"Die CL ist im Grunde eine Superliga"

Von SID
Die Champions League ist der bedeutendste Wettbewerb im Klubfußball
© getty
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Frage: Uli Hoeneß war anfangs ein starker Kritiker der Champions League, hat dann relativ rasch seine Meinung geändert. Hatten Sie, Herr Aigner, engen Kontakt mit ihm?

Aigner: Es ist sicherlich richtig, dass seinerzeit die Verbindung der UEFA über die Verbände lief und kaum über die Vereine, auch wenn Einzelne den Kontakt zu uns gesucht haben. Das Klub-Forum wurde bekanntlich erst später eingerichtet. Es war bei den Klubs natürlich eine gewisse Skepsis vorhanden, wobei auch dort die Frage des Geldes überwogen hat. Die Einnahmen des Ganzen waren größer, als die Summe der Einzelerlöse gewesen wäre, und damit ging es natürlich auch um den Verteilerschlüssel. Was zählen sportliche Erfolge? Was die Marktmacht und so weiter. Da gab es schon Diskussionen.

Hempel: Hoeneß war einer der ersten Kritiker, aber auch einer der Ersten, der sich selbst korrigiert und die Vorteile dieses neuen Konzepts gut geheißen hat.

Aigner: Ob Hoeneß mir gesagt oder geschrieben hat: 'Ich lag falsch', daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Auf jeden Fall stand Hoeneß damals mehr im Blickpunkt als Karl-Heinz Rummenigge. Hoeneß war das Sprachrohr.

Frage: Mussten die Klubs auch erst einmal lernen, welche Vorteile die Champions League bringt?

Aigner: Die Vereine haben lange gebraucht, um zu kapieren, welches Instrument wir ihnen an die Hand gegeben haben. Abgesehen von der Bundesliga, die von ihrem späten Beginn an - in anderen Ländern bestand der Profifußball ja bereits Jahrzehnte zuvor - zumindest im Fernsehbereich eine solidarische Zentralvermarktung eingeführt hat, haben viele Länder den Vorteil dieses Geschäftsprinzips erst durch die Champions League erkannt. Und darauf können UEFA und TEAM stolz sein. Das bleibt.

Frage: Es gab aber eine Auseinandersetzung 1998 mit Hoeneß rund um ein sogenanntes Media Partner Programm.

Aigner: Das stimmt. Da haben sich die Deutschen mit den Italienern zusammengetan, was mich gewundert hat, denn die Italiener waren bis dahin bei Abrechnungen nicht die ehrlichsten. Die Deutschen haben immer korrekt bezahlt. Das war allgemein bekannt. Es war die Zeit, als die Idee einer Super-Liga durch die Köpfe geisterte. Und die Italiener wollten dazu Freifahrtscheine haben. Das haben wir abbiegen können, indem wir dann auf 32 Teilnehmer gegangen sind. Was mich heute erbost: Wir sind von 17 auf 13 Spieltage runtergegangen, und statt den Ligen die frei gewordenen Termine zu belassen, wird heute das Achtelfinale über vier Wochen gespielt. Ein Wahnsinn! Wir haben seinerzeit die zweite Gruppenphase wegen Überlastung extra wieder abgeschafft!

Lenz: Natürlich gab es anfangs Widerstand. Ich erinnere mich beispielsweise an Borussia Dortmund und Michael Meier (Ex-BVB-Manager, d.Red). Der tobte: 'Ich kann mich nicht in meinem eigenen Stadion bewegen.' Ich fragte ihn: 'Sie haben doch die Teilnahmebedingungen an der Champions League erhalten und unterschrieben. Haben Sie sie auch gelesen? Wenn ja, wussten Sie die Bedingungen und Regeln, die zu befolgen sind.

Hempel: Bei Willi Lemke in Bremen war die Reaktion ähnlich.

Frage: Ex-Bundestrainer Berti Vogts hat die Champions League als Geldbeschaffungspokal madig gemacht. Haben Sie je mit ihm darüber gesprochen?

Lenz: Diese Kritik hat uns nie gejuckt. Wir haben hingegen aufmerksam die Meinungswandlung von Franz Beckenbauer verfolgt. Der war anfangs durchaus ein Kritiker, aber nur, als die Bayern nicht dabei waren und sie nicht an die Fleischtöpfe herankamen. So ist das im Fußball.

Frage: Ist der Unterschied der Einnahmen zwischen der Champions League, der Europa League und dann den europäischen Habenichtsen der nationalen Ligen zu groß?

Aigner: Die, die in Europa gar nicht dabei sind, sind arm dran. Da müssten innerhalb der Ligen andere Konzepte angewendet, zum Beispiel Deckelungen eingerichtet werden, die auch Einnahmen aus internationalen Wettbewerben berücksichtigen. Wer im Europacup spielt, ist ja auch national erfolgreich. Die Klubs dürften sich nicht noch einmal stark abheben. Das ist ein Problem. Die Champions League bildet im Grunde eine Superliga für sich.

Frage: Was bedeutet das?

Aigner: Nur noch Vereine aus den fünf großen Ländern können sich eine Mannschaft leisten, welche die Champions League gewinnt. Oder können Sie sich vorstellen, dass noch einmal Roter Stern Belgrad auf dem Treppchen steht? Auch das ist eine Folge des Bosman-Urteils von 1995, wo ausländische Spieler ohne Beschränkung zugelassen und nationale Zugehörigkeiten - und ich meine das ausdrücklich nicht im Sinne eines Rechtspopulismus - nicht mehr beachtet werden. In der Bundesliga war nach meiner Erinnerung Cottbus die erste Mannschaft, die ohne einen Spieler mit deutschem Pass angetreten ist. Das sind schon Dinge, die nicht so gut in der Landschaft stehen, meiner Ansicht nach. Und Inter Mailand ist bei einem Spiel gegen die Bayern genauso verfahren.