Das mysteriöse Gentlemen's Agreement

Von SPOX
Niki Lauda (l.) wurde in seiner Karriere dreimal Formel-1-Weltmeister
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1997: Schumachers finsterstes Kapitel

WM-Kampf: Jacques Villeneuve vs. Michael Schumacher

Weltmeister: Jacques Villeneuve (Williams-Renault)

"Wenn es eine Sache gäbe in meiner Formel-1-Zeit, die ich ungeschehen machen könnte, würde ich Jerez 1997 wählen", sagt Michael Schumacher heute über eines der kuriosesten Saisonfinals der Formel-1-Geschichte. Wiedervereint mit Technikchef Ross Brawn und Chefdesigner Rory Byrne wollte er die beiden WM-Erfolge mit Benetton wiederholen. Ergebnis: das dunkelste Kapitel seiner Karriere.

Mit einem Punkt Vorsprung auf den Kanadier Jacques Villeneuve reiste Schumacher damals zum letzten Grand Prix der Saison nach Jerez de la Frontera im spanischen Andalusien. Aber bereits im Qualifying nahm das Drama seinen Lauf. Villeneuve, Schumacher und Heinz-Harald Frentzen wurden auf die Tausendstelsekunde genau mit derselben Zeit gestoppt. Ein Novum in der Formel-1-Historie.

Über die Startaufstellung entschied die Reihenfolge, in der die drei Fahrer ihre Zeiten hingelegt hatten. Villeneuve ging von der Pole Position ins Rennen, Schumacher von Startplatz zwei, Frentzen von der Drei.

Im Rennen führte dann aber lange Schumacher, der nach seinem zweiten Tankstopp Reifenprobleme bekam. Villeneuve holte schnell auf und versuchte sich in Runde 48 an einem Ausbremsmanöver, bei dem die beiden kollidierten. Schumacher schied aus, Villeneuve konnte weiterfahren, wurde Dritter und sicherte sich so den einzigen WM-Titel seiner Karriere.

Doch für Schumacher kam es noch dicker: Die FIA beschuldigte ihn im Nachhinein, den Unfall absichtlich verursacht zu haben und strich ihn daraufhin komplett aus der WM-Wertung. "Ich habe zunächst wirklich gedacht, Jacques Villeneuve sei noch gar nicht vor mir gewesen, und es sei korrekt gewesen, sich zu wehren", nahm Schumacher dazu in seiner Biographie Stellung.

2003: Das Duell der Aufholjäger

WM-Kampf: Michael Schumacher vs. Kimi Räikkönen

Weltmeister: Michael Schumacher (Ferrari)

Die Formel-1-Saison 2003 wurde als spannendste seit langem bezeichnet. Erst im vorletzten Rennen der Saison in den USA schied Juan Pablo Montoya nach seinem sechsten Platz aus dem Titelrennen aus. Vor dem letzten Grand Prix in Japan hatte Michael Schumacher neun Punkte Vorsprung auf Kimi Räikkönen. Der Finne stand also unter Zugzwang, musste das Rennen gewinnen. Schumacher dagegen durfte keinen Punkt holen, da er zuvor mehr Rennsiege eingefahren hatte.

Das Qualifying lief für beide Piloten nicht besonders erfolgreich. Schumacher startete nur von Platz 14, Räikkönen ging immerhin von Rang acht ins Rennen. Schon in der sechsten Runde kollidierte Schumacher zudem mit Takuma Sato. Durch den Wechsel seines Frontspoilers in der Box fiel er auf den letzten Platz zurück.

Auch unter Mithilfe eines technischen Defekts bei Montoya kämpfte sich Räikkönen im Laufe des Rennens bis auf Platz zwei nach vorne, kam aber nicht an Barrichello vorbei. Schumacher brauchte den einen Punkt, um auf Nummer sicher zu gehen und schlängelte sich spektakulär durch das Feld auf den benötigten achten Rang.

Eine Schrecksunde dann auf der Zielschikane: Ausgerechnet Bruder Ralf fuhr ihm unverschuldet ins Heck. Schumi trug nur einen Bremsplatten davon, rettete den WM-Zähler ins Ziel und wurde zum sechsten Mal Weltmeister.

"Das war schon alles sehr nervenzerreißend. Selten war ich nach einem Rennen so aufgewühlt und durcheinander wie nach diesem", sagte Schumacher. "Wie schwer es auf einmal war, in die Punkteränge zu kommen..."

