"Das war's jetzt"

SID
Fußball, Bundesliga, Oliver Kahn, Abschied, Allianz Arena
© dpa

Als weit nach Mitternacht im Zelt des Deutschen Theaters auch die letzte hymnische Rede auf Oliver Kahn gehalten war, hatte der "Titan" seine Emotionen weitgehend wieder unter Kontrolle.

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Der "Wahnsinn", der "Traum", der emotionale "Gipfel", den der neue Ehrenspielführer des FC Bayern zuvor in der Allianz Arena bei seinem rauschenden Abschiedsspiel gegen die Nationalmannschaft mit den fast 70.000 Zuschauern erklomm, hatte ihn tief bewegt.

Freude, Tränen, Emotionen

"Man würde gerne weinen, aber gleichzeitig ist Freude da", versuchte Kahn das Unbeschreibliche zu beschreiben: "Es war wie ein Traum. Das Größte."

Die Ehrenrunde, die Ovationen, die Spalier stehenden Teamkollegen des FC Bayern und der Nationalelf - "da verdrückt man schon die eine oder andere Träne", gab Kahn zu.

Und bevor er für einen Augenblick, ganz allein mit sich und seinen Gefühlen in der Umkleidekabine sein durfte, sagten drei Worte mehr als alle anderen: "Das war's jetzt!"

21.40 Uhr - die Welt steht still

Am Dienstagabend, um 21.40 Uhr, war Oliver Kahn am Ende einer unglaublich langen und wechselvollen Torwart-Reise angekommen.

Zum letzten Mal zeigte er ein paar Hechtsprünge, blies die Backen beim Abschlag auf, trank aus der Wasserpulle und ärgerte sich beim unwichtigsten 1:1 seiner Laufbahn über ein Gegentor, das HSV-Profi Piotr Trochowski gegen ihn erzielte.

Bis kurz vor der 75. Minute, als Schiedsrichter Markus Merk seine Karriere endgültig abpfiff, hatte Kahn gar nicht ans Ende gedacht.

"Vorher greifen die alten Mechanismen", berichtete er, selbst verblüfft darüber: "Du willst kein Tor bekommen. Du willst gewinnen. Und dann treibst du deine Teamkollegen an." Ein echter Kahn - bis zum Schluss.

Das Leben für einen Titel

"Man hat sich viele Bilder von mir machen können", bemerkte Kahn. Sein Abschied bedeutet eine Zäsur, nicht nur für den FC Bayern.

"Meine Generation von Spielern war bereit, für einen Titel, für einen Sieg, unser Leben zu geben", bemerkte Kahn nach seinem finalen Match, in dem er keinen Gegenspieler gewürgt hatte, keine Eckfahne aus dem Rasen riss, um im Jubelrausch wild mit ihr herumzufuchteln.

"Immer weiter" - Schluss, aus, vorbei. "Momentan habe ich gar keine Lust auf Fußball. Ich werde mir auf keinen Fall einen neuen Käfig suchen."

"Oliver Kahn ist Deutschland"

Als er aus den kurzen Hosen in den feinen Zwirn geschlüpft war und mit seinen 600 geladenen Gästen zur "dritten Halbzeit" ins Festzelt umgezogen war, begann der Marathon der großen Danksagungen.

Kahn selbst bedankte sich in seiner fast staatstragenden Rede besonders bei seinem langjährigen Torwartcoach Sepp Maier, seinem ersten großen sportlichen Förderer Winfried Schäfer und den von ihm "bewunderten" Ottmar Hitzfeld. Und der FC Bayern wird ohnehin "immer oben sein".

DFB-Präsident Theo Zwanziger würdigte den 86-maligen Nationalspieler: "Oliver Kahn ist nicht nur Bayern. Oliver Kahn ist Deutschland." Der bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein überreichte ihm - wie originell - einen Golfschläger aus Titan.

Kahn, Hoeneß und knallende Türen

Zuletzt schritt Uli Hoeneß ans Mikrofon. Der Bayern-Manager stellte neben dem Sportler auch den "nachdenklichen, intelligenten Menschen" Oliver Kahn heraus.

"Viele junge Spieler heutzutage müssen sich eine Scheibe abschneiden von dieser Besessenheit", rief er ins Festzelt mit Zuhörern wie Lukas Podolski oder Bastian Schweinsteiger.

Hoeneß berichtete, wie er sich mit dem Torwart in seinem Büro "einmal richtig gefetzt" hatte. Ende letzten Jahres war das, nach Kahns Verschwinden von der Weihnachtsfeier des Vereins. "Die Tür hat gescheppert, wir haben geglaubt, die Säbener Straße fällt zusammen."

Hoeneß hat auch das imponiert, auch das macht Kahn "interessant für den FC Bayern". Es klang wie ein indirektes Werben des Managers um den 39-Jährigen als sein Nachfolger. Doch Kahn weiß gar nicht, ob er überhaupt "nochmal eine Funktion im Profi-Fußball" übernehmen möchte. "Darauf bin ich sehr gespannt", bemerkte Hoeneß.

Kahns emotionaler Abschied im SPOX-Spielfilm zum Nachlesen