"Es war schon sehr frustrierend"

Von Interview: Pedro Pinto
Arjen Robben hatte während seiner Verletzung keine einfache Zeit
© Getty

Arjen Robben hat sich mit drei Toren beim 6:0 des FC Bayern München gegen den Hamburger SV für das Champions-League-Achtelfinale gegen Inter Mailand (Di., 20.30 Uhr im LIVE-TICKER) warm geschossen. Im Interview vor dem Rückspiel spricht der Niederländer über die Saison des FC Bayern, die Zeit nach van Gaal und die psychischen Belastungen während seiner langen Verletzungspause. CNN-International-Moderator Pedro Pinto hat Robben für die Sendung "CNN World Sport" exklusiv in München getroffen.

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Frage: Herr, Robben, warum kam der FC Bayern so schleppend in die Saison?

Arjen Robben: Steht man eine ganze Saison lang - einschließlich des Finales der Champions League - auf dem Platz, sind das enorm viele Spiele. Soweit ich weiß, spielte außerdem mehr als die Hälfte unserer Mannschaft bei der Weltmeisterschaft in Südafrika, was zusätzlich Kräfte gekostet hat. Da ist es normal, dass nicht vom ersten Tag an wieder alles perfekt läuft. Außerdem hatten wir Verletzungsprobleme.

Frage: Aber wenn man einmal die Ermüdung der Spieler und die Verletzungen außer Acht lässt: In der Mannschaft gibt es immer noch den alten Trainer und die gleichen Spieler. Da könnte man doch erwarten, dass das Team fast so gut spielt wie zuvor.

Robben: In der letzten Saison begannen wir mit unserem Trainer und seiner Philosophie zu arbeiten: Wir wollen Fußball spielen. Wir wollen einen Fußball spielen, bei dem wir die Angreifer sind. Manchmal ist man wohl etwas anfälliger für Verletzungen. Wenn man zudem gesundheitlich nicht ganz fit ist, kann das ein riskant sein. Da wurden wir manchmal abgestraft. Wir waren nicht gut genug darin, wieder zu unserer alten Stärke zu finden und konnten das Ruder nicht mehr herumreißen. Wir sind ein sehr junges Team. Da kann es manchmal schwer sein, wieder aus einem Teufelskreis zu finden, wenn man einmal in ihm steckt.

Frage: Am Dienstag geht es um den Einzug ins Viertelfinale der Champions League. Wie schätzen sie die Chancen auf ein Weiterkommen gegen Inter Mailand ein?

Robben: Wir haben das Hinspiel 1:0 gewonnen. Das ist eine gute Ausgangslage, mehr aber auch nicht. Wir sind nicht in der Favoritenrolle. Inter ist Titelverteidiger und hat mit Wesley Sneijder und Samuel Eto'o zwei Spieler, die ein Spiel jederzeit alleine entscheiden können. Sie haben uns schon im Hinspiel große Probleme bereitet. Es wird verdammt eng am Dienstag, aber ich glaube, dass wir weiterkommen.

Frage: Louis van Gaal wird den FC Bayern am Saisonende verlassen. Wie stellt sich die Mannschaft ein, für einen Trainer zu spielen, der nicht mehr lange da ist? Verliert der Trainer nicht an Autorität?

Robben: Nein, ganz bestimmt nicht. Kennt man ihn so gut wie wir, und zwar als Trainer, aber auch als Mensch, weiß man, dass er zu denen zählt, die immer 100 Prozent geben. Er liebt seine Arbeit, er liebt, was er tut, und das will er auch ordentlich zu Ende bringen. Ich denke nicht, dass er durch die Hintertür verschwinden will. Am Schluss will er durch die Vordertür gehen können, und meiner Meinung nach verdient er das auch, vor allem nach der letzten Saison und seinen Verdiensten um die Mannschaft.

Frage: Der FC Bayern kämpft in der Bundesliga um einen Champions-League-Platz. Sollte dies nicht gelingen, könnten Sie sich dann überhaupt vorstellen, in München zu bleiben?

Robben: Darüber mache ich mir jetzt keine Gedanken. Ich fühle mich bei diesem Verein äußerst wohl und bin immer noch sehr zuversichtlich, dass wir mit unserer Mannschaft die Qualifikation schaffen. Wir haben eine ausgezeichnete Mannschaft, die in die Champions League gehört. Das müssen wir jetzt aber auch bis zum Saisonende zeigen.

Frage: Sie waren ein halbes Jahr verletzt. Sind Sie schon wieder der "alte" Robben?

Robben: Glücklicherweise fand ich recht schnell zu meinem Rhythmus zurück. Mir geht es momentan wieder gut. Ich bin fit und genieße es einfach, wieder Fußball spielen zu können.

Frage: War das zweite Halbjahr 2010 das schlimmste ihrer Karriere?

Robben: Es war schon sehr frustrierend. Aber ich kenne meinen Körper und weiß, dass ich mich gut erholen kann. Das ist mir in den letzten zwei, drei Jahren besser gelungen als zuvor, weil ich geduldiger geworden bin. Ich hatte schon viele Verletzungen und jedes Mal sitzt der Frust tief. Ich will Fußballspielen. Da ist es manchmal schwer zu begreifen, warum es einen wieder erwischt hat.

Frage: Sind die psychischen Belastungen nach einer Verletzung größer als physischen?

Robben: Ja. Man hat zwar körperlich ein Problem, aber für mich ist das mental immer schlimmer. Man will mit dem Team trainieren und Fußball spielen. Auf der Tribüne sitzen zu müssen, ist schlimm.

Frage: Sie haben in der letzten Saison zwei Finals verloren. Wann war der Frust größer? 

Robben: Beides ist bitter, aber es geht ja auch um den Fußball selbst. Man kann zwar sagen, dass es insgesamt eine gute Saison war, aber natürlich spielt man auch für den Titel am Schluss. Wenn es dann nicht klappt, braucht man Zeit, um das zu verdauen. Ich kann so etwas nie ganz vergessen - das sind Erinnerungen, die einen nicht loslassen.

Frage: Welchen Titel hätten sie lieber: den in der Champions League oder den WM-Titel?

Robben: Da kann ich mich nicht entscheiden! Als Profifußballer will man jedes Spiel gewinnen. In diese Kategorie falle ich auch: Ich hasse es, zu verlieren. Wenn ich bei einer Meisterschaft dabei bin, will ich gewinnen. Sind es zwei, will ich beide gewinnen.

Arjen Robben im Steckbrief

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