Teenager an die Macht

Von SPOX
Timo Horn wird die neue Nummer eins des 1. FC Köln, sollte Michael Rensing den Verein verlassen
© Getty

Nach der Saison ist vor der Saison! Die Bundesligisten arbeiten längst mit Hochdruck auf die Spielzeit 2012/2013 hin. SPOX beleuchtet die Baustellen aller 18 Vereine - im Duett mit einem Mitglied der User-Redaktion. Diesmal: der 1. FC Köln.

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Von SPOX-Redakteur Haruka Gruber

Ganz ehrlich: Wer kennt Fabian Schnellhardt? Kacper Przbylko? Oder Lukas Kübler? All das sind Namen jener Teenager, die ab der kommenden Saison den 1. FC Köln prägen sollen.

Während sich Lukas Podolskis Weggang lange abgezeichnet hatte, entschloss sich Köln nach der katastrophalen Saison offenbar dazu, die weiteren Leistungsträger wie Michael Rensing (Ausland?), Geromel (Bremen?), Milivoje Novakovic (zum Nulltarif weg?), Sascha Riether (Stuttgart? Leverkusen?) und Martin Lanig abzugeben.

Stattdessen verfolgt der Verein unter neuer Führung und neuem Trainer einen neuen Weg: Der Abstieg in die Zweitklassigkeit bewegt Köln dazu, die seit Jahren erfolgreiche, aber lange vernachlässigte Nachwuchsabteilung stärker zu akzentuieren.

Kölns Quadratur des Kreises

Die nicht unbedingt innovative, aber nachvollziehbare Strategie: Der FC passt sich den finanziellen Rahmenbedingungen an und schafft wieder Nähe zu den entfremdenden Fans, die sich nach Identifikationsfiguren sehnen.

Das Risiko der fehlenden Wettbewerbsfähigkeit angesichts der zu erwartenden Weggänge hat der Verein erkannt - wobei Köln noch nicht recht weiß, mit welcher Zielsetzung es in die neue Saison gehen soll.

"Sportlicher Erfolg bei finanzieller Konsolidierung - das ist sicherlich die Quadratur des Kreises, aber wir wollen das schaffen", sagt Geschäftsführer Claus Horstmann.

Köln setzt auf Doppellösung Schaefer/Jakobs

Das Problem Außendarstellung

Während die Nachwuchsförderung großen Konsens findet, droht Horstmann selbst zu einem Politikum zu werden. Er verweigerte trotz anderweitiger Andeutungen und trotz der teils bizarr verlaufenen Rückrunde auf einen freiwilligen Rückzug.

Entsprechend wird zu beobachten sein, wie die neue Vereinsspitze um Werner Spinner und Toni Schumacher mit dem umstrittenen Horstmann zusammenzuarbeiten gedenkt. Bereits bei Holger Stanislawskis Ernennung zum neuen Cheftrainer soll es zu Unstimmigkeiten gekommen sein.

Doch sollte die Führung einheitlich auftreten und Stanislawski auch im Falle von zu erwartenden Leistungsschwankungen stützen, dürfte sich zumindest die Außendarstellung verbessern, was nach dem Chaos der Vorsaison bereits ein Erfolg wäre.

Timo Horn und Co.

Womöglich wird die kommende Saison auch ein Jahr der Konsolidierung und der internen Reinigung. Denn: Angesichts des Kaderumbaus ist ein Aufstieg nicht selbstverständlich. Christian Clemens, Christopher Buchtmann (beide 20), Mikael Ishak und der designierte Rensing-Nachfolger Timo Horn (beide 19) bringen allesamt eine gewisse Veranlagung mit und hoffen auf den Durchbruch. Ausgang: offen.

Ebenso offen, ob es Köln tatsächlich gelingt, die Anbindung des Nachwuchs- an den Profibereich zu gewährleisten. Die B-Jugend gewann zwar zweimal in Folge die Bundesliga-West-Meisterschaft und ist amtierender Deutscher Meister, die A-Jugend wiederum platzierte sich seit der Gründung der Bundesliga West in jeder Saison unter den besten Sechs.

Die Qualität müsste demnach vorhanden sein. Aber viel entscheidender wird sein, dass nicht übertrieben große Erwartungen damit geknüpft werden.

