Aus Räikkönen wird Barrichello

Von Alexander Mey
Formel 1, Kimi Räikkönen, Karriereende
© Getty

Felipe Massa hat nicht nur den Europa-GP in Valencia gewonnen, er hat auch im WM-Kampf einen großen Schritt nach vorne gemacht. Droht sein Teamkollege Kimi Räikkönen nun bei Ferrari vom Champion zum Wasserträger abzusteigen? Die Konkurrenz von McLaren-Mercedes sieht das nicht so.

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Michael Schumacher hatte einmal einen Teamkollegen. Der war zwar schnell, aber nie schnell genug, um der Nummer eins im Team den Status streitig machen zu können.

Folglich blieb diesem Teamkollegen nur eins übrig: Sich in sein Schicksal zu fügen und den Chef im Kampf um den WM-Titel nach besten Kräften zu unterstützen.

Dieser Teamkollege war Rubens Barrichello, und der ist nach dem Europa-GP in Valencia plötzlich wieder ein Thema im Titelkampf.

Rosberg schreibt Räikkönen fast ab

Nicht weil seinem lahmen Honda plötzlich Flügel gewachsen wären. Nein, weil Ex-Weltmeister und Premiere-Experte Keke Rosberg seinen Namen im Zusammenhang mit einem provokanten Vergleich genannt hat.

"Bei Ferrari liegt der Verdacht nahe, dass sie sich für eine Nummer eins entscheiden. Und dann wird aus einem Räikkönen ein Barrichello", sagte Rosberg im Premiere-Gespräch.

Das heißt im Klartext: Für Rosberg steht Kimi Räikkönen kurz davor, in der roten Hierarchie vom amtierenden Weltmeister zum Wasserträger von Felipe Massa abzusteigen.

Tendenz spricht gegen den Champion

Auf der einen Seite nachvollziehbar, schließlich hat Räikkönen nach seinem Ausfall in Valencia in der Fahrer-WM sieben Punkte Rückstand auf Massa und sogar 13 auf Spitzenreiter Lewis Hamilton.

Außerdem hat der Iceman seit acht Rennen nicht mehr gewonnen. Er sammelte seit dem letzen Erfolg in Barcelona 28 Punkte, Massa kam im gleichen Zeitraum auf 46 Punkte, Hamilton sogar auf 50.

Vergangene Saison macht Mut

Auf der anderen Seite hat Räikkönen aus dem vergangenen Jahr jede Menge Erfahrung mit Aufholjagden. Damals lag er sechs Rennen vor Saisonende 20 Punkte hinter Hamilton und 13 hinter Fernando Alonso - und trotzdem durfte er am Ende jubeln.

Ist so etwas wiederholbar? Kann es für Räikkönen in den letzten Rennen noch einmal so perfekt laufen wie 2007, als er selbst in Topform war und die Silberpfeil-Piloten durch eigene Fehler den Titel wegwarfen?

Räikkönen zum Siegen verdammt

Er selbst gibt jedenfalls noch nicht auf. "Klar ist die Situation in der Meisterschaft etwas schwieriger geworden, aber wenn wir unsere Probleme lösen können, haben wir eine Chance zurückzukommen", sagte Räikkönen.

Er machte aber auch klar: "Das wird ohne Zweifel nicht leicht. Wir müssen auf jeden Fall schleunigst wieder anfangen, Rennen zu gewinnen. Sonst haben wir keine Chance."

McLaren schreibt Iceman nicht ab

Die Konkurrenz hat Räikkönen jedenfalls noch auf der Rechnung. "Kimi ist noch mittendrin", sagte Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug.

Offenbar hält er vom Iceman nach wie vor mehr als von dem ersten Hamilton-Verfolger Massa. "Massa war gut, aber sicher nicht unschlagbar", sagte Haug im Hinblick auf den Europa-GP. Seine These: Hätte Hamilton den Start gewonnen, wäre das Rennen ganz anders verlaufen.

Hamilton stand kurz vor der Absage

Hat er aber nicht. Er lag in der ersten Kurve hinter Massa und er lag auch im Ziel noch deutlich hinter Massa.

Hamilton selbst war's aber egal, denn er hatte ganz andere Probleme. "Das war ein ziemlich miserables Wochenende. Als ich hier ankam, hatte ich die Grippe und hohes Fieber. Dann kam noch ein steifer Nacken dazu, der mich sogar fast dazu gezwungen hätte, auf einen Start zu verzichten", offenbarte Hamilton.

Voraussetzungen, unter denen ein zweiter Platz mehr als respektabel ist. "Ich kann mich darüber nicht beklagen", sagte Hamilton.

Haug stichelt gegen Ferrari

Das Wochenende ist für McLaren-Mercedes gut gelaufen. Grund genug, schon einmal ein bisschen in Richtung Ferrari zu sticheln.

"Ferrari steht sicher unter Druck. Ihnen ist zweimal hintereinander im zweiten Rennen der Motor kaputt gegangen", sagte Haug. "Für Massa wird das zweite Rennen mit dem gleichen Motor Spa sein. Ich will nicht unken, aber Spa ist die Motorenstrecke schlechthin - und wir bekommen dort neue Motoren."

Motor-Nachteil für Massa

Wenigstens in dem Punkt darf sich also Kimi Räikkönen über einen Vorteil gegenüber seinem Teamkollegen Massa freuen. Er wird nach dem Ausfall von Valencia ein neues Aggregat haben.

Eine gute Chance, um gegen Massa in der Ferrari-Hierarchie wieder aufzusteigen. Schließlich wäre es doch gelacht, wenn ein Champion kampflos die Segel streichen würde.

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