Einzelkritik: Träsch und Aogo enttäuschen

Von Stefan Rommel
Enttäuschte deutsche Gesichter nach drei Gegentoren in der ersten Halbzeit gegen die Ukraine
© Getty

Die deutsche Nationalmannschaft hat sich im vorletzten Länderspiel des Jahres 3:3 (1:3) von der Ukraine getrennt. In Kiew holte die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw gegen den EM-Co-Gastgeber dabei einen Zwei-Tore-Rückstand zur Pause noch auf.

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Vor 69.720 Zuschauern im renovierten Olympia-Stadion erzielten Toni Kroos (38.), Simon Rolfes (65.) und Thomas Müller (77.) die Tore für die deutsche Mannschaft, die unter anderem ohne die Stammspieler Manuel Neuer, Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger und Miroslav Klose auskommen musste und in einem ungewohnten 3-4-2-1-System auflief.

Für die Ukrainer waren Andrij Jarmolenko (28.), Jewgen Konopljanka (36.) und Serhij Nazarenko (45.) erfolgreich.

Neben den Torschützen wussten auch Madrid-Legionär Sami Khedira und Debütant Ron-Robert Zieler zu überzeugen - auch wenn der Hannoveraner in der ersten Halbzeit drei Gegentore kassierte.

Enttäuschend verlief der Abend dagegen für die beiden Wackelkandidaten Christian Träsch und Dennis Aogo.

Ron-Robert Zieler: Der 50. Neuling unter Löw - und noch keiner hatte wohl unverschuldet einen schlimmeren Tag erwischt. Zieler wurde von den Gastgebern eiskalt erwischt, war bei allen drei Torschüssen in der ersten Halbzeit chancenlos. Kurz nach der Pause endlich mit einer "echten" Chance, sich auszuzeichnen: Er hielt Schewtschenkos Versuch aus kurzer Distanz bravourös. Auch danach gegen Nazarenko und kurz vor Schluss gegen Dedic mit starken Paraden, die das Remis retteten. Die unglücklich verlaufene erste Hälfte vermasselte ihm einen tollen Einstand. Note 3

Jerome Boateng: Gleich mal mit einem schlampigen Kopfball, der Schewtschenkos Chance ermöglichte. Danach aber besser und bemüht - bei den Gegentoren nach eigenen Standards natürlich auch mit aufgerückt. In der zweiten Halbzeit mit guten Akzenten in der Offensive, sein Umschalten in die Defensive war aber ausbaufähig. Note 3,5

Holger Badstuber: Der Bayer spielte einer Art Libero oder Quarterback, der in der Dreierkette die Kommandos gab. Beim 2:0 verlor er zwar die Orientierung - da war der Ball aber noch gut 90 Meter vom eigenen Tor entfernt. Eine unmittelbare Schuld trifft ihn nicht. Im Zweikampf nicht so robust und kompromisslos wie seine Nebenspieler. Note 4

Mats Hummels: Er kam mit der neuen Rolle gut zurecht, wie Badstuber immer wieder mit schneidenden Pässen durchs Mittelfeld, die die Kollegen in Szene setzten. Ohne Nebenspieler bei den ukrainischen Kontern aber zweimal auch auf verlorenem Posten. In der Offensive immerhin mit dem Assist zum 2:3. Note 3

Christian Träsch: Von den beiden Mittelfeldaußen hatte er den geruhsameren Job, weil er bei gegnerischem Ballbesitz nicht bis zurück in die Abwehrkette eilen musste. Träsch hielt konsequent seine Position - lediglich beim 2:0 stand er nach dem eigenen Eckball im Zentrum, konnte Torschütze Konopljanka aber nicht mehr ablaufen. Nach vorne kommt von Träsch auf der Position aber einfach zu wenig. Seine Flanken waren unpräzise, ihm fehlt der nötige Zug zum Tor und der Spielwitz, eine Situation auch mal listig zu lösen. Zur Pause war Schluss. Note 4,5

