Auch Mode braucht Perfektion

Zwei Serien halten an: Bayern holte den 37. Punkt im 13. Spiel, Schalke blieb wieder sieglos
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Der FC Bayern siegt auch beim ambitionierten FC Schalke 04 deutlich, obwohl Breitenreiters Plan lange aufgeht. Während sich in Gelsenkirchen aus der Hoffnung Zugzwang entwickelt, feiern die Bayern schier endlose Möglichkeiten. Die Konkurrenz hat zwar Ideen - zur Umsetzung fehlt aber ein entscheidendes Detail.

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"Natürlich hören wir uns an, was der Gegner im Vorfeld der Partie erzählt", sprach Matthias Sammer vor dem Spiel bei Sky unbeeindruckt ins Mikro. "Es ist ihr gutes Recht, diese Aussagen zu treffen", führte er fort. In Gelsenkirchen war vor der Partie die Hoffnung entstanden, dem Rekordmeister die erste Bundesliga-Niederlage der Saison zuzufügen.

Dann bereitete Sammer dem Thema ein Ende: "Letztlich ist aber nur entscheidend, was hier passiert." Er zeigte in Richtung des Rasens und sollte Recht behalten: Knapp zwei Stunden später fuhren die Bayern dort den zwölften Sieg im 13. Spiel ein.

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Der Gegner verließ das Stadion erhobenen Hauptes: "Taktisch haben wir das richtige Mittel gewählt. Wir lassen die Köpfe jetzt nicht hängen", bilanzierte Sammers Gegenüber Horst Heldt. Doch auch er weiß: Die anfängliche Euphorie unter Breitenreiter scheint allmählich verflogen.

Was ist der Gradmesser?

Ralf Fährmann hatte für die erneute Niederlage zwar eine Erklärung: "Wir befinden uns im Umbruch und das braucht eben seine Zeit." Jedoch haben sich die Knappen nach nur einem Punkt aus den letzten vier Bundesliga-Spielen auch schon wieder aus den internationalen Plätzen verabschiedet.

Einen Grund, panisch zu werden, gibt es noch nicht. Dazu verkauften sich die Schalker gegen Bayern zu teuer, auch schon im Derby gegen den BVB fehlte nicht viel zum Punktgewinn. Selbst gegen wiedererstarkte Gladbacher sind zwei Niederlagen kein Beinbruch - Königsblau hatte in den vergangenen Wochen natürlich nicht den einfachsten Spielplan.

Es ist richtig, dass Fährmann sagt: "Wenn man unsere Leistungen Woche für Woche sieht, haben wir im Vergleich zur vergangenen Saison definitiv einen Schritt nach vorne gemacht." Und doch braucht es endlich wieder Zählbares. Wettbewerbsübergreifend hat S04 seit sieben Spielen nicht mehr gewonnen.

Denn auch in den Spielen gegen Ingolstadt und Prag kam Königsblau nicht in die Gänge. Spiele, in denen Siege eigentlich vorausgesetzt waren. Spiele, die für Schalke eigentlich keinen Gradmesser darstellen. Doch genau der ist aktuell schwer zu bestimmen: Wer oder was ist für Schalke zurzeit überhaupt der Gradmesser?

Aus Hoffnung wird Zugzwang

Dass Breitenreiter gute Ideen hat, zeigten in den letzten Partien nicht wenige Szenen. Gerade beim Heimspiel gegen die Bayern ging sein Fünferketten-Plan über lange Zeit auf: "Die Jungs haben das perfekt umgesetzt. Wir haben ein taktisch hervorragendes Spiel abgeliefert", lobte der Coach nach Abpfiff.

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"Ein kleiner Fehler hat den Bayern genügt, mit 2:1 in Führung zu gehen. Die Mannschaft hatte die Möglichkeit, etwas mitzunehmen. Deswegen blicken wir positiv nach vorne", lautete Breitenreiters abschließendes Fazit, der vor allem große Hoffnungen in die jungen Offensivspieler Meyer und Sane setzt. Doch auch sie sind jetzt gefordert: Aus der Hoffnung, wieder eine konstant gute Saison zu spielen, hat sich durch die Niederlage am Samstag Zugzwang entwickelt.

