Ein Fest der Emotionen

SID
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© Getty

Wien - Der Fußball lebt - und wie! Mit einem Mega-Fest der Emotionen ist in Österreich und der Schweiz zwei Jahre nach dem deutschen Sommermärchen ein neues Kapitel der Leidenschaften geschrieben worden.

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Wenn auch etwas kleiner im Format als die WM 2006, begeisterte das sportliche Sommer-Highlight die Menschen in den Alpenländern und besonders auch wieder in Deutschland. Millionen feierten in Stadien, Fanmeilen und auf den Straßen.

"Der Geist des Turniers war ausgezeichnet. Sie sehen mich lächeln", sagte UEFA-Präsident Michel Platini. "Es war ein völkerverbindendes Fest der Extraklasse", bilanzierte der Schweizer Bundesrat Samuel Schmid.

Renaissance des Offensivspiels

Tempo, Tore und Teamgedanken bestimmten die meist offensiv gestalteten 30 Spiele bis zur Final-Fiesta zwischen Deutschland und Spanien am Sonntag in Wien. Entsprechend enthusiastisch fielen die Bilanzen nach der 13. Auflage des weltweit beachteten Kontinentalturniers aus. In wahre Jubelarien verfielen die nach 23 Turniertagen erleichterten Gastgeber. "Die EM war ein Glück für Österreich und die Schweiz, viele Hoffnungen sind in Erfüllung gegangen. Es ist zu einem Fest der europäischen Integration geworden", sagte Österreichs Bundeskanzler Alfred Gusenbauer.

UEFA-Chef Platini hob nach dem ersten Turnier unter seiner Regie besonders die Renaissance des Offensivspiels hervor. "Die defensiv orientierten Partien gehören der Vergangenheit an. Mit allen erlaubten Mitteln wird versucht, die Oberhand über den Gegner zu gewinnen, der in den meisten Fällen das gleiche Ziel verfolgt", sagte der 53-Jährige.

76 EM-Tore bis zum Finale stellten exakt die Quote vom allseits ebenso gelobten Turnier vor vier Jahren in Portugal ein. Der Mut zum mutigen Spiel zog nicht nur den einstigen Weltstar Platini in den Bann. Auch Franz Beckenbauer zeigte sich zufrieden: "Es waren gute bis sehr gute Spiele", sagte der Kaiser.

Last-Minute-Helden und Steinzeit-Aktivisten

Die Unparteiischen waren mit dem Verlauf des insgesamt fairen Turnier ebenfalls zufrieden. "Im Mittelpunkt stand ganz klar das Motto Respekt. Der Respekt der Spieler untereinander, aber auch gegenüber den Schiedsrichtern", sagte der deutsche Referee Herbert Fandel im DSF.

Zu Turnier-Enttäuschungen wurden Aktivisten des destruktiven Steinzeit-Fußballs wie Titelverteidiger Griechenland. Wenig Esprit versprühten auch die früh gescheiterten WM-Super-Teams aus Italien und Frankreich. Dagegen sorgten Außenseiter wie die Last-Minute-Helden der Türkei oder Russlands neue "Fußball-Raketen" für die positiven Knalleffekte der EM.

Und die Deutschen erstaunten mal wieder den ganzen Kontinent. Trotz einer sportlichen Achterbahnfahrt gelang der Weg ins Finale. "So sind sie eben, die Deutschen", sagte nicht nur Russlands niederländischer Coach Guus Hiddink.

Doppel-Scheitern der Gastgeber

Erstmals schieden beide Gastgeber schon in der Vorrunde aus. Das Doppel-Scheitern verpasste der Stimmung der Schweizer und Österreich sicherlich einen Dämpfer, dafür wurde die paneuropäische Note noch mehr betont. Mehr als vier Millionen Menschen wurden in den Fanmeilen der acht Turnierstädte gezählt. Auch dort wurde fast ausnahmslos harmonisch gefeiert.

"Es war eine friedliche Massenveranstaltung. So ein bisschen Sommermärchen hatten wir auch in Österreich und der Schweiz", sagte der österreichische Verbandspräsident Friedrich Stickler. Beide Gastgeberländer hatten im Sicherheitssektor große Anstrengungen unternommen. "Wir haben viel in die Sicherheit investiert, das Resultat zeigt, dass diese Investitionen gerechtfertigt waren", sagte Bundesrat Schmid.

Wäre doch nur das Wetter besser gewesen. "Wir nehmen einen täglichen Regentanz in unser Programm auf", scherzte UEFA-Sprecher William Gaillard zur Turnier-Halbzeit. Tatsächlich war die Wasserflut von oben zwar nicht für jedes Turnier-Missgeschick verantwortlich, aber dennoch irgendwie fast an allen Pannen beteiligt.

UEFA sahnt ab

Die Regenschlacht in Basel zwischen der Schweiz und der Türkei erzwang die Verlegung eines komplett neuen Rasens. Ein Wiener Gewitter legte das EM-Stromnetz lahm und sorgte für peinliche und für die UEFA eventuell auch teure Bild-Pausen beim deutsch-türkischen Halbfinale. Als EM-Verlierer fühlen sich die Geschäftsleute in den Gastgeberländern. Genaue Umsatzzahlen stehen noch aus, doch gerade in der Gastronomie hatte man sich offenbar höhere Gewinne erhofft.

Für die UEFA wurde das zweite Turnier in zwei Gastgeberländern dagegen zu einer lukrativen Veranstaltung. Erstmals überschritt der Gesamtumsatz die Milliarden-Euro-Grenze.

Am Ende wird nach der Zahlung von 450 Millionen Euro an die Verbände ein Reingewinn von rund 250 Millionen Euro stehen, die der Kontinentalverband überwiegend in den Jugend- und Frauenfußball sowie die Schiedsrichter- und Trainerausbildung investieren will.

Warnung für Polen und Ukraine

Ein Ende der EM-Wachstumsphase ist noch nicht in Sicht. Von 2016 an wird das Turnier wohl mit 24 Mannschaften über die Bühne gehen. Der entsprechende Beschluss soll beim Treffen der UEFA-Exekutive Ende September in Bordeaux getroffen werden. Der Blick zum nächsten Großturnier im Jahr 2012 ist aber von Sorgen geprägt.

Die Gastgeber Polen und die Ukraine bekamen von Platini eine letzte Warnung. Sollten die gravierenden Organisationsprobleme nicht umgehend gelöst werden, wird im September ein neuer Ausrichter des kommenden kontinentalen Sommermärchens bestimmt werden.

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