5:4! Wahnsinn und Dost in Leverkusen

Naldo traf zum sechsten Mal und stellte damit seinen persönlichen Saisonrekord ein
© Getty

Welch ein Fußballspiel! Nach zwei komplett unterschiedlichen Halbzeiten gewinnt der VfL Wolfsburg am 21. Spieltag der Bundesliga bei Bayer Leverkusen mit 5:4 (3:0) und fügt der Werkself damit die erste Heimniederlage der Saison zu.

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Vor 28.000 Zuschauern in der BayArena ging die Mannschaft, die mit elf die ligaweit meisten Tore in den ersten 15 Minuten erzielte, in Führung; Wolfsburgs Bas Dost nickte nach nur sechs Minuten zum 1:0 ein. Es war das 500. Bundesligator in dieser Saison.

Elf Minuten später erzielte Naldo per direktem Freistoß das 2:0. Für Leverkusen war dies das bereits 13. Gegentor nach einer Standardsituation - bei insgesamt 24 Gegentreffern. Dost setzte sogar noch einen drauf, traf zum 3:0 (29.) und erzielte damit sechs Tore in den letzten fünf Spielen.

Nach der Pause brach sich dann der Wahnsinn Bahn: Zunächst kam Bayer durch einen Doppelschlag von Heung-Min Son (57., 62.) auf 2:3 heran, eine Minute später traf Dost zum dritten Mal für Wolfsburg.

Doch die Werkself kam wieder zurück, Son und Karim Bellarabi (63., 67.) glichen aus. Mit dem Schlusspfiff erzielte Dost aber seinen vierten Treffer des Tages und sicherte dem VfL den nächsten Dreier.

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Emir Spahic sah die Gelb-Rote-Karte und fehlt damit am kommenden Wochenende beim FC Augsburg.

Für Wolfsburg steht somit der erste Sieg überhaupt in Leverkusen, das nach 14 ungeschlagenen Bundesliga-Heimspielen in Serie mal wieder vor heimischem Publikum verlor (letztmals im März 2014 gegen Hoffenheim).

Der VfL ist nun seit neun Bundesliga-Spielen ungeschlagen (6 Siege, 3 Remis) und traf in den letzten 16 Ligaspielen immer - das ist die aktuell längste Serie.

Reaktionen:

Roger Schmidt (Trainer Bayer Leverkusen): "Wir haben eine sehr, sehr schlechte erste Halbzeit gespielt. In der zweiten Hälfte ging es um die Würde als Fußballmannschaft. Mit den drei Auswechslungen in der Halbzeit wollte ich ein Zeichen setzen und die Optionen, die ich auf der Bank hatte, nutzen."

Dieter Hecking (Trainer VfL Wolfsburg): "Wir haben in der ersten Halbzeit ein überragendes Fußballspiel gemacht. Viel besser kann man so etwas nicht spielen, wir haben unser Kombinationsspiel aufgezogen. Nach dem Wechsel konnte wir das Spiel nicht mehr beruhigen, es ist Hektik reingekommen. Am Ende glaube ich aber, dass wir insgesamt verdient gewonnen haben."

Bas Dost (VfL Wolfsburg): "Es war ein Wahnsinnsspiel. Die erste Hälfte war überragend von uns, die zweite eine Katastrophe. Wir haben nach der Pause keinen Fußball mehr gespielt. Zwölf Punkte auf Leverkusen können wir nicht mehr weggeben. Wir wollen in die Champions League - und das schaffen wir auch."

SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Drei Wechsel nimmt Roger Schmidt nach dem 1:2 in Bremen vor: Die gelbgesperrten Toprak und Wendell werden durch Papadopoulos und Boenisch ersetzt. Zudem rutscht Son für Brandt (Bank) ins Team.

Dieter Hecking sieht auf Wolfsburger Seite nach dem 3:0 gegen Hoffenheim keinen Grund, seine Startformation zu verändern. Schürrle steht gegen seine alten Teamkollegen wieder auf dem Feld.