Von mySPOX-User midget

Der 1. FC Köln bekam das vom gequälten Fußballgott zurück, was er sich innerhalb der Saison kontinuierlich erarbeitete beziehungsweise verweigerte: einen Hauch von Nichts. Oder knallhart im Fußballer-Jargon: Die Blutgrätsche mitten ins kölsche Herz, den fünften Abstieg innerhalb von 15 Jahren.

Der VfL Bochum musste immer als Vorzeigeklub unter den Fahrstuhlmannschaften herhalten. In Zukunft wird sich das ändern, der FC ließ kein Fettnäpfchen aus für den Award "Most ridiculous company". Er bettelte um die Schmach. Er war der traurige Clown in der Manege, den niemand mehr - wirklich niemand - vor lauter Mitleid witzig fand.

Es ist ja müßig, die letzte Saison nochmal durchzukauen, wer wann was falsch gemacht hat, welche Ecke des Sandkastens nun neuverteilt wurde und warum man etwas kaufte, wofür man gar keine Verwendung fand. Die ganzen Finke-Solbakken-Horstmann-Overath-Schaefer-Storys sind zur Genüge durchgekaut worden.

Frankfurt 2.0

Ein Verein schiffte führungslos ein halbes Jahr lang durch die Bundesliga. Ohne Präsident, danach ohne Sportdirektor und zum Schluss auch ohne etablierten Lizenztrainer, dafür mit einer gespaltenen Anhängerschaft. Die beste Hinrunde seit Urzeiten wurde von der Rückrunde in den Arsch getreten. Frankfurt 2.0 am Rhein.

Blutleer spulten die Profis um "The Cologne Wunderkind" Lukas Podolski, den es ins Königreich zieht, ihr Pensum runter, was da hieß: keinen Zweikampf führen, keinen Biss zeigen, kein Engagement für den Verein und seine Fans aufkommen lassen. Erfolgreich!

Man findet sich nach vier Jahren Bundesliga-Zugehörigkeit in den Niederungen des deutschen Fußballs wieder. Ob Sandhausen, Aue, Aalen oder Union Berlin das RheinEnergieStadion füllen werden, bleibt abzuwarten.

Guter Vorstand

Voraussetzung hierfür ist ein wohldurchdachtes Konzept. Ein Konzept, welches man sowohl den Sponsoren, den Fans als auch den Mitgliedern vermitteln kann. Und das kann nicht heißen, wieder mal die Millionen in den Wind zu schießen für Altstars aus Portugal, Tunesien, der Türkei oder Kolumbien.

Kluge Köpfe braucht der 1.FC Köln in diesen Wochen. Hierfür steht der neue Vorstand um Herrn Spinner, Herrn Ritterbach und Toni Schumacher. Ein Anfang ist gemacht, aber das Kölner Dreigestirn ist um seine Aufgaben nicht zu beneiden.

Schnellschüsse bei der Kaderplanung sind endlich mal zu vermeiden. Auch mit einem um 30 Prozent geringeren Etat!

Der 1.FC Köln braucht Kontinuität. Kontinuität, die der Klub seit über 20 Jahren nicht mehr hatte.

Der 1.FC Köln braucht handelnde Personen, die in einem hektischen Umfeld Ruhe ausstrahlen und intelligent handeln.

Der 1.FC Köln braucht darüber hinaus - und das ist wohl das wichtigste - einen Lizenzspielerkader, der homogen ist. Elf Individualisten garantieren keinen Erfolg.

2. Liga als Chance

Nur wenn man sich als Einheit präsentiert, hier müssen sich die Fans mit angesprochen fühlen, wird man in Zukunft wieder erfolgreich sein. Der neue Vorstand wird sich in diesem Zusammenhang auch um die vermehrte Gewalt im Zeichen des Geißbocks kümmern. Guter Vorstand!

Erfolg ist in Köln Auslegungssache. Ein Anfang wäre gemacht, wenn man als FC-Fan nach einem Spiel endlich wieder sagen könnte: "Nä, wat hat dat widder Spass jemacht!"

Vielleicht ist das in der 2. Liga eher möglich. Eine Chance ist es allemal.

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