"Für immer in Erinnerung": FC Bayern München erlebt historisches Spektakel gegen Galatasaray

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Der FC Bayern München blieb gegen Galatasaray auch im 37. Champions-League-Gruppenspiel hintereinander ungeschlagen und feierte in dieser Saison den dritten Sieg im dritten Spiel. In Erinnerung bleiben dürfte das Spiel aber aus einem anderen Grund: Die Münchner erlebten in Istanbul eine historisch beeindruckende Stimmung.

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Bis in die Mixed Zone tief in den Stadion-Katakomben verfolgten Galatasarays Fans die Spieler des FC Bayern München an diesem Dienstagabend. Anders als sonst üblich hängen in der Interview-Halle des Rams Park nämlich keine Sponsoren-Banner an den Wänden, sondern Fotos von Fans mit Pyrofackeln. Ein besseres Ambiente hätte es nicht geben können, um sich über dieses Spiel zu unterhalten - und vor allem über diese Stimmung.

"Überragend, Wahnsinn", fand Matthijs de Ligt. "Das kann man sich vorher gar nicht vorstellen", sagte Joshua Kimmich: "Auch wenn man versucht, sich darauf vorzubereiten." Im Gegensatz zu so manch anderem Galatasaray-Gast verzichteten die Münchner vorab auf spezielle Vorbereitungs-Maßnahmen. Der ehemalige Schalke-Trainer Domenico Tedesco hatte seine Spieler vor einem Besuch in Istanbul einst beispielsweise im Training mit lauter Musik beschallen lassen.

Die Bayern-Spieler bekamen ihre erste Stimmungs-Kostprobe bei der Platzbegehung eineinhalb Stunden vor Anpfiff. Obwohl das Stadion zu diesem Zeitpunkt erst sehr spärlich gefüllt war, sorgten die wenigen Fans bereits für eine beachtliche Geräuschkulisse. Ein Vorgeschmack auf das, was kommen sollte. Beim Aufwärmen nahm das Pfeifkonzert dann schon solche Ausmaße an, dass kurzzeitig die Vorberichterstattung von Amazon Prime unterbrochen werden musste.

Während des Spiels drehten die Fans des türkischen Rekordmeisters schließlich auf volle Lautstärke. Aber nicht nur in der Kurve, sondern auf allen Tribünen. Bei jedem Ballkontakt eines Münchners pfiff das ganze Stadion konsequent so lange, bis der Ball verloren war. Die Ballbesitz-Phasen der eigenen Mannschaft feierten die Fans dagegen mit Gesängen. Es wirkte stets wie ein erholsamer Kurzurlaub - und es gab erstaunlich viel Kurzurlaub.

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Halbzeit-Trick: Ein zusätzliches Pfeifkonzert für den FC Bayern

Galatasaray hatte mit 52 Prozent tatsächlich mehr Ballbesitz als die qualitativ doch deutlich bessere Mannschaft des FC Bayern. Ähnliches dürften die Münchner vermutlich letztmals g. P. (gegen Pep, beim Champions-League-Duell mit Guardiolas Manchester City) und davor a. P. (ante Pep, vor Guardiolas Amtszeit als Trainer des FC Bayern) erlebt haben. Galatasaray verfügte aber nicht nur über mehr Ballbesitz, sondern auch über mehr und bessere Chancen. Der xG-Wert sprach mit 3,08 zu 1,77 für die Gastgeber, das Schussverhältnis mit 20:14.

Die erste Halbzeit dominierte Galatsaray fast nach Belieben, aber dennoch ging der FC Bayern durch Kingsley Coman in Führung. Der Rückstand ließ die türkischen Fans jedoch keineswegs verstummen, und auch die Spieler entmutigte er nicht. Mauro Icardi traf noch vor der Pause per Elfmeter zum Ausgleich. Der Treffer sorgte für frenetischen Jubel im Stadion, sogar auf der türkischen Seite der Pressetribüne. Ein einheimischer Kollege fragte nach Feuer - im Mund zur Feier des Tores eine dicke Zigarre.