2008: Der 30-Sekunden-Weltmeister

WM-Kampf: Lewis Hamilton vs. Felipe Massa

Weltmeister: Lewis Hamilton (McLaren-Mercedes)

Ausgerechnet zwei Deutsche sollten im Titelkampf zwischen Lewis Hamilton und Felipe Massa eine entscheidende Rolle spielen. Vor dem letzten Rennen in seiner Heimat Brasilien hatte Masse sieben Punkte Rückstand auf Hamilton, der am Ende zum bis dahin jüngsten Formel-1-Weltmeister aller Zeiten wurde.

Für einen WM-Sieg musste Massa das Rennen gewinnen und Hamilton durfte nicht über den sechsten Platz hinauskommen. Tatsächlich sah es lange Zeit recht gut aus für den Brasilianer. Im Qualifying fuhr er ganz nach vorne, Hamilton wurde nur Vierter. Selbst im Rennen schien der Titel bis kurz vor Schluss möglich. Ein Regenschauer zwang fast alle Fahrer noch einmal zum Reifenwechsel in die Box.

Massa behauptete seine Spitzenposition und Hamilton ließ sich vom heraneilenden Vettel überholen. Der Brite fiel damit auf Platz sechs zurück. Bei dieser Konstellation wäre Massa punktgleich mit Hamilton Weltmeister geworden, da er einen Saisonsieg mehr für sich verbuchen konnte.

Doch in der letzten Runde stellte Timo Glock alles auf den Kopf: Als einer der wenigen Fahrer hatte sich der Deutsche gegen einen erneuten Reifenwechsel entschieden und versuchte, sein Auto auf Trockenreifen ins Ziel zu steuern. Doch auf der immer nasser werdenden Fahrbahn konnte er seinen Boliden kaum noch auf der Strecke halten. Vettel und Hamilton nutzten ihren Vorteil und überholten Glock in der letzten Kurve. Hamilton sicherte sich so den entscheidenden Zähler und wurde Weltmeister, während Massa aus allen Wolken fiel.

"Ich bin fertig mit den Nerven. Es war so verdammt eng", gab Hamilton noch auf seiner Ehrenrunde per Boxenfunk durch. "Ich bin um Jahre gealtert. Das kann man sich nicht vorstellen. Es ist das schwierigste Rennen, wenn man Fünfter werden muss."

2010: Das Boxenstopp-Verhängnis

WM-Kampf: Fernando Alonso vs. Mark Webber vs. Sebastian Vettel vs. Lewis Hamilton

Weltmeister: Sebastian Vettel (Red Bull Racing)

Schon die Ausgangslage beim Großen Preis von Abu Dhabi war einzigartig. Erstmals in der Geschichte der Formel 1 konnten mit Fernando Alonso, Mark Webber, Sebastian Vettel und Lewis Hamilton vor dem letzten Saisonrennen noch vier Fahrer Weltmeister werden.

Alonso reiste mit acht Punkten Vorsprung auf Webber und gar 15 auf Vettel in die Wüste. Hamilton wurden nur noch Außenseiterchancen eingeräumt. Im ersten Teil des Qualifyings fuhr Alonso sogar die schnellste Zeit. Die Pole Position sicherte sich letztlich aber Vettel vor Hamilton. Alonso wurde nur Dritter, Webber Fünfter.

Spätestens mit dem Rennstart nahm das Unheil für Alonso endgültig seinen Lauf. Vettel kam perfekt weg, führte das Rennen beinahe durchgehend an. Der Spanier selbst verlor Platz drei direkt an Jenson Button. Schon früh entschieden sich Webber und Alonso für Boxenstopps und fielen so im Feld deutlich zurück. Während des Rennens schafften es beide nicht mehr, sich weit genug nach vorne zu arbeiten. Besonders am auf der Geraden extrem schnellen Renault von Witali Petrow biss sich Alonso rundenlang die Zähne aus.

Vettel kam als Erster über die Ziellinie, Alonso wurde Siebter, Webber Achter. Der Heppenheimer wurde so mit vier Punkten Vorsprung zum jüngsten Formel-1-Weltmeister aller Zeiten. "Ich hatte mir das ganze Rennen über nicht sagen lassen, wie es aussieht - und als dann per Funk die Bestätigung kam, dass es gereicht hat, war das unglaublich", sagte Vettel damals auf der Pressekonferenz.

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