Immerhin war das Duo auch gegen den FCB dafür verantwortlich, dass die Achillesferse des Rekordmeisters zumindest eine kleine Schramme davontrug. Beim Ausgleich ging es für die Münchner zu schnell, wenngleich Neuer Meyers Schuss an einem normalen Tag problemlos abwehrt.

Inkonsequenz als Zeichen der Unterforderung?

Es sind diese Schönheitsfehler, die den FC Bayern gelegentlich erden und nahbar machen. "Wir haben gesehen, dass man gegen die Münchner auch über weite Strecken erfolgreich verteidigen kann, wenn man sich aufopferungsvoll wehrt", machte Benedikt Höwedes der Konkurrenz Mut.

Doch auch er musste neidlos anerkennen, dass Guardiolas Truppe aktuell durch nichts aus der Ruhe zu bringen ist. Hin und wieder ist dem Tabellenführer in der Rückwärtsbewegung zwar eine gewisse Überheblichkeit und Inkonsequenz anzudichten - so wie beim 1:1.

Und dennoch: Der FCB ist immer in der Lage, den Druck so zu erhöhen, dass jede noch so gute Abwehr Probleme bekommt. Gelegentlich wirken Nachlässigkeiten vor Gegentoren fast schon so, als wolle sich der Meister selbst eine Aufgabe für die restliche Spielzeit stellen, als seien die Bayern unterfordert.

Experimente ohne Bedenken

Auch wenn sich Thomas Müller bemüht, diesen Eindruck zu zerschlagen ("Man muss in der Bundesliga für jeden Sieg hart arbeiten"), kann Guardiola mit Boateng seinen besten Verteidiger dennoch auf der Bank lassen, um Martinez und Benatia, die beide erst wieder ihren Rhythmus finden müssen, Spielpraxis zu schenken. Selbst in einem vermeintlichen Topspiel hat der Bayern-Coach keine Bedenken, diese Experimente einzugehen.

Zeitgleich steht vor allem Martinez für die wiedergewonnene Stärke in der zweiten Reihe. Mit dem Spanier, Rode, Coman, Kimmich, Rafinha, Badstuber und bald womöglich auch wieder Ribery stehen den Bayern gleichwertige Startelf-Alternativen zur Verfügung. Thiago und Götze, deren Ausfälle im vergangenen Jahr noch deutlich mehr geschmerzt hätten, werden daher nur bedingt vermisst.

Auch Arturo Vidal unterstrich auf Schalke seine Wichtigkeit. Bisher hatte er noch nicht oft beweisen können, weshalb man ihn in der bayrischen Landeshauptstadt im Sommer mit Pauken und Fanfaren empfangen hatte: Vor allem Spielen, in denen Hartnäckigkeit und Biss gefordert sind, drückt er seinen Stempel auf. Schalke war mal wieder so eine Partie.

Auch Mode braucht Perfektion

Frankfurt, Arsenal und auch Schalke: Einige Spiele zeigten zuletzt, wie destruktiv man die Bayern aktuell bespielt und auch weiterhin bespielen wird.

"Die Gegner machen es uns nicht leicht. Sie versuchen alles, deswegen müssen wir in jedem Spiel an die 100 Prozent gehen", bestätigte Müller, dem auch die taktischen Veränderungen bei der Konkurrenz aufgefallen sind: "In letzter Zeit ist ja die Fünferkette in Mode gekommen", schmunzelte er.

Dass diese durchaus Erfolg bringen kann, zeigten die ersten 68 Minuten in der Veltins-Arena. Um den Bayern letztlich aber wirklich ein Bein zu stellen, braucht es jedoch ein entscheidendes Detail, wie auch Heldt feststellte: "Gegen so einen starken und übermächtigen Gegner bedarf es halt in jeder Situation Perfektion." Auch in Sachen Mode.

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