Sami Khedira: Enorm engagiert, mit großer Laufarbeit. War überall zu finden, war oft die Speerspitze beim Pressing, dann plötzlich wieder der klassische Sechser. Pech beim Kopfball an die Latte kurz vor der Pause. Wie verabredet war für ihn nach 45 Minuten Schluss. Note 2,5

Toni Kroos: Gutes Spiel vom Münchener. Gute Ideen, gutes Gespür für die Situation. Fußballerisch phasenweise überragend, wie bei seinem Pass auf Gomez vor dessen großer Chance und seinem Tor zum 1:2. Ab und an aber auch nicht zielstrebig genug und zu verspielt. In der zweiten Halbzeit nicht mehr ganz so auffällig. Note 2,5

Dennis Aogo: Für den Hamburger war es die große Chance, in Abwesenheit von Lahm auf der linken Seite auf sich aufmerksam zu machen - in einer Art Kombination aus Abwehr- und Mittelfeldspieler. Aogo kippte in der Rückwärtsbewegung in der ersten Hälfte gut ab und komplettierte damit die Viererkette. Aber: Nach vorne viel zu umständlich. Seine Flanken waren entweder schwach oder er verweigerte sie komplett. Beim 2:0 mit einem Blackout, als er sich überhaupt nicht auf den Ball(führenden) konzentrierte, sondern auf ein Abspiel spekulierte. Bei Nazarenkos Großchance nach der Pause rückte er gar nicht mehr ein, um den Schützen zu stören. Devic ließ er bei dessen Chance kurz vor dem Abpfiff einfach laufen. Wirkte von Minute zu Minute verunsicherter. Note 5,5

Mario Götze: Er bekam die meisten Freiheiten, schleppte die Bälle nicht so sehr wie die anderen drei zentralen Mittelfeldspieler. Dabei hatte er einige schöne Aktionen, was aber auffällt: Manchmal wäre das Einfache angebrachter in seinem Spiel. Götze wählt zu viele Schnörkel und vergisst dabei oft den schnöden Torabschluss oder die simple Flanke. Beim 1:0 im Zweikampf zu naiv. Note 3,5

Mesut Özil: Holte ungewohnt oft die Bälle tief in der eigenen Hälfte ab, zumal er eigentlich um die einzige Spitze Gomez schwirren sollte. Gute Szenen wechselten sich mit weniger guten ab. In Abwesenheit von Schweinsteiger war es aber unter anderem Özil, der bis zu seiner Auswechslung versuchte, die Mannschaft zu lenken. Note 3

Mario Gomez: Für viele überraschend trug er die Binde aufs Feld. Und überraschend auch, dass er danach kaum noch von seinen Mitspielern eingesetzt wurde. Mit einer dicken Chance nach Kroos' tollem Zuspiel, danach aber ohne Abschlussaktion - bei einem Gomez in der derzeitigen Verfassung unverständlich. Note 3,5

Andre Schürrle: Kam nach der Pause für Träsch. Gleich mit einer guten Chance, als er knapp verzog. Lebendiger als Träsch, auch noch einen Tick weiter vorne positioniert. Suchte immer wieder den Weg in die Gasse, bekam da aber zu wenige Zuspiele serviert. Note 3

Simon Rolfes: In der Pause für Khedira eingewechselt und mit mehr defensiven Aufgaben betraut. Rolfes hielt konsequenter das Zentrum, um die Dreierkette mehr zu unterstützen. Traf dann sogar noch zum 2:3, sein zweites Länderspieltor. Note 3

Thomas Müller: Kam in der 65. Minute für Özil. Sorgte auf links oder rechts gleich für Unruhe beim Gegner, traf zum Ausgleich. Note 3

Lukas Podolski: Ebenfalls in der 65. Minute eingewechselt, für Götze. Weniger auffällig als Müller, aber seine Dynamik brachte schnell Schwung über die linke Seite. Kam aber nicht mehr zum Abschluss. Note 3,5

Cacau: kam kurz vor dem Ende für Gomez aufs Feld und hatte sogar noch eine Torchance. Keine Bewertung

Lars Bender: Durfte auch noch ein paar Minuten mitspielen. Keine Bewertung

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