Der defensive Pädagoge

Von Interview: Stefan Moser
Bojan Prasnikar, Cottbus
© Getty

München - "Die größte Herausforderung meiner Laufbahn", nannte Bojan Prasnikar seinen Job bei Energie Cottbus. Der Trainer, der bis vor einigen Wochen nur Insidern ein Begriff war, soll die Lausitzer als Nachfolger des beliebten Petrik Sander zum Klassenerhalt führen. 

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Der Slowene (Vertrag bis Juni 2009) gilt in seiner Heimat als Idol und betreute schon drei Mal die slowenische Nationalmannschaft. Mit Maribor schaffte er einst sogar die Qualifikation für die Gruppenphase der Champions League.

Auch sein Einstand bei Cottbus kann sich sehen lassen: Bei seinen ersten beiden Einsätzen gegen Eintracht Frankfurt (2:2) und Hertha BSC (0:0) verdoppelte er die Punktausbeute von Energie - von zwei auf vier.

Doch damit ist Prasnikar nicht zufrieden, wie er im Interview mit SPOX.com verrät. Der 54-Jährige spricht über seine Spielphilosophie, mögliche Neuzugänge und den angestrebten "Sprung über den Strich".

SPOX: Herr Prasnikar, wie kam der Kontakt mit Cottbus zustande?

Bojan Prasnikar: Ich hatte in der Vergangenheit schon mehrfach Angebote aus der Bundesliga. Aber ich stand immer unter Vertrag und konnte nicht wechseln. Diesmal war es anders. Ich hatte eine Ausstiegsklausel und so konnte ich kurzfristig nach Cottbus wechseln. Das Angebot war ausgesprochen reizvoll.

SPOX: Von Manager Heidrich hörte man, der deutsche Trainermarkt gebe nicht viel her und man habe sich daher in Osteuropa umgeschaut. Sehen Sie sich als Notlösung?

Prasnikar: Nein, ich weiß, dass ich der zweite Trainer war, den Energie angesprochen hat. Ich halte es auch für normal, dass sich ein Bundesligist zunächst im eigenen Land umsieht.

SPOX: Haben Sie die Bundesliga und Cottbus vorher schon intensiv verfolgt?

Prasnikar: Die Bundesliga ist in Slowenien die Liga Nummer 1. Jedes Kind wächst damit auf. Wir verfolgen den deutschen Fußball sehr interessiert. Insofern wusste ich einiges über Energie. Den Kader an sich lerne ich jetzt kennen. Wir haben schon die ersten Fortschritte gemacht und das macht mich optimistisch.

SPOX: Der "Kicker" beschreibt Sie als "Taktikfuchs und Kumpeltyp, der aber auch dazwischen hauen kann". Was für ein Typ sind Sie wirklich?

Prasnikar: Es ist immer schwer, sich selbst zu beschreiben. Kein Trainer kann nur der Freund der Spieler sein. Auf der anderen Seite darf ein Trainer nicht nur Druck machen. Er muss immer auch ein guter Pädagoge sein. Und so sehe ich mich.

SPOX: Sie gelten in ihrer Heimat als Trainer mit einer offensiven Spielphilosophie. Ist so ein Stil auch mit Cottbus zu verwirklichen?

Prasnikar: Die Defensive ist das Wichtigste. Das gilt für jede Sportart. Zuerst muss die Null stehen. Aber natürlich muss die Mannschaft auch nach vorn spielen, wenn sie gewinnen will. Und dass wir beides können, haben zuletzt die Spiele gegen Frankfurt und in Berlin gezeigt. Wir hätten mehr als zwei Remis verdient gehabt.

SPOX: Bisher waren Ihre Trainerstationen sehr kurz. Wie lange werden Sie in Cottbus bleiben?

Prasnikar: Ich habe diese Aufgabe gerade erst übernommen. Sie ist unheimlich reizvoll. Ich denke jetzt nicht an das Ende meines Vertrages.

SPOX: Ihr Vorgänger Petrik Sander war seit dem Aufstieg und dem überraschenden Klassenerhalt in der Lausitz ein Volksheld. Gab es Vorbehalte oder gar eine feindselige Stimmung gegen Sie?

Prasnikar: In keiner Weise. Ich bin mit Applaus im Stadion begrüßt worden und viele Menschen wünschen mir Glück und alles Gute. Ich wurde in Cottbus mit offenen Armen empfangen. Die Cottbuser sind sehr nett und die Stadt gefällt mir sehr.

SPOX: Inwieweit belastet Sie dieses schwere Erbe? Sollte der Erfolg ausbleiben, könnte es sehr schnell unruhig werden...

Prasnikar: Mich belastet das gar nicht. Die Vergangenheit zählt nicht mehr. Es geht darum, die Mannschaft wieder nach oben zu führen. Und ich habe das gute Gefühl, dass wir dafür ganz in Ruhe arbeiten können.

SPOX: Wie hat die Mannschaft auf Sie reagiert?

Prasnikar: Positiv. Ich habe die Mannschaft auf dem letzten Tabellenplatz übernommen. Keiner will dort unten bleiben. Das ist eine gute Basis, um gemeinsam neu anzufangen.

SPOX: Spüren Sie die Verunsicherung der Mannschaft? Wo besteht am meisten Handlungsbedarf?

Prasnikar: Es fehlt sicher das Erfolgserlebnis. Aber der Glaube an die eigene Stärke kommt zurück. Wir haben die ersten Schritte gegen Frankfurt und Hertha gemacht. Die Mannschaft hat sehr kompakt gestanden und diszipliniert gespielt. Das ist der richtige Weg.

SPOX: Welche Ziele haben Sie sich gesteckt? Und was muss passieren, dass Sie die auch erreichen?

Prasnikar: Ziel ist es, bis zur Winterpause den Abstand zu den Nichtabstiegsplätzen einzuschmelzen und im Frühjahr nach einer guten Vorbereitung den Sprung über den Strich zu schaffen.

SPOX: Werden Sie den Kader verstärken?

Prasnikar: Wir werden die Entwicklung jetzt sehr genau verfolgen. Jeder aus dem aktuellen Kader hat die Chance, sich anzubieten. Und wenn wir in der Winterpause die Möglichkeit haben, den Kader zu verstärken, werden wir diese sicherlich nutzen. Wir brauchen mehr Durchschlagskraft nach vorn.

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