HSV: Sportchef-Kandidat Grill ausgeladen

SID
Der HSV hat noch keinen Nachfolger für Ex-Sportchef Dietmar Beiersdorfer (l.) gefunden
© Getty

Die Suche nach dem neuen Sportchef beim Hamburger SV kommt weiter nicht voran. Nachdem Oliver Kreuzer absagte, durfte auch der zweite Kandidat Roman Grill sein Konzept nicht vortragen.

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Starke Leistungen der Mannschaft, schwache Vorstellung der Klubführung: Die Suche nach einem neuen Sportchef hat sich beim Hamburger SV zu einem Possenspiel entwickelt und sorgt beim Tabellenführer der Bundesliga für eine hausgemachte Krise.

Nachdem in Oliver Kreuzer einer der zwei verbliebenen Kandidaten am Dienstagabend kurzfristig abgesagt hatte, durfte auch der als Favorit gehandelte Roman Grill sein Konzept nicht vor dem Aufsichtsrat vorstellen.

Somit bleibt der Posten des HSV-Sportchefs auch gut zwei Monate nach dem Abgang des vorherigen Amtsinhabers Dietmar Beiersdorfer vorerst weiter vakant.

Becker: "Wir fangen wieder bei Null an"

"Der Aufsichtsrat hat immer gesagt, dass er zwei Kandidaten hören will. Daher haben wir folgerichtig gehandelt, auch wenn der Vorgang in der Außendarstellung natürlich unglücklich wirkt. Jetzt werden wir weiter den Markt sondieren", sagte Chefkontrolleur Horst Becker.

Auf einen Zeitplan bei der Suche nach neuen Bewerbern wollte sich der 69-Jährige nicht festlegen. "Wir haben keine Eile. In den nächsten zwei oder drei Wochen wird aber wohl nichts passieren. Es kann noch Monate dauern. Wir fangen wieder bei null an", meinte Becker und betonte, dass auch Grill für die angestrebte neue Präsentationsrunde "nicht gesetzt" sei: "Das würde keine gute Wirkung auf andere potenzielle Kandidaten haben."

Kreuzer-Absage per SMS

Kreuzers Absage war dem Chefkontrolleur per SMS zugegangen, nachdem er sich noch wenige Stunden zuvor sogar in konkreten Gehaltsverhandlungen mit dem potenziellen neuen Sportchef befunden hatte.

"In dem persönlichen Gespräch am Nachmittag hat Oliver Kreuzer nicht zu erkennen gegeben, dass er auf seine Kandidatur verzichtet", berichtete Becker und zeigte sich enttäuscht: "Wenn jemand nach Hamburg reist, hätte ich schon erwartet, dass er sich auch dem Aufsichtsrat vorstellt."

Nach einem Treffen mit dem HSV-Vorstand um Klubboss Bernd Hoffmann, der von Anfang an Grill als neuen Sportchef bevorzugte, kam es bei Kreuzer aber offenbar zu einem Sinneswandel.

Becker weist Beeinflussungen von Hoffmann zurück

"Bei mir hatte sich der Eindruck verfestigt, dass sich der Vorstand des HSV bereits unumstößlich auf Roman Grill als Sportchef des Vereins festgelegt hatte", sagte Kreuzer, der derzeit als Manager bei Sturm Graz tätig ist, gegenüber "Sport Bild online": "Deshalb sah ich keine Notwendigkeit für ein finales Gespräch mit dem Aufsichtrat."

Becker wollte von einer möglichen Beeinflussung vonseiten Hoffmanns aber nichts wissen. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Vorstand Herrn Kreuzer zu seiner Entscheidung bewogen hat. Es bringt nichts, über die Gründe zu spekulieren", meinte der Boss der Kontrolleure.

Dazu wies Becker Spekulationen zurück, dass sich Kreuzer nur hätte präsentieren sollen, um einen Gegenkandidaten zu Grill zu stellen: "Das ist nicht richtig. Sonst hätte ich mit Herrn Kreuzer kaum über seine Gehaltsvorstellungen gesprochen."

Grill zieht seine Kandidatur nicht zurück

Grill will seine Bewerbung derweil aufrechterhalten. "Mir steht keine Bewertung der Situation zu und ich befinde mich weiter im Wartestand. Ich sehe keine Veranlassung, an meiner Kandidatur etwas zu ändern, nur weil ein anderer Kandidat abgesagt hat", sagte der 43-Jährige, der derzeit als Spielerberater tätig ist und unter anderem HSV-Profi Piotr Trochowski vertritt.

Auch Stimmen, die ihm seine vermeintliche Nähe zu Hoffmann vorwerfen, will Grill nicht gelten lassen. "Ich habe zu Herrn Hoffmann eine professionelle Arbeitsbeziehung - mehr nicht. Er hat mich aufgrund meiner Beratertätigkeit kennen- und offenbar schätzen gelernt. Dass man sich gut versteht, ist für eine gute Zusammenarbeit doch eine Grundvoraussetzung", sagte Grill, der auch etwaige Gewissenskonflikte im Falle seiner Ernennung zurückwies.

"Ich sehe meine Beratertätigkeit als eine Art Mandat. Diese Beratungsaufgabe kann man beenden. Außerdem befähigt mich meine bisherige Aufgabe, den Posten eines Sportchefs auszufüllen. Ich habe die nötige Erfahrung und die nötigen Kontakte", äußerte Grill. Einige HSV-Aufsichtsräte sollen diese Einschätzung allerdings nicht teilen.

"Das möchte ich nicht kommentieren", meinte Chefkontrolleur Becker. Bis auf Weiteres müssen die Aufgaben des Sportchefs nun wie schon zuletzt von Hoffmann und Trainer Bruno Labbadia übernommen werden.

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