Bayerns Reservisten im Formcheck

Von Thomas Gaber
Finden sich oft nur auf der Bank wieder: Pranjic, Altintop, Kroos, Tymoshchuk und Demichelis (v.l.n.r.)
© Getty

Den FC Bayern plagen vor dem Champions-League-Spiel in Cluj (20.30 Uhr im LIVE-TICKER und auf SAT.1) zahlreiche Verletzungssorgen. Letzter Neuzugang im Lazarett: Ivica Olic. Louis van Gaal ist angesichts der angespannten Situation in allen Mannschaftsteilen zum Experimentieren gezwungen. Welche Spieler aus der zweiten Reihe könnten auf Dauer eine Chance bekommen? SPOX macht eine Bestandsaufnahme und durchleuchtet den Bayern-Kader.

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Zu Saisonbeginn waren neun von elf Positionen beim FC Bayern München vergeben. Da kein Außenverteidiger verpflichtet wurde, setzte van Gaal auf Diego Contento. In der Innenverteidigung waren Daniel van Buyten und Holger Badstuber gesetzt, rechts Philipp Lahm.

Stammplätze hatten zudem Jörg Butt, Bastian Schweinsteiger, Mark van Bommel, Franck Ribery und Arjen Robben. Für van Gaal gab es lediglich zwei offene Fragen: Ivica Olic oder Miroslav Klose im Sturm und Thomas Müller oder Toni Kroos auf der Zehnerposition.

Durch die Verletztenmisere mit teilweise elf Spielern im Krankenstand bekamen die Reservisten ihre Chance. Wer hat seine Chance genutzt und wer wird auch künftig in der zweiten Reihe stehen?

Abwehr: Zehn Tage vor Saisonstart erteilte van Gaal Martin Demichelis in einem persönlichen Gespräch die Freigabe. Der Argentinier, in der letzten Saison noch Stammspieler, musste Holger Badstuber weichen. Van Gaal wollte auf der linken Innenverteidigerposition einen Spieler mit einem starken linken Fuß. Badstuber zahlte das Vertrauen mit konstant guten Leistungen zurück.

Van Buyten hingegen konnte in der ersten Saisonphase nie an die Form der letzten Saison anknüpfen. Der Belgier verletzte sich Anfang Oktober während der Länderspielpause. Van Gaal entschied sich für Anatolij Tymoschtschuk als Vertretung, Demichelis war erneut außen vor. Tymoschtschuk machte seine Sache insbesondere beim 0:0 in Hamburg so gut, dass er auch gegen Freiburg in der Startelf stand, obwohl van Buyten wieder einsatzfähig war.

Van Gaal lobte Tymos Qualitäten als Aushilfsverteidiger, denkt aber nicht an eine Dauerbeschäftigung: "Er macht das, weil ich im Moment keine andere Lösung habe", so van Gaal.

Dennoch: Mit Tymoschtschuk hat sich eine brauchbare Alternative für die Innenverteidigung aufgetan. Van Buyten ist nicht stabil und nach seiner Verletzung körperlich noch nicht bei 100 Prozent. Tymoschtschuk hat seine Chance genutzt und sich für weitere Einsätze empfohlen.

Demichelis erlebte gegen Freiburg einen emotionalen Abend, seine Zukunft liegt aber sehr wahrscheinlich nicht in München. Vermutlich wird der Argentinier schon im Winter den Verein nach acht Jahren verlassen (müssen).

Den Ausfall von Contento sollte Daniejl Pranjic kompensieren. Gegen Freiburg bereitete der Kroate drei Treffer vor, doch was ihm fehlt, ist Nachhaltigkeit. Pranjic lässt sich nach wie vor von ein, zwei Fehlpässen aus der Ruhe bringen, sein Spiel ist zu eindimensional. Meistens sucht er nach der Ballannahme den Weg nach innen und spielt den Sicherheitspass zu einem der beiden Innenverteidiger. Höchst selten hinterläuft er den Mitspieler vor ihm auf der linken Seite. Pranjic scheut das Risiko.