3.: Bender schnappt sich im Mittelfeld den Ball und treibt die Kugel nach vorne. Kießling spielt den Ball quer auf Bellarabi, der noch ein Stück geht und dann aus gut 15 Meter von halbrechts abzieht. Benaglio lenkt die Kugel aber noch gerade so links am Kasten vorbei.

6., 0:1, Dost: Vieirinha bekommt einen Querpass in der eigenen Hälfte auf rechts, rennt mit der Kugel nach vorne und flankt aus dem Lauf. Papadopoulos pennt, Dost nickt unbedrängt zur Führung aus acht Metern ein.

12.: Rodriguez zieht einen Freistoß aus dem rechten Halbfeld aufs lange Eck. Der blanke Naldo kommt beinahe an den Ball, den Leno reaktionsstark aus dem Eck fischt.

17., 0:2, Naldo: Direkter Freistoß Wolfsburg aus 34 Metern. Naldo läuft an und zieht Richtung linkes unteres Eck ab. Leno ist unten, lässt den Aufsetzer aber ins Tor rutschen. Klarer Fehler des Keepers!

19.: Bellarabi entwischt Rodriguez halbrechts und bekommt den Ball in die Fuß gespielt. Sein Schuss aus 13 Metern zischt aber über die Querlatte.

27.: Freistoß Leverkusen aus 25 Metern. Calhanoglu zirkelt die Kugel in Richtung rechtes Eck, der Ball hat aber etwas zu wenig Effet und geht am Tor der Wölfe vorbei.

29., 0:3, Dost: Spahic köpft rechts einen Ball zum Gegner. Die Kugel kommt auf die linke Seite. Dort vernascht de Bruyne Hilbert und gibt von der Grundlinie nach innen. Papadopoulos reagiert erneut schlecht, Dost spritzt dazwischen und trifft rechts unten.

34.: Rodriguez spielt halbhoch von links von der Mittellinie nach vorne, wo Schürrle Spahic entkommt und die Kugel über Leno hebt. Der Ball prallt an den linken Außenpfosten.

38.: Was macht Leno denn da? Caligiuri mit dem öffnenden Pass aus dem Zentrum nach rechts zu de Bruyne. Leno stürmt schlecht getimt aus dem Tor und wird umkurvt. Pass in den Rücken der Abwehr, doch Schürrle schießt den Ball übers leere Tor.

57., 1:3, Son: Bellarabi fummelt sich am rechten Strafraumeck durch und zieht aus knapp zehn Metern ab. Benaglio kann nicht festhalten, Son stupst den Ball aus kurzer Distanz ins Tor. Benaglio hatte die Hand aber auf dem Ball, sodass das Tor nicht hätte zählen dürfen.

62., 2:3, Son: Papadopoulos spielt den Ball aus der eigenen Hälfte weit nach vorne. Benaglio kommt völlig unnötigerweise aus dem Kasten. Son nimmt den Ball an und spitzelt ihn ins verwaiste Tor.

63., 2:4, Dost: De Bruyne treibt den Ball über links nach vorne in die Bayer-Hälfte und spielt dann links zu Rodriguez. Dessen scharfe Hereingabe kommt perfekt, am langen Pfosten drückt Dost den Ball ins Tor.

67., 3:4, Son: Nach einer abgewehrten Ecke spielt Castro den Ball an den rechten Sechzehnerrand zu Son. Der umkurvt seinen Gegenspieler und schießt mit links ins kurze Eck. Benaglio war die Sicht verdeckt.

70.: Wolfsburg verliert im Mittelfeld den Ball, Bellarabi treibt die Kugel nach vorne und legt dann quer nach links auf Drmic, der vom Fünfereck direkt abzieht. Sein Schuss geht aber leicht über das Tor.

72., 4:4, Bellarabi: Spahic haut den Ball aus der eigenen Hälfte, Knoche verschätzt sich. Der Ball trudelt frei in Richtung Benaglio. Bellarabi sprintet am schnellsten und gleicht per frechem Beinschuss aus!

82., Gelb-Rot, Spahic: Spahic geht ins Luftduell mit Dost und fährt den Ellbogen aus. Klare Sache, zweite Gelbe Karte und somit Platzverweis.

