buche stehen.  

  Denis Kolodin (Abwehr)
  

Der 26-Jährige war vor der EM wohl den wenigsten ein Begriff. Wie auch, hat er doch noch kein Europacup-Spiel absolviert. Spätestens seit den fulminanten Weitschüssen gegen die Niederlande sollte Kolodin den meisten Fußballfans aber ein Begriff sein. Seine Torgefährlichkeit (Kolodin war in der abgelaufenen Saison mit neun Treffern erfolgreichster Dynamo-Torschütze) rührt daher, dass er seine Karriere als Stürmer begann.

  Alexander Anjukow (Abwehr)
  

Der erste der Zenit-Garde. Hiddinks erste Wahl auf der rechten Abwehrseite war bereits in Portugal 2004 dabei und bestreitet so seine zweite EM. Der 25-Jährige ist amtierender russischer Meister und UEFA-Cup-Sieger. Sein bisheriger SPOX-Notendurchschnitt bei der EM: 3,5.

  Juri Schirkow (Abwehr)
  

Neben Arschawin und Pawljutschenko der herausragende Spieler aus russischer Sicht. Die HSV-Fans können ein Lied davon singen: In der Champions-League-Saison 2006/2007 erzielte er ein denkwürdiges Tor gegen die Hamburger. Gewann mit ZSKA Moskau zwei Meisterschaften und den UEFA-Cup 2005. Der 24-Jährige lebt für den Fußball, seine Frau Inn kann das wohl am besten bestätigen: Ihre Hochzeit fand im Vorbereitungs-Trainingslager zur EM in der Türkei statt. 

  Dmitri Torbinski (Mittelfeld)
  

Der ehemalige Futsal-Spieler lief bereits mit 18 Jahren für Spartak Moskau in der Champions League auf. Der vielseitige Mittelfeldspieler spielt mittlerweile beim Lokalrivalen Lokomotiv und ist in seiner Heimat wegen seines Temperaments bekannt. Gegen die Niederlande bestätigte er dieses Vorurteil: Torbinski holte sich seine zweite gelbe Karte und ist damit gegen Spanien gesperrt.

  Sergei Semak (Mittelfeld)
  

Kapitän und ältester Spieler der Russen. Der 32-Jährige erlebt mit Rubin Kazan (souveräner Tabellenführer in Russland) gerade seinen zweiten Frühling. 2004 zerlegte er Paris Saint-German in der Champions League  mit drei Toren im Alleingang - und wurde daraufhin von den Franzosen verpflichtet. Das Frankreich-Abenteuer dauerte aber nur ein Jahr. Für SPOX-Kolumnist Alex Hleb ist Semak eine entscheidende Figur in Hiddinks Team: "Sergei spult im Mittelfeld ein Riesenpensum ab. Er ist sehr wichtig für die Mannschaft".

  Dinijar Biljaletdinow (Mittelfeld)
  

Ist trotz seines jungen Alters (23) bereits ein Führungsspieler. Mit 22 Jahren wurde er Kapitän bei Lokomotiv Moskau und trainiert nebenbei das Reserve-Team seines Klubs. Biljaletdinow wurde in seiner ersten Profi-Saison auf Anhieb Meister und hat seine Stärken besonders im Spiel nach vorne.

  Konstantin Syrjanow (Mittelfeld)
   Russlands Fußballer des Jahres 2007 ist ein klassischer Spätstarter. Der 30-Jährige schaffte erst vergangenes Jahr den Sprung in die Nationalmannschaft und hatte mit einem Tor im Finale maßgeblichen Anteil am UEFA-Cup-Erfolg von Zenit. Abseits des Fußballplatzes wurde Syrjanow hart vom Schicksal getroffen: 2002 verlor er seine Frau und seine Tochter.
  Igor Semschow (Mittelfeld)
  

Die Arbeitsbiene im russischen Mittelfeld ist ein echter Moskauer Junge: Semschow schnürte dort bereits für ZSKA, Torpedo und Dynamo die Fußballschuhe. Hiddink setzte ihn zu Beginn seiner Amtszeit als Mittelfeld-Abräumer ein, in den letzten Spielen übernahm er aber wie schon bei Dynamo vermehrt die Spielmacherrolle. Wartet immer noch auf sein erstes Länderspieltor.

  Ivan Saenko (Sturm)
  

Einziger Auslandsprofi der Russen. Der ehemalige Kapitän der U-21-Nationalmannschaft debütierte bereits mit 17 in der russischen Elite-Liga und kam dann zum Karlsruher SC. Seit 2005 geht der quirlige Außenstürmer für den 1. FC Nürnberg auf Torjagd. Vergangene Saison aber mit mäßigem Erfolg: Saenko traf in der Bundesliga nur einmal und der Club stieg ab. 

  Andrei Arschawin (Sturm)
  

Zinedine Zidane hat er bereits begeistert, jetzt jagen ihn Arsenal, Manchester United, Chelsea, Liverpool, Barcelona, Milan und Inter: Der "Golden Boy" des russischen Fußballs verzauberte bei der EM die komplette Fußballwelt und das, obwohl er erst zwei Spiele machte. Mit 2,4 Millionen Euro ist St. Petersburgs Fußball-Zar der Topverdiener in Russland; Bayern und Leverkusen spürten am eigenen Leib, wieso er soviel verdient. "Er bringt den Funken der Magie zum Leuchten", sagt Andy Roxburgh, Technischer Direktor der UEFA, über den SOS-Kinderdorf-Botschafter.

  Roman Pawljutschenko (Sturm)
  

Seit seinen zwei Treffern in der EM-Qualifikation gegen England ist der Stürmer ein russischer Nationalheld. Nach dem Doppelpack lächelte Pawljutschenko von allen russischen Magazin-Seiten, der Ruhm war ihm zu Kopf gestiegen. Hiddink holte ihn aber wieder auf den Teppich zurück. Früher wurde der 26-Jährige aufgrund seiner ballettähnlichen Bewegungen als "Ballerina" verspottet, heute beeindruckt er sogar Bernd Schuster. "Der lange Blonde hat mir sehr gut gefallen", sagte der Real-Trainer nach Russlands Vorrunden-Sieg gegen Schweden.