Trotzdem glaubt Pranjic an seine Chance, in der Gunst bei van Gaal an Contento vorbeizuziehen. "Ich freue mich, dass ich einige Spiele gemacht habe und zuletzt auch erfolgreich war. Wir haben jetzt nicht mehr nur zwölf oder 13 Spieler, die zum Einsatz kommen, sondern 18. Es zahlt sich aus, dass wir eine so gute Bank haben und dass wir Ausfälle auffangen können, ohne zu viel Qualität zu verlieren", sagte Pranjic nach dem Freiburg-Spiel im Gespräch mit SPOX.

Pranjic' großes Plus auf weitere Einsätze: seine Vielseitigkeit. "Mir ist es egal, wenn ich während eines Spiels von links hinten nach rechts vorne wandern muss. Das trainieren wir jeden Tag", so der 28-Jährige.

Mittelfeld: Im zentralen Mannschaftsteil musste van Gaal am meisten improvisieren. Arjen Robben: null Spiele. Franck Ribery: sieben Spiele. Mark van Bommel: zehn Spiele. Bastian Schweinsteiger fiel zwischendurch zwei Wochen aus. Den geplanten Zweikampf zwischen Thomas Müller und Toni Kroos gab es bis dato nicht, beide spielten fast immer von Beginn an. Kroos musste nur in Kaiserslautern auf die Bank.

Hamit Altintop, in der letzten Saison erster Backup von Robben auf der rechten Seite, musste lange auf seine Chance warten, weil sich van Gaal anfangs für Müller bzw. Olic entschied.

In seinen wettbewerbsübergreifend sieben Einsätzen von Beginn an gelang dem Türken kein einziges überzeugendes Spiel. Altintop war an lediglich zwei Toren beteiligt und machte nur vier Spiele über die volle Distanz. In Basel und gegen Freiburg musste er nach einer schwachen ersten Halbzeit mit unzähligen Ballverlusten in der Kabine bleiben.

Altintop entschied sich im Sommer, in München zu bleiben, weil er davon überzeugt war, sich einen Stammplatz zu erkämpfen. Nach dem ersten Saisondrittel steht fest: Altintop ist der Verlierer im Bayern-Team.

Andreas Ottl, von allen Feldspielern zu Saisonbeginn am weitesten von einem Stammplatz entfernt, sprang für den verletzten van Bommel ein. Ottls Spiel ist extrem auf Sicherheit ausgelegt. Ein solider Defensivspezialist, der den Risikopass scheut, gegnerische Angriffe aber gut antizipieren kann und mit fairen Mitteln viele Zweikämpfe gewinnt.

Ottl hat einen Job gemacht, er wird aber nicht über die Lückenfüller-Rolle hinauskommen, zumal Tymoschtschuk gegen Freiburg in der zweiten Halbzeit auch im Mittelfeld überzeugen konnte.

Sturm: Van Gaal hätte sich im Sommer gern von mindestens einem Stürmer getrennt. "Wir haben vier Stürmer - und ich denke, das sind zwei zu viel", sagte der Coach mehrfach. Vor allem Mario Gomez spielte in van Gaals Planungen kaum eine Rolle. Sogar Thomas Müller stand in der teaminternen Stürmer-Hierarchie vor dem teuersten Neuzugang aller Zeiten.

Vier Monate, zwei Verletzungen und fünf Tore später ist Gomez' Platz in der Startelf zementiert. Miroslav Klose kam mit dem WM-Bonus als Nummer 1 zum FC Bayern zurück und wollte einen Neuanfang starten. Seine Bilanz liest sich aber erneut mager: ein Tor in Pokal und Champions League, keins in der Liga. Durch zwei Muskelfaserrisse in Folge steht der Nationalstürmer erstmal hinten an.

Ivica Olic hat in dieser Saison noch gar kein Tor für Bayern erzielt, durfte aber auch nur selten als echte Sturmspitze ran. Aufgrund seiner schweren Knieverletzung dürfte er in dieser Saison keine Rolle mehr spielen.

Bleibt die Frage: Holt Bayern im Winter Ersatz für Olic? Folgt man dem Rechenbeispiel van Gaals vor der Saison und bedenkt man die Rückkehr von Franck Ribery und Arjen Robben, kann die Antwort eigentlich nur heißen: Nein.

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