"Kann den Spruch nicht mehr hören"

Arne Friedrich beendete seine Karriere in den USA bei Chicago Fire
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SPOX: Ihre Karriere in der Bundesliga endete nicht auf dem Höhepunkt, sondern eher im Verborgenen mit einer Vertragsauflösung beim VfL Wolfsburg. Hätten Sie sich einen anderen Abgang gewünscht?

Friedrich: So waren nun mal die Voraussetzungen. Ich habe mich entschieden, meinen Vertrag beim VfL Wolfsburg aufzulösen, weil ich Rückenprobleme hatte und keinen Sinn darin sah, noch weiterzuspielen. Klar hätte ich mir ein anderes Ende gewünscht, aber es folgte ja noch die Zeit in Amerika.

SPOX: Wie erging es Ihnen in Chicago mit den Rückenproblemen?

Friedrich: In der ersten Saison hatte ich mit den Rücken überhaupt keine Probleme. Deshalb habe ich auch nochmal einen neuen Vertrag unterschrieben. In der Vorbereitung auf die neue Saison habe ich aus dem Nichts meinen Rücken wieder gemerkt und habe dann entschieden meine Karriere zu beenden, weil ich kein Risiko eingehen wollte.

SPOX: Wie schlimm waren die Probleme?

Friedrich: Ich hatte über ein halbes Jahr richtig Probleme. Ich habe gemerkt, wie es ist, wenn man nicht mehr auf einem Stuhl sitzen kann. Ich konnte nur liegen, musste tagtäglich Schmerztabletten nehmen. Das war eine sehr schwere Zeit, weil ich nicht wusste, ob und wann es wieder besser wird. Ich wurde 2010 schon einmal operiert und hatte jetzt Angst vor einer weiteren Operation. Bei Bandscheibenproblemen gilt die Regel: Je mehr man operiert, desto schwieriger wird es, weil Narbengewebe entsteht. Es war eine Geduldsprobe.

SPOX: Wie geht es Ihnen jetzt?

Friedrich: Mir geht's - toi, toi, toi - wieder richtig gut. Ich hatte den besten Physiotherapeuten in Berlin, Thomas Sendewald, dem ich sehr viel zu verdanken habe. Der hat meinen Rücken wieder hingekriegt. Mittlerweile kann ich wieder Sport machen, ich spiele Tennis und sogar wieder Fußball.

SPOX: Im Moment begleiten Sie als Experte fürs chinesische Fernsehen die deutsche Nationalmannschaft bei der WM in Brasilien. Wie gefällt Ihnen Ihr neuer Job?

Friedrich: Es macht mir sehr viel Spaß, ein Turnier von der anderen Seite als Medienvertreter zu begleiten. Ich bin bei den Spielen vor Ort, beim Training, bei den Pressekonferenzen und führe Interviews. Auch wenn das im Gespräch mit Oliver Bierhoff erstmal ein komisches Gefühl war. Die Chinesen sind ein fußballverrücktes Volk und ich versuche ihnen den deutschen Fußball etwas näher zu bringen.

SPOX: Sie haben zuletzt aber auch den B-Trainer-Schein gemacht. Ist das ebenfalls eine Option für die Zukunft?

Friedrich: Auf jeden Fall. Gerade der Jugendfußball interessiert mich sehr und will im Oktober auch den A-Schein machen. Für mich ist es wichtig, erstmal verschiedene Sachen auszuprobieren, um zu sehen, was für mich am besten funktioniert und was mir am meisten Spaß macht. Nebenbei mache ich auch noch ein Fernstudium zum Personal Trainer.

SPOX: Das lässt der Rücken zu?

Friedrich: Das mach ich in erster Linie wegen des Rückens. Ich muss jeden Tag meine Übungen machen und der Körper und die Zusammenhänge haben mich schon zu meiner aktiven Zeit interessiert.

SPOX: Sie haben sich auch schon vor Ihrer Karriere als Fußballer breit aufgestellt und eine Ausbildung zum Industriekaufmann gemacht.

Friedrich: Man weiß nie, in welche Richtung es bei einer Sportlerkarriere geht. Durch eine Verletzung kann alles ganz schnell vorbei sein oder man schafft den ganz großen Sprung gar nicht. Ich bin für heutige Verhältnisse auch relativ spät Profi geworden, mit 21. Und meine Eltern hatten den Wunsch, dass ich eine Ausbildung mache. Das war auch immer mein Anspruch und ich habe es nie bereut.

SPOX: Sie sind einer der letzten Spieler gewesen, die nicht in einem Nachwuchsleistungszentrum ausgebildet worden sind. Waren Sie in der Nationalmannschaft ein Bindeglied zwischen den Generationen?

Friedrich: Ich bin dankbar, dass ich beide Generationen miterlebt habe. Die Generation um Oliver Kahn oder Didi Hamann war ein anderer Spielerschlag als jetzt vielleicht Götze oder Özil. Bei den Turnieren 2008 und 2010 gehörte es dann auch zu meinen Aufgaben, auf die Spieler zuzugehen und zu vermitteln. Das ist im Verbund auch sehr gut gelungen.

SPOX: Zu Ihrer Zeit kamen viele Spieler noch rein zufällig in den Profi-Fußball. Wie lief das bei Ihnen ab?

Friedrich: Meine Entdeckung hatte auch mit Glück zu tun. Ich habe mit Verl gegen Preußen Münster gespielt und Arminia Bielefeld hat eigentlich Christoph Metzelder beobachtet. Ich habe dann ein sehr gutes Spiel gemacht und Arminia hat sich für mich entschieden. So wurde mir das zumindest erzählt. Zuvor flog ich unter dem Radar. Ich bin in einem kleinen Dorf aufgewachsen, habe lange Zeit nicht für eine der U-Mannschaften gespielt. Nur in der U 21 habe ich fünf Spiele gemacht. Die Ausbildung heute ist schon toll. Ich musste zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein.

SPOX: Ihr Entdecker war Hermann Gerland. Haben Sie noch Kontakt zu ihm?

Friedrich: Leider ist der Kontakt ein bisschen abgebrochen. Als ich noch in der Bundesliga aktiv war und gegen Bayern gespielt habe, haben wir immer gesprochen. Hermann hat mich in Bielefeld immer ans Kopfballpendel geschickt. Er ist ein überragender Typ und ich bin froh, dass ich mit ihm zusammenarbeiten konnte und er mein Trainer war. Ich freue mich, dass er bei Bayern nochmal einige Titel eingefahren hat, auch die Champions League. Hermann ist der Größte.

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