Crash-Kids, Skandal-Rennen und eine Zeitbombe

Von Fabian Swidrak
Sicherlich eines der Bilder des Jahres: Romain Grosjean sorgte beim Belgien-GP für einen Startcrash
© Getty
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Das Mercedes-Desaster

Im dritten Jahr nach der Rückkehr in die Formel 1 wollte das Mercedes-Werksteam endlich den Durchbruch schaffen. Die Pole-Position und der Rennsieg von Nico Rosberg im dritten Rennen in Shanghai nährten diese Hoffnungen zunächst weiter. Doch es folgte die Ernüchterung.

Der Mercedes F1 W03 blieb nicht nur bei der Performance weit hinter den Top-Teams zurück, sondern erwies sich zudem als äußerst anfällig. In fünf der ersten sieben Rennen schied Michael Schumacher wegen eines technischen Defekts vorzeitig aus. In der zweiten Saisonhälfte wurden die Ergebnisse nicht mehr besser. In den letzten fünf Rennen vor dem Saisonfinale in Interlagos holten Schumacher und Rosberg keinen einzigen WM-Punkt.

In der Konstrukteurswerteung reichte es letztlich nur zu einem enttäuschenden fünften Platz. Ende September gab Mercedes zudem bekannt, den auslaufenden Vertrag mit Schumacher nicht zu verlängern.

Für Rosberg aber alles kein Grund zur Sorge: "Es gibt Erklärungen für die Entwicklung unserer Saison. Erstens: Die vielen neuen Leute, die wir eingestellt haben, können ihr Potenzial erst in nächster Zeit richtig entfalten. Zweitens: Erst während dieser Saison haben wir unseren Windkanal modernisiert." Mit Lewis Hamilton im Cockpit und Niki Lauda als Aufsichtsratschef soll 2013 ohnehin alles besser werden.

Der Skandal-GP von Bahrain

Im Vorfeld des Rennens im April in Bahrain gab es nur ein Thema: Die Unruhen in dem Wüstenstaat, die sich gegen das Regime des sunnitischen Königs Hamad al-Khalifa richteten. Nach den ersten Todesfällen bei den wöchentlichen Demonstrationen wurde sogar über eine Absage des Grand Prix diskutiert. Für Bernie Ecclestone kam das allerdings nicht in Frage: "Wir haben damit nichts zu tun."

Während sich einige darüber freuten, dass aufgrund des Rennens endlich ausländische Journalisten nach Bahrain einreisen durften, nutzten die Streitkräfte der Regierung das sportliche Großereignis, um noch härter gegen die Demonstranten vorzugehen.

Das Formel-1-Gelände inmitten der Steinwüste entwickelte sich zur einer echten Festung. Direkt neben der Strecke wurden Menschen verhaftet und ohne Prozess inhaftiert. Einer der Demonstranten sagte: "Wenn der Wind stark genug weht, können meine Freunde in den Foltergefängnissen das Geheul der Formel-1-Wagen hören."

Und als wäre ein Rennen mit diesen Rahmenbedingungen nicht schon Imageschaden genug für die Formel 1, legte Chefpromoter Bernie Ecclestone höchstpersönlich noch einen oben drauf. Man solle sich nicht so anstellen, man fahre schließlich auch in China, wo ebenfalls Menschenrechte verletzt werden. Opfer eines Anschlags könne man außerdem überall werden.

Tatsächlich wurden einige Mechaniker des Force-India-Teams vor dem zweiten Training Zeugen eines Anschlags. Mit ihrem Van standen sie in einem Stau, nachdem eine Benzinbombe ein Loch in die Straße gerissen hatte.

Geschockt mussten sie mit ansehen, wie schwer verletzte Menschen aufgeschreckt umher liefen. Der indische Rennstall verzichtete danach auf die Teilnahme am zweiten Training und wurde während der dritten Einheit deshalb nicht im TV-Bild gezeigt. Das wohl dunkelste Kapitel dieser Formel-1-Saison.

Back in the USA

Mit dem Rennen auf dem Circuit of The Americas in Austin kehrte die USA erstmals nach 2007 wieder zurück in den Rennkalender der Formel 1. Mitten in die trostlose Prärie hatte der Aachener Architekt Hermann Tilke eine spektakuläre Berg- und Talbahn gebaut. 260.000 Zuschauer sorgten an den drei Renntagen für mächtig Stimmung. Und das, obwohl am gleichen Wochenende auch das Saisonfinale der in den USA beliebteren NASCAR-Rennserie stattfand.

Sogar Bernie Ecclestone fand das Ereignis "besser als erwartet". In Zukunft sollen bis zu vier US-Rennen im Rennkalender der Formel 1 auftauchen. "Amerika ist in etwa so groß wie Europa. Deshalb sollten wir dort auch genauso viele Rennen haben."

Spannung bis zur letzten Runde

Naja, zumindest fast. In den zwei letzten Rennrunden der Saison hat uns das Safety Car einen Strich durch die Rechnung gemacht. Nach dem Unfall von Di Resta gab es so keine Überholmanöver mehr und Sebastian Vettel war eigentlich schon zwei Runden vor Schluss Weltmeister.

Über eine langweilige Saison kann sich aber wahrlich keiner beschweren. Ganz im Gegenteil! Bevor sich der Zweikampf zwischen Fernando Alonso und Sebastian Vettel abzeichnete, war die WM offen, wie selten zuvor. Sieben verschiedene Sieger in den ersten sieben Rennen (neben Vettel und Alonso auch Button, Rosberg, Maldonado, Webber und Hamilton) hatte es zuvor in 63 Jahren Formel 1 noch nicht gegeben.

Auch wenn Alonso dem Heppenheimer danach bis zu 44 Punkte in der WM-Wertung enteilt war, gab Vettel nicht auf, legte eine zweite Saisonhälfte mit vier Siegen in Serie hin und machte den Titelkampf so noch einmal spannend bis zum letzten Rennen in Brasilien.

Mit 13 Punkten Vorsprung im Gepäck reiste Vettel nach Brasilien. Und auch nach dem Qualifying roch alles nach dem Vettel-Hattrick. Der Heppenheimer ging von Rang vier ins Rennen, Konkurrent Alonso nur von der Acht. Die Vorzeichen schienen also eindeutig. Aber nicht nur der Wettergott stand einem langweiligen Saisonfinale im Weg.

Gleich in der ersten Kurve drehte Williams-Pilot Bruno Senna Vettel um und beförderte ihn so ganz ans Ende des Feldes. Nach spektakulärer Aufholjagd reichte Vettel am Ende Platz sechs zum Weltmeistertitel, weil Alonso nur Zweiter wurde. "Ich sage nichts mehr. So ein Rennen habe ich noch nie erlebt, so etwas hat es noch nie gegeben", war sogar Niki Lauda platt.

Der Enstand in der Konstrukteurs- und Fahrerwertung

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