"Schweinsteiger hat mir viele Videos geschickt"

Von Interview: Andreas Lehner
Markus Feulner im Zweikampf mit Bayerns Xherdan Shaqiri
© getty

Markus Feulner ist gebürtiger Franke und Leistungsträger beim Club, ausgebildet wurde er aber beim FC Bayern. Im Interview spricht er über die Gründe für seinen Umweg über München, seine neue Rolle nach dem Simons-Wechsel, Talent Niklas Stark und seinen Kontakt mit Bastian Schweinsteiger.

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SPOX: Herr Feulner, am Sonntag steht das erste Pflichtspiel im DFB-Pokal in Sandhausen (20.30 Uhr im LIVE-TICKER) für Sie und den 1. FC Nürnberg auf dem Programm. Wo steht die Mannschaft?

Markus Feulner: Wir müssen in Sachen Spritzigkeit und taktisches Verhalten gegen den Ball noch zulegen. Aber wir sind auf einem guten Weg, das haben die letzten beiden Testspiele gezeigt. Wir beherrschen zwei, drei Systeme. Zum Auftakt im DFB-Pokal sind wir voll da.

SPOX: Es ist zu sehen, dass das Training unter Michael Wiesinger und Armin Reutershahn sehr intensiv ist.

Feulner: Das ist auch während der Saison so. Wir haben letzte Saison gezeigt, dass die Defensive steht und wir in diesem Bereich gut arbeiten. Jetzt muss unser Offensivspiel besser werden. Deshalb wird im Training sehr viel Wert auf sauberes Passspiel gelegt. Der Fokus ist darauf gerichtet, dass wir in der Offensive selbstständig Ideen entwickeln.

SPOX: Letzte Saison waren die Standardsituationen die große Stärke. Innenverteidiger Per Nilsson war mit sechs Toren sogar treffsicherster Spieler.

Feulner: Das sollte kein Dauerzustand sein. Aber ich denke, dass das eine Ausnahme war. Es zeigt aber auch, dass wir bei Standardsituationen sehr, sehr gut sind. Das ist nichts Schlechtes, sondern im Gegenteil: Wir können damit Spiele entscheiden.

SPOX: Beim Härtetest in der Vorbereitung gegen den Bundesligakonkurrenten Borussia Mönchengladbach sah der Club allerdings ganz schlecht aus.

Feulner: Gladbach war uns von seiner Spielidee her klar überlegen. Unser Spiel braucht wahnsinnig viel Kraft, wir müssen im Kopf und in den Beinen frisch sein. Die Gladbacher waren uns immer einen Schritt voraus und auch gedanklich schneller.

SPOX: Vielen Fans und Beobachtern schwante nach der Niederlage Böses. Wie lauten die Ziele für die Saison?

Feulner: Wir wollen so schnell wie möglich den Klassenerhalt sichern, etwas anderes kann für uns nicht das Ziel sein. Es standen Vereine wie Stuttgart, Bremen und Wolfsburg hinter uns, die viele Millionen investiert haben und die ins internationale Geschäft wollen. Da wollen wir auch irgendwann hin, aber das ist ein längerfristiges Ziel.

SPOX: Der Abschied von Routinier Timmy Simons wird als erhebliche Schwächung in der Defensivbewegung eingeschätzt. Kann der Club den Verlust des Belgiers kompensieren?

Feulner: Er hat auf der einen Seite eine große Lücke hinterlassen. Mit seiner Erfahrung hat er vielen Spielern weitergeholfen. Seine Ruhe und Routine fehlt uns auch in manchen Situationen - auf und außerhalb des Platzes. Auf der anderen Seite sehe ich eine große Möglichkeit für uns. Die Spieler, die hinten dran standen, können jetzt zeigen, dass sie diese Position spielen können. Unser Spiel wird dadurch flexibler.

SPOX: Anders als in der Vorsaison spielt der Club statt 4-1-4-1 jetzt 4-2-3-1. Auch Ihre Rolle hat sich etwas verändert. Sie spielen nicht mehr in der offensiven Viererreihe, sondern auf der Doppelsechs.

Feulner: Das sind minimale Unterschiede für mich. Ob ich einen Tick defensiver oder offensiver stehe, ist egal. Wichtig ist, dass wir in die offenen Räume starten und auch der Sechser oder der Achter dabei ist. Es ist meine Stärke, in die Tiefe zu gehen und so Torgefahr zu entwickeln.

SPOX: Sind Sie nicht eher ein Achter als ein Sechser?

Feulner: Nein, mein Spiel passt auf die Sechs. Ich komme über die Zweikämpfe ins Spiel, bin ein Balleroberer. Von da aus kann ich die Spitze anspielen, nachgehen und dann auch mal aus der zweiten Reihe schießen. Das kann ich von der Sechs genauso gut wie von der Acht.

SPOX: Sie verteidigen extrem aggressiv und bearbeiten Ihren Gegner unablässig. Kommt da die Schule von Jürgen Klopp durch, unter dem Sie sowohl in Mainz als auch in Dortmund gespielt haben?