90.: Hunt flankt den Ball von links in den Strafraum, wo Naldo mit Anlauf hochsteigt. Leno hat die Kugel aus fünf Metern aber sicher.

90.+3, 4:5, Dost: Vieirinha setzt sich auf der rechten Seite durch und bringt die Kugel scharf in den Fünfer, wo Leno nicht konsequent genug herauskommt. Dost hält den Fuß hin, macht seinen vierten Treffer in dieser Partie.

Fazit: Vogelwilder Kick mit zwei unterirdischen Abwehrreihen. Wolfsburg bis zur letzten Sekunde der moralische Verlierer. Dass Leverkusen nach dieser ersten Halbzeit noch einmal zurückkommen konnte, war überhaupt nicht abzusehen.

Der Star des Spiels: Bas Dost. Schoss vier von fünf Toren, erzielte den Siegtreffer und traf allein in der Rückrunde nun schon sieben Mal.

Der Flop des Spiels: Bernd Leno. Muss den Freistoß von Naldo halten und irrte wenig später unnötig aus seinem Kasten. Dazu ist ihm der Siegtreffer anzukreiden, bei dem er gedankenschneller aus dem Tor kommen muss.

Der Schiedsrichter: Bastian Dankert. Ließ die lange Leine walten und war damit bisweilen zu großzügig. Allerdings ließ er sich von seinem Assistenten überreden und gab den Son-Treffer zum 1:3. Dabei waren Benaglios Hände bereits am Ball, das Tor hätte nicht zählen dürfen. Korrekt dagegen, den Treffer von Schürrle in der 13. Minute wegen Abseits nicht zu geben. Gelb-Rot gegen Spahic war auch richtig. Bellarabi hätte in der Endphase zudem noch Gelb für seinen Einsatz gegen Naldo bekommen müssen.

Das fiel auf:

  • Wolfsburg führte Leverkusen in der ersten Halbzeit nach allen Regeln der Kunst vor. Der VfL enorm robust in den direkten Duellen und im Umschaltspiel mit schnörkellosem Passspiel nach vorne. Leverkusen selbst in Situationen, die keine klassischen Konter waren, häufig in Unterzahl im Rückwärtsgang.
  • Bei Bayer führte der frühe Rückstand zu einer Verkrampfung, die Angriffsbemühungen gerieten bedenklich kopflos. Einzig von Bellarabi ging im Ansatz Gefahr aus, doch dieser brachte die Mehrzahl seiner vielen Dribblings nicht durch.
  • Das starke ballseitige Verschieben der Hausherren legte bei Ballverlust große Räume frei, die der VfL mit starken Verlagerungen nutzte. Leverkusen lief dann nur noch hinterher. Hätte Wolfsburg die zahlreichen Kontersituationen konsequenter ausgespielt, wäre ein Debakel für die Werkself die Folge gewesen.
  • Haarsträubend zudem die Abstimmung der neu formierten Leverkusener Viererkette. Spahic und Papadopoulos entschieden in den ersten 45 Minuten nur jeweils 43 Prozent der Zweikämpfe für sich und waren gegen die gedankenschnelle Wolfsburger Offensive fast durchgehend zweiter Sieger.
  • Schmidt reagierte auf die Demontage und schöpfte zur Pause gleich alle drei Wechsel aus - das tat vor ihm noch kein Leverkusener Trainer. Sein Team dankte es ihm mit einer furiosen Reaktion: Wolfsburg plötzlich unerklärlich passiv, fehlerbehaftet und mit simplen Passstafetten auszuhebeln.
  • Bayer nach dem schnellen Doppelpack auch mit aggressiver Körpersprache und deutlich verbessertem Zweikampfverhalten. Die Gäste bei zweiten Bällen viel zu schläfrig. Wolfsburg ließ sich so phasenweise in der Defensive einschnüren und brachte keine Entlastung mehr zustande - bis zur Schlussminute.

Leverkusen - Wolfsburg: Die Statistik zum Spiel