Fandel bestätigt Missbrauchsfall

SID
Herbert Fandel beendete 2009 seine aktive Karriere als Schiedsrichter
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Erst das Vergnügen, dann die Pflicht: Bevor Theo Zwanziger am Freitag die Entscheidung über seine Zukunft als DFB-Präsident bekannt gibt, drückt der 65-Jährige am Donnerstag in Bochum den deutschen U-20-Juniorinnen im WM-Halbfinale gegen Südkorea die Daumen.

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Einiges spricht dafür, dass Zwanziger sich beim DFB-Bundestag am 21./22. Oktober in Essen zur Wiederwahl stellen wird - trotz der jüngst geäußerten Amtsmüdigkeit.

Den Mittwoch verbrachte der Verbandsboss in der DFB-Zentrale im Frankfurter Stadtwald. Bei Zwanzigers Vorbereitung auf die Präsidiumssitzung zwei Tage später am gleichen Ort wird sicher auch die Entwicklung in der Affäre Amerell/Kempter eine Rolle spielen.

Bis 2. August muss der DFB die Schadensersatzansprüche seines ehemaligen Schiedsrichterbeobachters Manfred Amerell in sechsstelliger Höhe anerkennen oder zumindest Gesprächsbereitschaft signalisieren. Ansonsten wird Klage gegen den Verband eingereicht. "Bis jetzt gab es noch kein Signal vom DFB. Wir warten ab", sagte Amerell-Anwalt Jürgen Langer am Mittwoch.

Fragen wirft nach Meinung des Münchner Juristen ein anderer Vorgang auf: Der seit Mai amtierende neue Schiedsrichter-Boss Herbert Fandel hatte seinen Vorgänger Volker Roth im Januar angeblich erst zur Weitergabe des Falls Amerell/Kempter an die DFB-Spitze gedrängt.

Amarell von Vorfall irritiert

"Nachdem ich inzwischen erfahren hatte, dass Kempter bei Roth gewesen war, habe ich Volker Roth gesagt, dass das gemeldet werden muss. Und wenn er es nicht melden würde, dann würde ich es machen", sagte Fandel und bestätigte einen Bericht der "Süddeutschen Zeitung".

Diesen Vorgang habe Amerell "irritiert zur Kenntnis genommen", sagte Langer, der jüngst erst erklärt hatte, dass sich die "Komplott-Theorie" gegen seinen Mandanten manifestiere.

Kempter hatte Amerell im Dezember wegen angeblicher sexueller Nötigung bei Roth angezeigt. Der frühere Schiedsrichter-Boss hatte Mitte Januar Zwanziger davon in Kenntnis gesetzt.

Fandel indes kündigte nach einem bekannt gewordenen Missbrauchsfall im Saarland ein konsequentes Durchgreifen für die Zukunft an. "Jemand, der anderen Schaden zufügt oder dabei zusieht, kann kein Schiedsrichter mehr sein", sagte Fandel.

Schiedsrichter reichte Rücktrittsgesuch ein

Der frühere FIFA-Unparteiische aus Kyllburg bestätigte einen Bericht der "Süddeutschen Zeitung", wonach es bei einem regionalen Lehrgang in der saarländischen Neuberger-Sportschule zu einem gewaltsamen Übergriff gekommen sei.

Anfang Juni hatte ein Referee Strafanzeige gegen sieben Kollegen gestellt, die ihm in einer durchzechten Nacht eine Trinkflasche anal eingeführt haben sollen.

Das betrunkene Opfer konnte sich nicht wehren. Brisant dabei: Mit von der Partie war in dieser Nacht ein Schiedsrichter, den der DFB zur neuen Saison ursprünglich in die zweite Liga aufsteigen lassen wollte.

"Dieser Beschluss war danach hinfällig", erklärte Fandel, der sofort reagiert und mit dem Beschuldigten ein Gespräch geführt hatte. Mittlerweile hat dieser bei Fandel ein Rücktrittsschreiben eingereicht.

Amerell: Schadensersatzklage gegen Kempter