Feulner: Ich bin ein Spielertyp, der in den Defensivzweikämpfen extrem robust ist und diese Situationen schnell auflösen kann. Dortmund hat diese Spielweise in der Meistersaison perfektioniert und einen überragenden Fußball gespielt. Im kleineren Stil soll uns das auch beim Club gelingen. Unser Spiel ist es, aus der Kompaktheit durch die Aggressivität Ballgewinne zu produzieren, schnell nach vorne zu spielen und über unsere schnellen Leute zum Abschluss zu kommen.

SPOX: Trotz Ihrer zentralen Position und Ihrer Erfahrung wurden Sie für einige überraschend nicht in den Mannschaftsrat gewählt. Warum?

Feulner: Daraus mache ich mir nichts. Die Mannschaft hat diese Vertreter gewählt, die uns in einigen Sachen repräsentieren. Es ist aber so, dass sich die anderen nicht im Hintergrund ausruhen können. Die müssen genauso ihren Mann stehen. Eine Führungsperson stellt sich dann heraus, wenn die Situation schwierig ist, wenn es darum geht, Verantwortung zu übernehmen.

SPOX: Neben Ihnen und Hanno Balitsch ist auch Niklas Stark ein Kandidat für die Sechs. Was halten Sie von Ihrem 18-jährigen Kollegen?

Feulner: Er ist ein großes Talent, spielt für sein Alter sehr routiniert und abgeklärt. Seine Bundesligaspiele hat er bravourös bestritten. Der Club kann froh sein, so einen Spieler zu haben, der in den Startlöchern steht und immer brennt. Er wird seinen Weg gehen.

SPOX: Sie starteten Ihre Profi-Karriere beim FC Bayern, obwohl Sie gebürtiger Franke sind. Warum kamen Sie nicht früher zum Club?

Feulner: Ich hatte damals eine Anfrage vom Club vorliegen. Nürnberg schied deshalb aus, weil der Club kein Internat hatte und ich hätte pendeln müssen. Ich bin aufs Gymnasium gegangen und wäre mit Hin- und Rückfahrt über zwei Stunden im Zug gesessen, da wäre die Schule auf der Strecke geblieben. Deswegen habe ich mich für Bayern entschieden. Ich bin froh, diesen Schritt gewählt zu haben, weil es der richtige war. Ich habe in München eine sehr gute fußballerische Ausbildung genossen.

SPOX: Was macht die Ausbildung beim FC Bayern aus?

Feulner: Das junior team wurde damals von Björn Anderson aufgebaut und geleitet. Es gab ein einheitliches Spielsystem in den verschiedenen Altersstufen und die Technik mit beiden Füßen wurde geschult.

SPOX: Mit dem FC Bayern wurden Sie 2001 deutscher A-Jugend-Meister.

Feulner: Wir hatten damals einen Jahrgang, der qualitativ sehr gut war. Da spielten unter anderem Lahm, Misimovic und Trochowski.

SPOX: Haben Sie zu Ihren früheren Mannschaftskollegen aus Jugendzeiten noch Kontakt?

Feulner: Wenig. Den meisten Kontakt habe ich zu Basti Schweinsteiger. Wenn ich in München bin, sehen wir uns. Letztes Jahr hat er mir viele Video-Botschaften geschickt, weil ich lange Zeit der einzige Auswärtstorschütze gegen die Bayern war. Alle zwei Wochen kam da was, das war schon lustig.

SPOX: Mit Schweinsteiger spielten Sie aber nicht in der Jugend, oder? Er ist zweieinhalb Jahre jünger als Sie.

Feulner: Uns verbindet die gemeinsame Zeit im Internat und bei den Profis. Da hatten wir es nicht leicht. Wir waren mit Owen Hargreaves die einzigen jungen Spieler in diesem Kader. Das gab es bei Bayern jahrelang nicht, dass Spieler hochgezogen wurden. Hargreaves war der erste, dann kamen Basti und ich. Das war ein Riesenschritt.

SPOX: Im Mai wurden Schweinsteiger und Lahm als die Gesichter des Vereins Champions-League-Sieger. Noch dazu im Duell mit Ihrem anderen Ex-Klub Dortmund. Wem haben Sie die Daumen gedrückt?

Feulner: Ich habe sechs Jahre bei Bayern gespielt und Basti den Titel umso mehr gegönnt, weil er ihn schon zweimal verpasst hatte. Er und die Mannschaft haben sich diesen Titel verdient. Das ist eine tolle Karriere.

SPOX: Sie wurden sowohl mit Bayern als auch Dortmund Meister, kamen dabei aber nur selten zum Einsatz. Fühlen Sie sich auch als zweimaliger Titelträger?

Feulner: Andere Ziele, die ich mit Nürnberg oder Mainz erreicht habe, hänge ich höher. Der souveräne Klassenerhalt mit dem Club ist mir mehr wert als diese Titel. Es war eine schöne Zeit in Dortmund, ich habe es genossen, dabei zu sein in dieser funktionierenden Mannschaft, aber es war nicht zufriedenstellend. Hier konnte ich meine Qualitäten einbringen und die Ziele erreichen.

Markus Feulner im Steckbrief