Zeit, ein Zeichen zu setzen

Von Fatih Demireli
Bis auf Mandzukic, den Gomez ersetzt, dürfte Bayern mit dieser Elf auftrten
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Arjen Robben: Hätte sich Toni Kroos beim Hinspiel gegen Juventus nicht ernsthaft verletzt, würde der Niederländer womöglich gar nicht in der Startelf stehen. Die Saison nahm einen holprigen Lauf, aber Robben hat zuletzt die richtige Reaktion gezeigt. Gegen Barcelona ist vom Rechtsaußen vor allem eine Sache gefragt: Disziplin. Bisweilen neigt er noch hie und da zu riskanten Alleingängen. Ballverluste sind die Folge. Gegen Gegenspieler Jordi Alba, der im Umschalten von Defensive auf Offensive überragende Fähigkeiten hat, könnte das ernste Konsequenzen nach sich ziehen.

Thomas Müller: Auch wenn es flapsig klingt: Müller soll die Bauernschläue des FC Bayern verkörpern. Er ist ein Unikat, unorthodox, ein Spieler, der in keine Schublade passt und genau das macht ihn so gefährlich. Müller hat die Gabe, aus einer Situation, die aussichtlos erscheint, Zählbares herauszuholen. Genau das ist gegen einen Gegner wie Barcelona manchmal nötig. Nach Kroos' Verletzung darf er im Zentrum spielen, also noch näher am Tor. Nicht selten äußert er, dass diese Position ihm am meisten liegt. Jetzt darf er zeigen, warum.

Franck Ribery: 2009, als der FC Bayern im Camp Nou mit 0:4 baden ging, war Franck Ribery zu bemitleiden. Unzählige Male setzte Ribery - auf sich allein gestellt - zu Vorstößen an und blieb dann doch jedes Mal an irgendeinem Katalanen hängen. Der Franzose ist in dieser Saison auf dem Gipfel seiner Schaffenskraft angelangt. Wenn man es kritisch sieht, fehlt ihm aber ein Spiel auf höchstem Niveau, das seine Signatur trägt. 2010 verpasste er gesperrt das Champions-League-Finale, 2012 tauchte er im Endspiel etwas ab, jetzt hat er die Chance, den großen Wurf zu landen. Interessant wird das Duell mit Dani Alves. Ribery ist es aus der Bundesliga gewohnt, dass er einen extrem tief stehenden Rechtsverteidiger bearbeiten muss bzw. gedoppelt wird. Alves könnte eine Chance sein, weil er Räume findet, aber auch Ungemach, weil er mehr Defensivarbeit verrichten muss. Die richtige Balance ist wichtig in einem der Schlüsselduelle des Halbfinals.

Mario Gomez: Es sind erst einmal 90 Minuten, die Mario Gomez bekommt. Sollte er im Hinspiel keine so außergewöhnliche Leistung hinlegen, dass Jupp Heynckes gar keine Wahl hat, wird er im Camp Nou wieder Mario Mandzukic weichen müssen. Es könnten daher die wichtigsten 90 Minuten der Saison für Gomez sein. 90 Minuten, in denen er zeigen kann, dass er nicht nur ein guter, sondern ein sehr guter Stürmer ist. 90 Minuten, in denen er allen Kritikern, sowohl extern als auch intern, eine Antwort geben kann. Gomez genießt nicht den besten Ruf, aber wenn er spielte, zeigte er immer Leistungen auf hohem Niveau. Jetzt kann er dem Ganzen die Krone aufsetzen.

Die Nummer 12: Dass der FC Bayern in der Spielzeit 2012/13 einen Rekord nach dem anderen bricht und als einer von zwei Klubs in Europa (neben Fenerbahce) die Chance hat, das Triple zu holen, liegt auch daran, dass der Rekordmeister in der Breite so gut besetzt ist wie lange nicht mehr. Bis zu neun Spieler rotierte Jupp Heynckes und feierte dennoch Kantersiege. Je nach Spielverlauf darf sich der eine oder andere Ersatzspieler Hoffnung auf einen Einsatz machen: So entwickelte sich Xherdan Shaqiri zuletzt zum X-Faktor - wie kein anderer im Bayern-Kader ist er polyvalent veranlagt. Der Schweizer gewinnt zunehmend an Reife und Abgeklärtheit, ohne dabei seine Unbekümmertheit zu verlieren.

Auch Claudio Pizarro hat sich zuletzt eindrücklich ins Rampenlicht zurückgespielt - und das nicht nur als Stürmer. Die Leistungen als Kroos-Vertreter im Zentrum waren sogar so überzeugend, dass man gar nicht anders kann, als Pizarro als Kandidaten für die Startelf im Auge zu haben. Scheitern wird die Option wohl aber an der fehlenden Lust nach einem Abenteuer.

Luiz Gustavo darf man nicht vergessen: Der Brasilianer hat seine besten Bayern-Spiele in der Champions League gemacht. Will Heynckes mehr Stabilität bzw. eine Spur mehr Aggressivität im Zentrum, ist er der richtige Mann.

Jupp Heynckes: Bemerkenswert, wie souverän der Bayern-Trainer die Rückrunde gemanagt hat, nachdem sein Abgang schon im Januar verkündet wurde. Zum Ende hin wurde Heynckes gar richtig angriffslustig. Klar ist auch, dass Heynckes nun daran gemessen wird, dass er nach dem Guardiola-Vorstoß der Medien ausdrücklich darauf hingewiesen hat, der Barcelona-Experte schlechthin zu sein. Jetzt wird man sehen, inwiefern diese Aussage zutrifft. Dass er sich und seine Mannschaft auf einen Gegner perfekt vorbereiten kann, bewiesen die Duelle mit Juventus im Viertelfinale. Jetzt kommt aber das größte Kaliber auf den FC Bayern und auf Jupp Heynckes zu.

FC Bayern - FC Barcelona: die Bilanz gegeneinander