Ein Mittag der Superlative

Von Andreas Lehner
Ruud van Nistelrooy zog die deutsch-spanischen Duelle
© getty

Der FC Bayern schwärmt nach der Auslosung vom Gegner FC Barcelona, sieht sich aber trotzdem auf dem Weg ins Finale. Borussia Dortmund ist zufrieden mit Real Madrid und stichelt Richtung München.

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Karl-Heinz Rummenigge betrat als Erster den Medienraum des FC Bayern an der Säbener Straße. Der Vorstandsvorsitzende machte einen gelösten Eindruck. Das Los FC Barcelona, das der Niederländer Ruud van Nistelrooy einige Minuten vorher aus dem Topf fischte und dem FC Bayern zugeordnet wurde, war ihm zur Mittagszeit offensichtlich nicht auf den Magen geschlagen.

"Ich bin sehr glücklich über das Los", sagte Rummenigge und hielt auch gleich fest, dass er anders als Präsident Uli Hoeneß kein Freund einer Begegnung mit Borussia Dortmund gewesen wäre.

Barca? Wenn, dann jetzt!

Das mögliche deutsch-deutsche Duell, das schon am Donnerstag für Giftpfeile aus beiden Lagern sorgte, war also nur eine Seifenblase, die mit der Ziehung der Lose schnell zerplatzte. Dafür haben die Bayern die Chance, sich mit der besten europäischen Mannschaft der letzten fünf Jahre zu messen.

"Die Benchmark in Europa", wie Rummenigge meinte. Von übergroßem Respekt, den ein Duell mit Barca in der Vergangenheit ausgelöst hätte, war nichts zu spüren.

Vielmehr drängte sich das Gefühl auf: Immer her mit Barca! Die Auftritte der Katalanen in den letzten Wochen sorgten für den Eindruck: Wenn sie zu schlagen sind, dann jetzt.

"Barca steht unter Schock"

Kontakt mit seinem guten Freund, dem Barca-Präsidenten Sandro Rosell, habe er noch nicht gehabt, sagte Rummenigge. "Die werden noch alle unter Schock stehen", scherzte er.

Es steckte aber mehr als Fünkchen Wahrheit in diesem Spruch. Schließlich hat die dritte Halbfinalteilnahme der Münchner in den letzten vier Jahren Wirkung im Ausland hinterlassen. Auch die beiden souveränen Auftritte gegen Juventus sind in Europa respektvoll zur Kenntnis genommen worden.

Die jetzige Bayern-Mannschaft hat mit dem Team, das unter Jürgen Klinsmann 0:4 im Camp Nou unterging, nur noch die Trikotfarbe gemeinsam. "Wir haben 2009 eine fürchterliche Packung gekriegt. Das ist jetzt eine wunderbare Gelegenheit zu zeigen, dass Bayern München um einiges besser geworden ist.

Sammer vom Finale überzeugt

Nachdem Rummenigge den mit knapp 50 Journalisten überfüllten Raum verlassen hatte, nahm Sportvorstand Matthias Sammer auf dem Podium Platz. Auch er wirkte beschwingt und sprach von einem "netten Los". Barca habe "den Fußball über einen langen Zeitraum beherrscht" und spiele auch jetzt noch eine gute Rolle. Mit einem starken Plan und einer guten Tagesform könne man aber auch diesen Gegner besiegen.

Die Gefahr, dass die Saison der Bayern eine bittere Note erhält, falls die Münchner an Barca scheitern und gleichzeitig Dortmund gegen Real ins Finale einziehe, sah Sammer nicht. "Ich gehe davon aus, dass wir weitergehen."

Schließlich fehle den Bayern in Europa noch ein kleines Stück. "Wir werden als große Mannschaft wahrgenommen, aber um als ganz große Mannschaft gesehen zu werden, muss man den Pott gewinnen."

Schmeicheleien für Heynckes

Dass sich die Bayern dafür der Hilfe ihres zukünftigen Trainers Pep Guardiola, dem Vater des modernen FC Barcelona, holen, schlossen Rummenigge und Sammer aus. Beide umgarnten dafür den aktuellen Trainer Jupp Heynckes, der - und das ist kein Geheimnis mehr - nach wie vor nicht begeistert ist, dass er zum Saisonende gegen Guardiola ausgetauscht wird.

Rummenigge lobte den Spanien-Insider Heynckes ("Im spanischen und deutschen Fußball kennt sich keiner besser aus als Jupp"), Sammer fühlte sich beruhigt, weil "wir einen Trainer haben, der gesagt hat, er kenne Barcelona besser als seine eigene Mannschaft".

Der Sportvorstand betonte in der Diskussion auch die moralische Komponente. Man müsse Guardiola diese emotionale Zwickmühle nicht zumuten. "Das wäre auch nicht gut für ihn."

Heynckes gereizt von Guardiola-Fragen

Heynckes selbst reagierte auf die Frage nach einem Telefonat mit Guardiola ohnehin recht unwirsch. "Bitte respektieren Sie mich und meine Arbeit", sagte er deutlich erzürnt. "Ich brauche niemanden, um unsere Gegner zu analysieren."

Für das ihm wohl vertraute Barca hatte Heynckes dann nur Superlative über. Das "Nonplusultra im europäischen Fußball" seien die Katalanen, das Duell sei ein "Gigantentreffen", die Zuschauer dürften sich auf "zwei magische Nächte" und einen "Leckerbissen" freuen.

Dortmund stichelt Richtung München

Ähnliches gilt auch für das zweite Halbfinale zwischen Borussia Dortmund und Real Madrid. Heynckes räumt den Dortmundern "sehr gute Chancen" aufs Weiterkommen ein. Und auch beim BVB hatte man den Eindruck, nicht das schlechteste Los gezogen zu haben. Immerhin sind die Königlichen, der einzige Kontrahent, "den wir in dieser Saison schon einmal geschlagen haben", sagte Jürgen Klopp.

Der Trainer konnte sich wie sein Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke eine Spitze Richtung München nicht verkneifen. "Ich würde meinen Arsch darauf verwetten, dass die Herren Sammer und Guardiola sehr wohl sprechen werden", sagte Klopp als Reaktion auf die Aussagen der Bayern.

Obwohl sich beide Mannschaften erst im Finale auf europäischer Bühne wiedersehen können, geht das Gezanke weiter. Die Auflösung in einem Endspiel in Wembley hätte seinen Reiz.

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