Erstmals seit 1991: Bundesliga ohne Ostklubs

SID
Verzweiflung bei den Fans: Hertha BSC steigt ab in Liga zwei
© Getty

Mit dem Abstieg von Hertha BSC Berlin ist der Super-GAU für den Fußball-Osten der Republik amtlich. Erstmals seit dem Zusammenschluss von Ost und West im Jahr 1991 ist in der kommenden Saison kein Klub aus Berlin oder den neuen Bundesländern im Oberhaus vertreten - der Osten verkümmert zur Fußball-Diaspora.

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"Das ist traurig. Man kann nur hoffen, dass Klubs aus dem Osten schnell wieder in die Bundesliga zurückkehren", sagt DFB-Präsident Theo Zwanziger.

Die Aussichten dafür sind für die Klubs des Nordostdeutschen Fußball-Verbandes (NOFV) allerdings wenig verheißungsvoll. In der 2. Liga dümpelt Absteiger Energie Cottbus im Mittelfeld.

Kostmann: "Das ist zum Kotzen"

Union Berlin erlebte nach gutem Saisonstart einen tiefen Absturz und machte erst am Sonntag den Klassenerhalt endgültig perfekt. Und dem jahrelangen Bundesligisten Hansa Rostock drohen sogar Relegationsspiele gegen den Abstieg.

"Das ist zum Kotzen", sagte Hansa-Trainer Marco Kostmann nach dem 0:0 gegen Cottbus am Sonntag und ging fluchend in die Kabine.

"Ich bin sehr enttäuscht, dass wir die Chance nicht wahrgenommen haben, den Klassenerhalt wieder aus eigener Kraft schaffen zu können", meinte der Trainer der Rostocker, die vor dem Saisonfinale in Düsseldorf einen Punkt hinter dem Tabellen-15. FSV Frankfurt liegen.

Doch der NOFV braucht die Bundesliga. "Es kann auf Dauer nur weitergehen, wenn du einen Bundesligisten hast. Du brauchst für den Nachwuchs Vorbilder aus der eigenen Region", sagt der Vorsitzende Hans-Georg Moldenhauer.

Investitionen in die Infrastruktur

Der DFB und die Vereine selbst haben in den vergangenen Jahren viel in die Infrastruktur investiert. Jugendinternate wurden eröffnet, Trainingsgelände ausgebaut, Personal geschult. In Berlin und Leipzig entstanden mit Bundeshilfe Luxus-Arenen.

Doch ein durchschlagender Erfolg blieb aus, weil die besten Talente oftmals dem Lockruf des großen Geldes erliegen. "Strukturell haben die Klubs aus dem Osten aufgeholt, doch wenn die Talente lieber beim HSV oder in Leverkusen ihr Geld verdienen wollen, sind die Vereine aus dem Osten oft machtlos", sagt Zwanziger.

Für Franz Beckenbauer bleiben die Standortfaktoren entscheidend für nachhaltigen Erfolg. "Die wichtigste Voraussetzung sind die Stadien. Die müssen stimmen, um langfristig einmal wieder dahin zu kommen, wo man mal war", sagt der "Kaiser". Berlin, Leipzig, Rostock, Dresden oder Magdeburg verfügen über moderne Arenen, doch die Klubs konnten bislang das große Potenzial nicht ausschöpfen.

Hoffnungsschimmer Erzgebirge Aue

Doch bei allem Frust im Osten gibt es auch Hoffnungsschimmer. Dazu zählt seit dem Wochenende Erzgebirge Aue. Mit kleinem Etat schafften die Sachsen die vielumjubelte Rückker in die 2. Liga. Egal ob Klubvertreter, Fans oder Sachens Ministerpräsident Stanislav Tillich, alle sprachen vom "Wunder im Osten" und zeigten damit, wie groß das Bedürfnis nach besonderen Erfolgen ist.

Dass die Veilchen allerdings nicht für Bundesliga-Glanz sorgen können, machte Aues Präsident Bernd Keller auf der Aufstiegsfeier deutlich: "Für uns ist die 2. Liga schon ein riesiger Erfolg. Viel mehr geht nicht."

Anders sieht die Lage bei RB Leipzig aus. Mit viel Geld vom österreichischen Getränkehersteller Red Bull ist die Bundesliga angepeilt. Allerdings langfristig.

Am Wochenende schafften die Messestädter zunächst einmal den Aufstieg in Liga vier. Ob der Höhenflug so anhält wie einst in Hoffenheim, bleibt abzuwarten.

In der kommenden Saison will Rasenballsport Leipzig seine Spiele in der WM-Arena austragen - so weht zumindest etwas Flair vom großen Fußball durch den Osten.

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