Werder probiert's mit Gelassenheit

SID
Thomas Schaaf ist seit 1996 Trainer beim SV Werder Bremen
© Getty

Gelassenheit als Tradition: Wie gewohnt versucht Werder Bremen die sportliche Krise mit Ruhe und Besonnenheit zu meistern. Diese Marschroute gilt zumindest bis zum Bundesliga-Heimspiel am Samstag gegen Eintracht Frankfurt.

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Der Trainer schweigt, der Geschäftsführer beschwört und der Aufsichtsrat mahnt - auch in der aktuellen Krise zelebriert man bei Werder Bremen zumindest nach außen hin den Schulterschluss.

Noch, denn aus alter Tradition heraus hoffen die Hanseaten mit demonstrierter Gelassenheit die rasante sportliche Talfahrt zu stoppen. Was nach einer weiteren Niederlage am Samstag gegen Eintracht Frankfurt an der Weser los wäre, wird vorerst tunlichst verdrängt.

"Wir sind kein Allerweltsverein, sondern der SV Werder Bremen. Deshalb bewahren wir die Ruhe und diskutieren sachlich", sagt Ex-Manager und Aufsichtsrats-Boss Willi Lemke und gibt verbal die Richtung vor.

Krisenerprobter Aufsichtsrat

Der mittlerweile 64-Jährige ist der wohl krisenerprobteste Funktionsträger bei den Norddeutschen, die am Ende seiner 18 Jahre währenden Manager-Tätigkeit 1999 beinahe abgestiegen wären. Es war Lemke, der damals kurz vor der drohenden Zweitklassigkeit den Vertrag mit einem neuen Cheftrainer namens Thomas Schaaf aushandelte.

Seither trägt Schaaf die sportliche Verantwortung in der Hansestadt, aus Krisen ist er mindestens unbeschadet, manchmal sogar gestärkt hervorgegangen. Auch weil die Mannschaft sich am Riemen riss und noch die Kurve bekam. 2009 glich man eine mittelmäßige Ligasaison mit dem Pokalsieg und der Finalteilnahme im UEFA-Cup aus.

Um den Jahreswechsel 2009/2010 herum kassierte Werder fünf Niederlage hintereinander, am Ende reichte es dennoch zu Rang drei mit anschließender Champions-League-Qualifikation. Und diese Saison nach dem vorläufigen Tiefpunkt beim 0:6 in Stuttgart?

"Wir müssen enger zusammenrücken"

Geschäftsführer Klaus Allofs bleibt derzeit kaum mehr übrig, als die Standardsätze der vergangenen Wochen leicht variiert zu wiederholen: "Wir müssen enger zusammenrücken, nicht verrückt spielen und das Potenzial wecken."

Zuletzt hat das alles nicht mehr gefruchtet, aus dem DFB-Pokal ist man bereits ausgeschieden, in der Champions League ist ein Scheitern kaum noch zu verhindern.

Da wären schon neue Werder-Wunder bei Tottenham Hotspur und gegen Inter Mailand vonnöten, doch diese grün-weißen Mirakel gab es auch in der Vergangenheit nur, wenn das Mannschafts-Klima stimmte. Eine solche Einheit ist augenblicklich Vergangenheit, zu unterschiedliche Typen tragen das Trikot mit der Raute.

Wieder Ärger um Arnautovic

Mannschaftskapitän Torsten Frings gibt gern den polternden Zusammenstaucher, für ihn offenkundig unerreichbar am anderen Ende der Skala hat sich der kindsköpfige Gernegroß Marko Arnautovic eingenistet.

BLOG Arnautovic ist selbst sein größter Kritiker

Der zu Saisonbeginn verpflichtete österreichische Nationalspieler soll den Traditionsklub am Montag vor laufenden TV-Kameras als "Saftladen" tituliert haben, als er und seine Kollegen auf dem Weg zum Trainingsplatz unvermittelt zu einer Besprechung zurückbeordert wurden.

Verunsicherte Profis

Irgendwo dazwischen verunsicherte Profis, die eigentlich Leistungsträger sein sollten und beispielsweise der Blitztransfer Mikael Silvestre. Menschlich offensichtlich ein supernetter Kerl, sportlich jedoch längst über seinen sportlichen Zenit hinaus.

"Zu viel Ruhe im Team ist auch nicht gut, man muss auch Reizpunkte setzen", hat Sportdirektor Allofs schon mehrfach über seine Transferpolitik gesagt.

Früher waren die Bremer Mannschaft und ihr Trainer auch stets in der Lage, exzentrische "Problembären" wie Ailton oder Johan Micoud wie auch immer zu integrieren. Derzeit aber hat jeder mit sich selbst zu tun - mehr als genug.

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