Ferrari fordert die Bullen heraus

Von Für SPOX in Jerez: Alexander Mey
Ferrari machte bei den Tests den stärksten Eindruck, McLaren hatte Probleme
© xpb

Zwei von vier Testsessions vor dem Start der Formel-1-Saison sind vorbei. Zeit für ein Zwischenfazit. Wer macht den besten Eindruck? Wer hat Probleme? Ein Überblick.

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Drei Tage in Valencia, vier Tage in Jerez. Damit liegen sieben von 15 erlaubten Testtagen vor der Formel-1-Saison hinter den Teams. In den kommenden Wochen geht es noch nach Barcelona und Bahrain.

Zeit für einen ersten vorsichtigen Blick auf das Kräfteverhältnis. Vorsichtig deshalb, weil aufgrund unterschiedlicher Testprogramme, Reifenmischungen und Benzinmengen ein direkter Vergleich der Zeiten unmöglich ist.

Aber es gibt dennoch Indizien, die zeigen, ob ein Team auf einem guten Weg ist oder noch eine Menge Arbeit vor sich hat. SPOX hat die Autos in Jerez vor Ort beobachtet und stellt ein erstes Ranking des Kräfteverhältnisses auf. Nicht dabei ist HRT, da das neue Auto erst in Barcelona zum ersten Mal auf die Strecke gehen wird.

Ranking nach den Tests in Valencia und Jerez

Platz 1, Ferrari (2 Bestzeiten, 748 Runden):

Die Roten mögen ja in den Augen einiger Experten ein vergleichsweise konservatives Auto gebaut haben, aber dafür läuft der F150th Italia wie ein Uhrwerk. Ferrari hat deutlich die meisten Kilometer auf dem Buckel.

Und der Ferrari ist schnell. Sowohl auf eine Runde, was die Plätze eins, zwei, zwei und drei in Jerez untermauert haben, als auch auf den Long-Runs. Die Zeiten bleiben relativ lange konstant, vor allem angesichts der tückischen und schnell abbauenden Pirelli-Reifen ein gutes Zeichen fürs Rennen. Auch die Straßenlage des roten Renners ist sehr gut, die Aerodynamik bietet also viel Grip.

Fragezeichen ist das Potenzial des Ferrari. Die Konkurrenz ist bei der Entwicklung größere Risiken eingegangen und kämpft folgerichtig erst einmal damit, die neuen Ideen ans Laufen zu bringen. Aber wenn das erst einmal gelungen ist, könnte Ferrari rechts und links überholt werden.

Platz 2, Red Bull (1 Bestzeit, 636 Runden):

Laut Nico Hülkenberg, der für das Fachmagazin "auto, motor und sport" die Straßenlage der neuen Autos analysiert hat, auf einem Niveau mit Ferrari. Nach den ersten Tests in Valencia war Red Bull noch die Nummer eins, weil neben der unglaublichen Zuverlässigkeit und den konstanten Rundenzeiten auch der Speed stimmte. Vettel war einmal Erster und einmal Zweiter. Die schnellen Zeiten hat Red Bull in Jerez nicht hingelegt. Webber und Vettel landeten immer im Mittelfeld. Aber weiterhin auffällig: Der in der Vergangenheit immer so fragile Red Bull hat die wenigsten technischen Defekte. Der Rückstand an absolvierten Runden gegenüber Ferrari kann daher rühren, dass Red Bull in Jerez mit verschiedenen Auspuff-Varianten experimentiert hat. Das kostet Zeit für den Umbau.

Fragezeichen bei Red Bull ist KERS. Das Team hat als einziges der großen Rennställe mit dem Hybridsystem noch keine Erfahrung.

Platz 3, Lotus-Renault (2 Bestzeiten, 503 Runden):

Überraschung auf Rang drei. In den ersten beiden Testwochen deutete sich an, dass sich das Risiko, das Renault bei der Konstruktion des Auspuffs, der nach vorne aus dem Seitenkasten austritt, eingegangen ist, auszahlen könnte. Wann immer ein Spitzenfahrer am Steuer sitzt, ist der Renault ganz vorne dabei. Das war sowohl bei Robert Kubica und Valencia als auch bei Nick Heidfeld in Jerez der Fall. Leider macht Witali Petrow zu viele Fehler. Seine Ausrutscher ins Kiesbett haben das Team viel Zeit gekostet. Und die Rundenzeiten waren auch nicht toll.

Fragezeichen bei Renault ist zudem die Zuverlässigkeit. In Jerez verbrachte das Auto wegen Hydraulikproblemen, Öl- und Wasserlecks mehr Zeit an der Box, als gesund sein kann.

Platz 4, Mercedes (1 Bestzeit, 532 Runden):

Die silberne Wundertüte. Mal geht gar nichts, mal läuft alles wie geschmiert. Und es ist ausgerechnet so, dass immer Michael Schumacher die guten und Nico Rosberg die schlechten Tage erwischt. Während Schumacher hunderte von Runden problemlos abspulen und dabei auch noch Top-Zeiten fahren kann, steht Rosberg mehr mit technischen Problemen an der Box, als auf der Strecke unterwegs zu sein.

Eine grundsätzliche Prognose ist für Mercedes noch unmöglich zu treffen, da für die letzten Tests noch erhebliche Neuerungen wie zum Beispiel ein anderes Auspuffsystem geplant sind. Alle Teammitglieder reden bei der aktuellen Version nur von einem Interims-Auto. Und Schumacher sagt: "Zu sehen, dass damit schon so gute Zeiten möglich sind, beruhigt."

Platz 5, McLaren (279 Runden im alten, 233 im neuen Auto):

Der neue McLaren hat ein revolutionäres Design, sein Auspuffsystem und seine Seitenkästen sind anders als alles, was die Konkurrenz bieten kann. Das Auto scheint riesiges Potenzial zu haben, aber zumindest in Jerez konnten die Fahrer das noch nicht zeigen. Der Grund: Das Auto steht wegen unzähliger und unglaublich aufwändiger Umbaumaßnahmen viel zu lange in der Garage. Da das Team zwischen zwei völlig unterschiedlichen Auspuff-Varianten mit zwei völlig unterschiedlichen Diffusoren ständig hin- und herwechselt, vergehen von einer Ausfahrt zur nächsten gerne mal zwei Stunden. So passiert es dann, dass ein Lewis Hamilton in acht Stunden nur auf 36 Runden kommt. Wenn der McLaren fährt, ist er schnell, aber er fährt nicht oft genug, um mögliche Kinderkrankheiten bis zum Saisonstart auszumerzen. Das muss sich in der zweiten Testhälfte dringend ändern.

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