Mehr als die Nummer eins hinter den Top zwei?

Von Benjamin Wahlen
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Rheinischer Paradigmenwechsel

2004 endete die Ära Reiner Calmund, dessen hervorragende Kontakte nach Südamerika Bayer jahrelang mit hochtalentierten Brasilianern versorgten. Calmund holte Größen wie Lucio, Juan, Emerson, Ze Roberto und Paulo Sergio in die Bundesliga.

Dass man diesen Kurs ohne Calmunds Näschen nicht fortsetzen konnte, zeigten die Verpflichtungen von Renato Augusto und Henrique, die in Leverkusen nie wirklich Fuß fassen konnten.

Es folgte ein Paradigmenwechsel. Weg von südamerikanischen Risikoeinkäufen, hin zu jungen, deutschen Spielern.

Während zu Calmunds Zeiten immer 3-4 Brasilianer in Leverkusens Kader zu finden waren und der Anteil deutscher Spieler deutlich unter 50 Prozent lag, ist das heutige Team gespickt mit ehemaligen deutschen Talenten, die in Leverkusen zu Leistungsträgern reiften. Brasilianer sucht man auf dem Meldeblatt der aktuellen Saison vergebens.

Leverkusen verfolgt eine klare und strukturierte Vereinspolitik, die nur im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten agiert und keine Schnell- oder Risikoschüsse zulässt.

Understatement von Kopf bis Fuß

Best Of The Rest, heißt das Motto in Leverkusen. Spieler, Vereinsführung und sogar das Umfeld werden nicht müde, zu betonen, dass das Saisonziel ausschließlich Platz drei hinter Dortmund und Bayern sei. Es besteht kein Zweifel daran, dass dieser Blick auch nach dem überzeugenden Saisonstart nicht nach oben korrigiert wird.

Bayer Leverkusen ist bescheiden. Genau wie die Fans. Man freut sich über die direkte Champions-League-Qualifikation und schaut mit Spannung auf die bevorstehenden Aufgaben auf nationaler und internationaler Ebene. Solange am Ende der Saison ein Platz unter den ersten drei herausspringt, wird kein Pfeifkonzert durch die BayArena gellen.

Anders als beim Rheinnachbarn aus Köln, kann in Leverkusen in Ruhe gearbeitet werden. Das Umfeld ist genügsam geworden und schreit nicht ständig nach noch besseren Leistungen und noch höheren Zielen.

Das große Aber

Die Wunden der Vergangenheit

Viel spricht dafür, dass Bayer die Meisterschaft in einen Dreikampf verwandeln kann - läge da nicht der Fluch des ewigen Zweiten über Leverkusen.

Zu oft stand man sich kurz vor dem Ziel selbst im Weg und musste anderen Mannschaften die Titel überlassen. In der Saison 2001/2002 verspielte Bayer die sicher geglaubte Meisterschaft an den letzten beiden Spieltagen und verlor im Finale der Champions League und des DFB-Pokals.

Kein anderer Bundesligist verkörpert die mentale Torschlusspanik in gleichem Maße. Wann immer es auf die Zielgerade geht, verfliegt die Leichtigkeit. Die Angst des erneuten Scheiterns auf den letzten Metern gewinnt die Überhand.

Bayer schreit förmlich nach dem Knotenlöser in Form eines Titels, der den Beinamen "Vizekusen" endlich ad acta legt.

Bayer Leverkusen im Überblick