Die dunkle Epoche einfach ignoriert

Pascal Wehrlein (M.) ist die Hoffnung für Besitzer Fitzpatrick (l.) und Teamchef Ryan
© Manor Grand Prix Racing Ltd
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Ermittlungen wegen fahrlässiger Körperverletzung auf den Unfall im DFB-Trainingslager folgten. Die Staatsanwaltschaft Bozen stellte fest, dass die Hauptschuld beim Mercedes-Piloten lag. Dass der Tourist die Absperrung überwunden hatte, spielte nur eine geringe Rolle. Wehrlein war auf regennasser Fahrbahn zu schnell unterwegs gewesen und hatte obendrein den Sicherheitsabstand unterschritten. Er kam mit einem Schock davon.

Es war Wehrleins Glück, dass sich Mercedes uneingeschränkt hinter seinen Fahrer stellte. Nach italienischem Recht hätte das Unfallopfer einen Strafantrag stellen müssen, damit der Unfallfahrer belangt wird. Mittlerweile ist die Untersuchung abgeschlossen.

Das Schweigegelübde

"Der Schock über die tragischen Ereignisse sitzt sehr tief. Meine ganze Hoffnung und meine Gedanken sind bei den beiden Verunglückten und ich bete, dass wir bald positive Nachrichten bekommen werden. Ich danke allen für die Unterstützung in diesen schweren Stunden", teilte er in der Nacht nach dem Unglück via Facebook mit.

Bis heute spricht Wehrlein nicht über die Zeit nach dem Unfall. Das Image des schnellen und verantwortungsbewussten Rennfahrers sollte ungetrübt bleiben.

Schon seit der Aufnahme in den ADAC-Förderkader im Jahr 2008 und dem anschließenden Start im Kartteam von Rekordweltmeister Michael Schumacher, hatte er Schulungen im Umgang mit den Medien erhalten. Mercedes führte die Ausbildung fort. Die Bemühungen zeigten Wirkung.

Glattgebügelt nannten einige die Antworten, professionell war die andere Sichtweise. Statt wie zu seiner Juniorenzeit Michael Schumacher und Lewis Hamilton als Vorbild anzugeben, war er einige Zeit später Fan von Schumi-Rivale Mika Häkkinen. Er sei durch väterliche Prägung schon immer Mercedes-Fan gewesen.

Der Eklat von Spielberg

Erst als Timo Scheider den Meisterschaftsführenden im ersten DTM-Rennen 2015 am Red-Bull-Ring in Spielberg auf Befehl von Motorsportchef Wolfgang Ulrich abschoss, zeigte Wehrlein sein wahres Gesicht. Es war erfreulicherweise menschlich.

"Wenn Audi auf diese Art eine Meisterschaft gewinnen muss, dann würde ich sagen, dass sie heute einen großen Krieg begonnen haben", regte er sich bei Autosport auf: "Ich hoffe, das hat ernste Konsequenzen. Ich hoffe, jeder schreibt über diese Situation, was Audi angefangen hat. Und ich hoffe, dass nächste Woche keiner einen Audi kauft."

Wehrlein zeigte, dass er Ecken und Kanten hat, wenn er nicht an der kurzen Leine gehalten wird. Der Schieb-ihn-raus-Skandal brachte der DTM auch deshalb Aufmerksamkeit. Wehrleins Kommentare führten trotzdem zu negativen Reaktionen der Medien.

Unglaubliche Konstanz führt zu Rekord

Auf der Strecke war an Wehrleins Leistungen zu diesem Zeitpunkt sowieso kein Zweifel mehr möglich. Trotz seiner Jugend legte er eine Konstanz an den Tag, die seine erfahreneren Kollegen neidisch machte. In 15 von 18 Rennen landete er in den Punkterängen, selbst Gary Paffett versuchte sich beim Setup etwas abzuschauen. Einen Tag vor seinem 21. Geburtstag löste Wehrlein schließlich Paul di Resta als jüngsten DTM-Champion aller Zeiten ab.

Bei Manor bekommt der Deutsche nun die Chance, fernab des Drucks der großen Teams sein Können für das Werksteam zu verfeinern. Ein Silberpfeil-Cockpit könnte dabei schneller herausspringen als aktuell vorstellbar.

Silberpfeil-Chance eindeutig vorhanden

"Wenn es schädlich für das Team werden sollte, würde das bedeuten, dass wir die langfristige Konstellation im Team mit den Fahrern nicht aufrechterhalten", hatte Wolff seine Stammfahrer Lewis Hamilton und Nico Rosberg schon im Dezember gewarnt: Die "schwierige Beziehung der Fahrer ist eine unserer Schwachstellen."

Mit Wehrlein, der seine DTM-Startnummer 94 auch in der Formel 1 behalten wird, steht Wolff bald ein Formel-1-erfahrenes Druckmittel zur Verfügung. Nicht umsonst bleibt der in Sigmaringen geborene Württemberger mit mauritischen Vorfahren Ersatzfahrer des Werksteams.

"Jetzt liegt es an mir, die Chance zu ergreifen und die Leistung auf der Strecke zu bringen", stellte Wehrlein bei seiner Manor-Präsentation fest. Mit Mercedes-Antrieb, Chassisteilen von Williams und dem entschlossen Personal rekurtierenden Manor-Team, das ab sofort Zugang zum Weltmeister-Windtunnel in Brixworth hat, scheinen schon in der Debüt-Saison Punkte möglich.

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