V-Leute im Fußball ein regionales Phänomen

SID
In Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz werden V-Leute eingesetzt
© Getty

Berichte über den Einsatz von V-Leuten haben die Fanszene aufgeschreckt. Die DFL schweigt dazu. Ein flächendeckendes Phänomen ist die Ermittlungsmethode indes nicht. Die Arbeitsgemeinschaft Fananwälte kritisiert den Einsatz.

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Die Fans schwanken zwischen Ärger und Entsetzen, doch der Einsatz von V-Leuten in der Fußball-Szene ist zumindest kein flächendeckendes Phänomen.

Auf Anfrage erklärten am Mittwoch die Innenministerien von Niedersachsen, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Bayern, dass die jeweiligen Landespolizeien bei ihren Ermittlungen keine V-Leute unter Fußballfans einsetzten. Dies gilt auch für Hessen. Berlin bestätigte einen "gefahrenabwehrenden Einsatz" für den Zeitraum der WM 2006.

Michael Siefener, Sprecher des bayerischen Innenministeriums, verwies darauf, dass das größte Bundesland Kontakte zu V-Leuten lediglich bei der Bekämpfung von Schwerstkriminalität nutze. "Wir setzen keine V-Leute ein, um die Fußball-Szene auszuforschen", sagte Siefener.

"Völlig neue Qualitätsstufe"

Hamburg äußerte sich ausweichend, erklärte jedoch, über Einzelkontakte von Fans zu politisch extremen Gruppierungen hinaus sei die "Fußballszene insgesamt kein Beobachtungsobjekt". Weitere Ministerien ließen sich mit ihren Antworten Zeit.

Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg hatten erklärt, Informationen aus Kontakten zu V-Personen in der Fußballszene zur Gefahrenabwehr auszuwerten. Auch die Polizei in Rheinland-Pfalz setzt sie zur Gefahrenabwehr ein. Das bestätigte David Freichel, Pressesprecher des Landesinnenministeriums.

Weil die Gewalt im Zusammenhang mit Spielen zugenommen habe, müsse "die große Überzahl an friedlichen Fußballfans vor diesen Gefahren wirksam geschützt werden", sagte Freichel: "Dies kann im Einzelfall auch den Einsatz von Vertrauenspersonen bedeuten."

Dies geschehe "ausschließlich aufgrund einer richterlichen Entscheidung zur Abwehr solcher Gefahren und zur Verhütung oder Verfolgung einschlägiger schwerwiegender Straftaten".

Initiative "12:12" findet klare Worte

Die Methoden der Polizei wertet Lau als unverhältnismäßig. "Das ärgert mich richtig. Das kennt man sonst nur vom Rechtsextremismus oder Terrorismus. Wenn man Fußball-Fans jetzt damit gleichsetzt, kann man der Politik nur zurufen: Mäßigt Euch! Nehmt Euch mal zurück! Das geht entschieden zu weit", sagte er. "Da ist ein Bereich erreicht, wo man nur noch den Kopf schütteln kann. Da fehlen mir die Worte."

Noch deutlicher kritisierte der Sprecher der Fan-Initiative 12:12 die politisch Verantwortlichen, insbesondere Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger.

"Ich glaube, Herr Jäger hat seinen politischen Kompass verloren, wenn er gegen Fans vorgeht wie gegen Nazis und Terroristen. Das macht uns fassungslos", sagte Jan-Henrik Gruszecki.

"Herr Jäger braucht sich aufgrund solcher Maßnahmen nicht über die Politikverdrossenheit von Jugendlichen zu wundern."

"Es kann Schutz für die Fans sein"

Laut Ansicht des Fanforschers und Sportsoziologen Gunter A. Pilz besteht allerdings kein Anlass zur Aufregung. "Ich tue mich schwer, dies als Frontalangriff auf die Fans zu sehen. Das kann auch ein Stück Schutz für die Fans sein, wenn extreme Elemente beobachtet werden. Das muss man differenziert sehen", sagte Pilz.

Wenn die Gesellschaft den Einsatz von V-Leuten generell toleriere, sagte Pilz, "wieso sollte das Stadion dann tabu sein? Wenn damit kein Generalverdacht verbunden ist, halte ich das für legitim." NRW-Innenminister Jäger und die Deutsche Fußball Liga (DFL) wollten sich am Mittwoch auf SID-Anfrage nicht äußern.

Jäger hatte in seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage der Landtagsfraktion der Piraten bestätigt, dass die Polizei in NRW unter Fußballfans seit Jahren V-Leute zur Gefahrenabwehr einsetzt. Baden-Württemberg bestätigte den Einsatz dort auf Anfrage der Südwest Presse.

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