Georginio Wijnaldum beim FC Liverpool: Gini, der Unverzichtbare

Von Pascal De Marco
Georginio Wijnaldum wechselte 2016 für 27,5 Millionen Euro zum FC Liverpool.
© getty

Nur selten gehören beim FC Liverpool den Mittelfeldspielern die Schlagzeilen. Trotz - oder vielleicht auch wegen - ihres großen Aufgabenbereiches gehen sie gerne einmal unter und fallen häufiger als jede andere Positionsgruppe Jürgen Klopps Rotation zum Opfer. Und doch gibt es einen, ohne den der Deutsche nicht kann: Georginio Wijnaldum ist Klopps unverzichtbares Element. Vor dem Achtelfinal-Rückspiel in der Champions League zwischen dem FC Bayern und Liverpool (Mi., 21 Uhr im LIVETICKER) wirft SPOX einen Blick auf Wijnaldum.

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Gewöhnlich, nüchtern, uninteressant - Liverpools Mittelfeld mag gerne einmal neben all den aufregend besetzten Rollen in Jürgen Klopps Entertainment-Maschinerie untergehen, teilweise sogar mit negativem Beiklang. Ein technisch herausragender Spielgestalter, der auch in der gegnerischen Spielhälfte Defensivkonstrukte mit nur einem einzigen Pass aushebeln kann, wird ebenso vergebens gesucht wie der ausschließlich für Defensivaufgaben zuständige Sechser.

Stattdessen wirkt das Drei-Mann-Mittelfeld der Reds wie eine Ansammlung außerordentlich dynamischer Arbeitsmaschinen, die nichts anderes tun, als im Gegenpressing Bälle zu erobern und diese so schnell wie möglich wieder an das dreiköpfige Angriffsmonster Sadio Mane, Roberto Firmino und Mo Salah abzutreten.

Dass Klopp im Mittelfeld den größten personellen Handlungsspielraum hat, mag den Eindruck unterstützen, dass die Spieler in diesem Bereich austauschbar sind. Henderson, Milner, Keita, Fabinho, Oxlade-Chamberlain und Lallana - sie alle fallen aufgrund der so hohen Intensität auf den zentralen Positionen im Kloppschen System der Rotation zum Opfer. Mit einer Ausnahme: Dem unverzichtbaren Georginio Wijnaldum.

Wijnaldum über Klopp: "Hat mich vielseitiger gemacht"

Der Niederländer kam im Sommer 2016 mit der Empfehlung von elf Toren in seiner ersten Premier-League-Saison in Newcastle an die Anfield Road. Sowohl bei den Magpies als auch im ersten Jahr bei den Reds bestätigten zwar die Zahlen Wijnaldums offensive Ausrichtung, das Verhalten bei gegnerischem Ballbesitz jedoch wies klare Lücken auf.

Klopp jedoch erkannte, dass Wijnaldums Profil für einen weitaus größeren Aufgabenbereich geeignet ist. Einen, der für das aggressive Gegenpressing von fundamentaler Bedeutung ist. "Er kann auf mehreren Positionen spielen. Spieler, die aus dem niederländischen System kommen, sind außerdem taktisch gut geschult", beschrieb Klopp den Niederländer bei dessen Verpflichtung.

Ursprünglich nur als Zehner und auf dem Flügel zum Einsatz gekommen schob der ehemalige Dortmund-Coach Wijnaldum in das Spielfeldzentrum und ließ ihn dort auf der Doppelsechs oder wie heute im Drei-Mann-Mittelfeld auf der Achterposition agieren. "Gini", wie er von Teamkameraden und Fans genannt wird, begann defensive Verantwortungen zu verstehen, sie umzusetzen und sogar Gefallen daran zu finden.

"Bevor ich hier unterschrieben habe, spielte ich in Newcastle als Zehner", erinnerte sich Wijnaldum. "Ich musste kaum Defensivarbeit verrichten. Ich spielte weder als Sechser, noch als Achter. Die Erfahrung hier hat mich zu einem vielseitigeren Spieler gemacht."

Keita und Fabinho kommen - Wijnaldums Rolle wächst

Seine natürlichen Instinkte hat Wijnaldum derweil weitestgehend unter Kontrolle. Dies bestätigt die Statistik, denn im Vergleich zur ersten Saison nahmen die Zahlen in Sachen Expected Goals, Schüsse pro Spiel und Ballberührungen im gegnerischen Strafraum stark ab. Eine Anpassung, die für seine Zukunft bei den Reds von enormer Bedeutung war.

Die Verpflichtungen von Naby Keita und Fabinho im Sommer verhießen für Wijnaldums Perspektive nämlich nichts Gutes. Doch im Gegenteil: Der Niederländer fand sich mit Klopps Umschaltspiel immer besser zurecht und verzeichnete Balleroberung um Balleroberung.

Inzwischen ist Wijnaldum für Klopp zu einem unverzichtbaren Teil des Mittelfelds geworden, obwohl der Coach aufgrund der hohen Belastung eigentlich gerne ausreichend rotiert. Jedoch verbindet der 28-Jährige derart viele bedeutungsvolle Attribute wie Aggressivität, Ausdauer, Disziplin, Stellungsspiel und Spielverständnis, dass Pausen für Wijnaldum rar geworden sind.

"Gini versteht es, von einem Moment auf den nächsten die Einstellung zu ändern. Das ist sehr wichtig für uns", erklärte Klopp im August. Und auch die Konkurrenz ist voll des Lobes: "Wenn ich Liverpool-Spiele schaue, ist er überall", resümierte Bayerns Serge Gnabry jüngst mit SPOX und Goal. "Er arbeitet im Hintergrund, schließt Lücken zwischen Abwehr und Mittelfeld und hat einen großen Einfluss auf Liverpools Spiel."

Wijnaldum: Der heimliche Held?

Mit Sicherheit fällt Wijnaldum nicht als beschlagener Techniker auf, der in Sachen Ballführung oder Flexibilität im Passspiel glänzt. Dennoch ist der ehemalige reine Offensivakteur auch in schwierigen Situationen im eigenen Aufbauspiel oder nach Ballgewinn vital. So schafft er es auch in Pressingsituationen die Ruhe zu bewahren, seinen Körper geschickt zwischen den Gegenspieler zu stellen und zu erkennen, in welche Räume er spielen muss oder inwieweit er selbst mit dem Ball gehen kann.

"Ich weiß, dass manche Leute mich und meine Rolle gerne als heimlichen Helden beschreiben", so Wijnaldum. "Das ist kein Problem für mich. Ich weiß, was meine Mannschaft und mein Trainer von mir denken und sie sehen mich anders. Ich fühle mich geschätzt von ihnen und das ist mir wichtiger."

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