"Wir fordern die Brawn heraus"

Von Alexander Mey
Sebastian Vettel steht zum zweiten Mal in seiner Karriere auf dem ersten Startplatz
© Getty

Wenn der China-GP am Sonntag (8.45 Uhr im LIVE-TICKER) startet, wird zum ersten Mal in dieser Saison ein deutscher Fahrer auf der Pole-Position stehen. Sebastian Vettel beeindruckte durch seine Leistung im Qualifying sogar die bisher übermächtig erscheinende Konkurrenz von Brawn GP. Ein Blick auf die Benzinmengen am Start verrät: Das Rennen in Shanghai wird ein Strategie- und Reifenpoker.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

39 Kilogramm. Nein, Sebastian Vettel hat keine Abmagerungskur hinter sich, die ihn auf dieses Gewicht hätte zusammenschrumpfen lassen. 39 Kilogramm ist die Menge an Benzin, die er am Start im Tank seines Red Bull hat. Nicht gerade viel, aber trotzdem genug, um realistische Siegchancen zu haben.

Die Benzinmengen im Überblick: Frühe Stopps für Spitzentrio

"Das war eine brillante Leistung, mein Puls war hoch. Wir haben einen grandiosen Fahrer, ein grandioses Team und ein grandioses Auto", freute sich Red-Bull-Teamchef Christian Horner und schickte eine Kampfansage in Richtung Konkurrenz: "Wir fordern die Brawn heraus und wollen siegen."

Barrichello: "Das war schon ein Schock"

Kampfansage angekommen. "Es wird schwer, Sebastian Vettel zu schlagen. Die Red Bull waren verdammt schnell", sagte WM-Spitzenreiter Jenson Button nach einer für ihn enttäuschenden Qualifikation. Nur Startplatz fünf, langsamer als Teamkollege Rubens Barrichello, obwohl der Brasilianer mit 56 Kilogramm etwas mehr Sprit an Bord hat als der Brite.

"Als man mir per Funk sagte, dass ich vor Jenson stehe, dachte ich, ich hätte die Pole-Position. Dann knackte es im Funk und ich fragte, ob ich doch nur Zweiter sei. Nein, hieß es dann, ich sei Vierter", sagte Barrichello. "Das war schon ein kleiner Schock. Wir haben aber dennoch eine Chance, das Rennen zu gewinnen."

Große Angst vor einem Ausfall

Mit Vettel hat es also zum ersten Mal in dieser Saison jemand geschafft, das Team zu schocken, das seinerseits bislang alle geschockt hat. Das alleine ist schon ein kleiner Triumph. Wäre da bei Red Bull nicht die große Angst vor einem Ausfall im Rennen.

Das Sorgenkind ist die Hinterradaufhängung, wegen der Vettel am Freitag und am Samstag bei den Trainings viel Zeit in der Garage verbringen musste. Im Qualifying zwang ihn die Angst vor einem Defekt, pro Session nur einen Versuch zu fahren. Auch Webber hatte das Problem, ihn traf es aber nur am Samstagmorgen.

"Das wird ein langes Rennen. Es ist eine schwierige Situation, wenn man im Auto sitzt und nicht weiß, ob es hält. Ich hoffe, dass unsere Jungs es reparieren können", sagte Vettel. Dazu müssen aber die Stewards ihren Segen geben, denn eigentlich dürfen die Teams die Autos bis zum Rennen nicht mehr anrühren. "Ich wäre überrascht, wenn sie es nicht erlauben", zeigte sich Horner optimistisch.

Die Qualifying-Duelle: Nur noch drei Fahrer ungeschlagen

Weiche Reifen entscheiden das Rennen

Vorausgesetzt, die Autos halten, dann werden die Reifen das Rennen entscheiden. Besonders die weichen Reifen, die zwar auf eine oder zwei Runden deutlich schneller sind als die harten, die aber nach rund zehn Runden ramponiert sein werden.

Aus diesem Grund muss es nicht unbedingt ein großer Nachteil sein, dass die ersten Drei in der Startaufstellung sehr wenig Benzin an Bord haben. Wahrscheinlich werden Vettel, Alonso und Webber mit den weichen Reifen starten, um dann nach 10 bis 14 Runden für die längeren Stints auf die harten Pneus zu wechseln. Oder sie fahren eine Dreistopp-Strategie und nutzen die weichen Reifen häufiger.

Alonso mit wenig Benzin und neuem Diffusor

Heißeste Kandidaten dafür sind Vettel, weil er im Qualifying weiche Reifensätze gespart hat, und Alonso, weil er mit 32 Kilogramm Benzin das deutlich leichteste Auto hat.

Das relativiert seinen sensationellen zweiten Platz etwas. Dennoch steht fest, dass sich ein technisches Experiment von Renault ausgezahlt hat. Die Mechaniker opferten das komplette dritte Training, um einen Doppel-Diffusor zu installieren.

Ein Schachzug, mit dem Alonso sehr glücklich war. "Es ist eine große Überraschung, dass ich in der ersten Startreihe stehe", sagte der Spanier. Allerdings muss Alonso am Sonntag auf KERS verzichten, dessen Extra-PS ihn noch in Malaysia weit nach vorne katapultiert hatten. Eine Tatsache, über die sich vor allem Vettel unverhohlen freute.

Ferrari, McLaren und BMW unter ferner liefen

Ganz und gar nicht freuen konnte sich Timo Glock. Erst ein Getriebewechsel an seinem Toyota, dann noch ein schlechtes Qualifying. Ergebnis: Startplatz 19. Das ist umso bitterer, weil Teamkollege Jarno Trulli eindrucksvoll gezeigt hat, was möglich gewesen wäre.

Der Italiener war mit deutlich mehr Benzin an Bord schneller als Nico Rosberg und kann im Rennen sogar Druck auf das Brawn-GP-Duo machen.

Vom ganz großen Druck in Richtung Podium können die drei Großen Ferrari, McLaren-Mercedes und BMW-Sauber nur träumen. Die besten Aussichten haben noch Kimi Räikkönen und Lewis Hamilton. Beide sind mit sehr viel Benzin an Bord auf jeden Fall auf Punktekurs.

Mit Punkten liebäugeln darf auch noch Nick Heidfeld. Für Teamkollege Robert Kubica ist nach dem schlechtesten Qualifying seiner Karriere jedoch jeder Zug nach vorne abgefahren.

Grand-Prix-Rechner: Bestimme selbst, wer 2009 Weltmeister wird!