Legende mal anders

Von SPOX
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© Imago

München - Schweiz - Tschechien. Schwach. Österreich - Kroatien. Sehr schwach. Rumänien - Frankreich. Schon vergessen. Schweden - Griechenland. Fast unerträglich.

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Die EM 2008 lief etwas schleppend an, von wenigen guten Auftritten (Deutschland) bis sehr guten (Niederlande und Spanien) mal abgesehen. Das erste emotionale Highlight stand noch aus - bis Mittwochabend.

Im Basler St. Jakob-Park pushten sich Schweizer und Türken gegenseitig in einem harten, aber fairen sportlichen Wettkampf, der so gar nichts mit der Katakomben-Schlägerei vom November 2005 gemeinsam hatte.

Die Schweiz verlor 1:2, weil Patrick Müller in der Nachspielzeit Ardas Schuss ins eigene Tor abfälschte. Das dramatische Ende eines denkwürdigen Spiels. Für die Schweiz ist das Turnier bereits vor dem letzten Gruppenspiel gegen Portugal vorbei, die Türkei kämpft gegen Tschechien um den Einzug ins Viertelfinale. Soweit die Fakten. 

Verzicht auf üble Fouls

Die Schweiz trägt Trauer, doch sie hat ihrem eigenen Turnier einen großen Dienst erwiesen. Es hat am Mittwoch nämlich erst so richtig begonnen.
94 Minuten lang rannten die Gastgeber mit nicht minder motivierten Türken bei extremen Bedingungen um die Wette.

Ende der ersten Halbzeit war der Platz nach heftigen Regenfällen nahezu unbespielbar, was beide Mannschaften aber nicht davon abhalten konnte, zwei hübsch heraus gespielte Tore (Yakins 1:0 für die Schweiz und Sentürks Ausgleich) zu erzielen.

Fernab jeglicher taktischer Vorgaben stürmten beide Teams mit offenem Visier, spielten sich Chancen heraus und verzichteten auf üble Fouls. Türkeis viel gescholtener Torhüter Volkan machte das Spiel seines Lebens, in der 80. Minute vereitelte er Yakins zweiten Treffer mit einem glänzenden Reflex auf der Linie.

"Das war wie ein Endspiel. Unglaublich. Wir hatten zuletzt viele Endspiele, anscheinend brauchen wir den Druck. Wir hatten einen unbändigen Siegeswillen", sagte Hamit Altintop.

Ausschreitungen in der Schweiz 

Die Türken haben besonders in der zweiten Halbzeit beeindruckt. Sie haben ein verloren geglaubtes Spiel gegen den Gastgeber gedreht und sich dabei von 30.000 fantastischen Schweizer Fans nicht einschüchtern lassen.

Am Ende war das Glück auf türkischer Seite, aber die Mannschaft von Trainer Fatih Terim hat nicht unverdient gewonnen. "Ich kann meine Spieler gar nicht genug loben", sagte Terim.

Der Frust bei den Schweizer Spielern hielt sich in Grenzen. Man habe alles versucht, aber es habe eben leider nicht gereicht, lautete die meist verwendete Floskel. Die Fans verdauten den "bitteren Keulenschlag" (Neue Zürcher Zeitung) weniger gut. In mehreren Städten kam es in der Nacht zu teilweise heftigen Auseinandersetzungen zwischen Schweizer und türkischen Fans.

Wie mehrere Schweizer Zeitungen berichten, griffen aggressive Schweizer meist friedlich feiernde Türken an. Insgesamt wurden rund 100 Randalierer vorübergehend festgenommen. Das hässliche Ende eines legendären Fußballspiels.

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