In der Halbzeit überlegten sich die Gastgeber einen ganz besonderen Trick: Galatasaray kam bereits zwei Minuten vor dem FC Bayern aus der Kabine. Eine Steilvorlage für die Fans, und selbstverständlich bedachten sie die Münchner bei deren Einmarsch mit einem weiteren Pfeifkonzert allererster Güte. Womöglich hätten längere taktische Einweisungen aber einen größeren Nutzen gehabt, denn in der zweiten Halbzeit kam der FC Bayern besser ins Spiel.

Nach dem Doppelschlag durch Harry Kane und Jamal Musiala zum 3:1 machte sich im Stadion leichte Resignation breit. Als daraufhin kurz vor Abpfiff tatsächlich erstmals auch die mitgereisten Bayern-Fans im Oberrang zu hören waren, gab es aber noch ein letztes Mal für diesen Abend gellende Pfiffe.

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Beste Stimmung? Laut Kimmich kann nur Besiktas mithalten

"So langsam bekomme ich mein Gehör wieder zurück", sagte Kane danach. Musiala werde diese Atmosphäre "für immer in Erinnerung behalten". Der FC Bayern war in den vergangenen Jahren in der Champions League zwar in berüchtigten Stadien wie dem Marakana von Belgrad oder dem Karaiskakis von Piräus zu Gast. Dennoch erlebten die Münchner bei Galatasaray eine historisch beeindruckende Stimmung.

Gefragt nach vergleichbaren Atmosphären fiel Kimmich und Sven Ulreich lediglich eine Partie wenige Kilometer südöstlich 2018 gegen den Istanbuler Stadtrivalen Besiktas ein. Dort sei die Stimmung zwar ähnlich gewesen. Aufgrund des deutlichen Ergebnisses flaute sie anders als nun bei Galatasaray aber bald ab. Nach einem 5:0-Sieg in München setzte sich der FC Bayern damals beim Rückspiel in Istanbul 3:1 durch.

Besiktas hält mit 141 Dezibel übrigens den offiziellen Stadion-Lautstärke-Weltrekord. Level: Düsenjet und Presslufthammer. Als RB Leipzig mal zu Gast war, ließ sich Timo Werner mit Kreislaufproblemen aufgrund der Pfiffe auswechseln. Eine Ohrstöpsel-Behandlung hatte zuvor zu keiner Besserung geführt. Galatasarays bisheriger Dezibel-Bestwert liegt bei 132 Dezibel.

Die beiden Stadien von Besiktas und Galatasaray liefern sich aber nicht nur in Sachen Lautstärke ein hochklassiges Duell, sondern auch architektonisch. Während sich Besiktas' Arena malerisch direkt am Bosporus neben dem berühmten Dolmabahce-Palast in einen Hang schmiegt, thront Galatasaray Rams Park auf einer Erhebung am Rande der Stadt. Majestätisch wie eine wahrhaftige Festung wirkt die Anlage. Und unten schlängeln sich stets endlose Auto-Kolonnen rundherum, als wären es Ameisenstraßen im Burggraben.

Seit Anfang April war der amtierende türkische Meister in dieser Festung ungeschlagen gewesen. Entsprechend euphorisch wirkte schon tagsüber die Stimmung in der riesigen Metropole, allerorts wimmelte es nur so vor gelb-roten Trikots. Der FC Bayern besiegte Galatasaray letztlich zwar - aber der Preis für drei Punkte war ein ausgewachsener Tinnitus.

FC Bayern München: Die nächsten fünf Pflichtspiele des FCB

DatumWettbewerbGegner
28. Oktober, 15.30 UhrBundesligaDarmstadt 98 (H)
1. November, 20.45 UhrDFB-Pokal1. FC Saarbrücken (A)
4. November, 18.30 UhrBundesligaBorussia Dortmund (A)
8. November, 21 UhrChampions LeagueGalatasaray (H)